MAN-Belegschaft in Steyr am Wort: Es geht um bis zu 8400 Jobs
Im MAN-Werk in Steyr fällt heute eine wichtige Entscheidung für die Zukunft: Die Belegschaft stimmt ab, ob sie für oder gegen einen Verkauf an den früheren Magna-Chef Siegfried Wolf ist. Die Konzernmutter in München hat bereits klargestellt, dass für sie die einzige Alternative eine Schließung des Standorts ist, wo derzeit rund 2.300 Leute Arbeit haben. Wolf peilt mindestens eine Zwei-Drittel-Mehrheit an. Was geschieht, wenn diese nicht zustande kommt, ist unklar.
Das Ergebnis der Abstimmung durch die Belegschaft wird im Laufe des Donnerstags erwartet. An der Abstimmung hängt die Zukunft des Werkes, aber indirekt geht es auch um Tausende Jobs bei den diversen Zulieferfirmen.
Eine Schließung des MAN-Werkes in Steyr hätte für die gesamtösterreichische Wirtschaftsleistung und die Region heftige negative Folgen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Leiters der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ, Friedrich Schneider. Es drohe ein BIP-Rückgang von 957 Mio. Euro und der Verlust von 8.400 Arbeitsplätzen - inklusive der Jobs im MAN-Werk.
Im Vorjahr war bekanntgeworden, dass MAN im Zuge eines riesigen Spar- und Umstrukturierungsprogramms Tausende Stellen einsparen will. Anfangs war von bis zu 9.500 der weltweit 36.000 Arbeitsplätze die Rede, mittlerweile sollen nur mehr 3.500 in Deutschland gestrichen werden. Das Werk in Steyr stand allerdings recht bald "zur Disposition". Hektische Verhandlungen der Belegschaftsvertretung folgten, allerdings ohne Erfolg. Die Konzernmutter beharrte weiter auf der Schließung bis 2023 oder einem Verkauf. Ende September kündigte MAN die bestehende Standortgarantie, die den Bestand des Unternehmens in Steyr bis zumindest 2030 sichern hätte sollen.
Schließlich trat Ex-Magna-Chef Siegfried Wolf mit seiner WSA Beteiligungs GmbH als Interessent auf den Plan. Er will von der aktuell knapp 1.900 Personen zählenden Stammbelegschaft rund 1.250 Leute übernehmen, denen allerdings eine bis zu 15-prozentige Kürzung des Nettoeinkommens droht. Im Gegenzug sollen sie eine Bleibeprämie von 10.000 Euro erhalten, wer den Sozialplan wählt, weitere 1.500 Euro und Abfertigungen. Außerdem hat Wolf eine Gewinnausschüttung für die Belegschaft in Aussicht gestellt.
Wenn es gut läuft und das Werk Personal braucht, stellt Wolf zudem in Aussicht, Leute aus dem Sozialplan zurückzuholen. Spätestens bis zum Closing - bis Juni will Wolf Alleineigentümer sein - soll jeder Mitarbeiter Gewissheit haben.
Der Ex-Magna-Chef plant die Marke Steyr wiederzubeleben. Produziert werden sollen u.a. leichte Kastenwagen mit Dieselmotoren und Elektroantrieb sowie Pritschenwagen, Kastenwagen und mittlere Lkw zwischen sechs und zwölf Tonnen, von denen 10.000 Fahrerkabinen pro Jahr für das Automotive-Unternehmen GAZ nach Russland gehen. Weiters sollen noch ein City-Bus mit Elektro-Antrieb und ein Bus für den Regionalverkehr gebaut werden. Potenzial sieht er auch in der Aluminium-Fertigung: Gesamtfelgen aus Steyr könnten in den süddeutschen Raum gehen, so sein Szenario. Was die Lackiererei angehe, seien Steyr auch MAN-Lieferungen über 2023 hinaus zugesichert worden, auch wenn man wohl Preisabschläge machen müssen.
Die Belegschaftsvertretung steht Wolfs Plänen abwartend bis skeptisch gegenüber. Unter Anderem argumentiert man mit der Angst vor Sanktionen angesichts Wolfs Russland-Verbindungen. Man behält sich auch eine Klage wegen der gekündigten Standortsicherung vor. Zudem liebäugelt der Betriebsrat offenbar mit einem alternativen Konzept, dem "Green Mobility Center" eines Konsortiums um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit). Diese hat die MAN-Zentrale allerdings als zu wenig konkret erachtet und deshalb nicht ins Auge gefasst. Nichts Greifbares gab es zu einem Österreich-Konsortium, das Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kurz nach Bekanntwerden der Schließungspläne angekündigt hatte.
Die Mutter in München hat jedenfalls die Rute ins Fenster gestellt: Wolf oder Schließung. Nun ist die Belegschaft am Wort.
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