Gehaltsstriptease: Bis Mitte 2026 sollen Einkommen offen gelegt werden
Die "Allianz für Lohntransparenz Neu" fordert die möglichst faire und effektive Umsetzung der neuen EU-Lohntransparenzrichtlinie. Die Teilnehmer - u.a. Arbeiterkammer (AK), Städtebund, Gewerkschaftsbund (ÖGB) und das Netzwerk Frauen- und Mädchenberatungsstellen - wollen das Thema Gehalt aus der "Tabuzone" holen. Aktuell würden 59 Prozent in ihrem Betrieb nicht darüber sprechen, so das Ergebnis einer von der Allianz in Auftrag gegebenen Studie.
In der repräsentativen Umfrage von L&R Sozialforschung mit 2.514 Befragten in Österreich gab ein Drittel außerdem an, nicht zu wissen, was Kolleginnen und Kollegen verdienen. Wird über das Einkommen gesprochen, so zu rund 81 Prozent mit Kolleginnen und Kollegen, 34 Prozent sprechen darüber auch mit Vorgesetzten. Viele könnten nur vermuten, ob sie von Lohndiskriminierung betroffen sind, sagte die Leiterin der Abteilung Frauen- und Gleichstellungspolitik in der AK, Eva-Maria Burger. Nur wenn Ungleichheiten aufgedeckt werden, könnten sie auch angesprochen und bekämpft werden, betonte ÖGB-Vizepräsidentin Christa Hörmann.
Richtlinie muss 2026 umgesetzt werden
Die EU-Lohntransparenzrichtlinie muss bis Juni 2026 umgesetzt werden. Die Allianz will Politik und Wirtschaft als Ansprechpartnerin dafür zur Verfügung stehen, erklärte Burger. Präsentiert wurde die Allianz im Vorfeld des Equal Pay Days am 2. November, der auf die geschlechterspezifische Lohnlücke aufmerksam macht.
Bei ganzjährig Vollzeitbeschäftigten liegt sie bei 16,3 Prozent; zieht man hingegen die Bruttostunde und damit auch Teilzeitbeschäftigung heran, liegt sie bei 18,3 Prozent. Nur ein Drittel davon sei statistisch erklärbar, so Burger - etwa dadurch, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Branchen und seltener in Führungspositionen arbeiten. Durch die Lohntransparenz erwartet sie sich neue Daten zum nicht erklärbaren Teil.
Die Lohntransparenzrichtlinie soll in Betrieben eine offene Gesprächskultur über Geld, die volle Transparenz über alle Entgeltbestandteile - auch Überzahlungen - und leicht zugängliche Informationen zu Einkommen schaffen, fordert die Allianz. Zudem brauche es bereits im Bewerbungsprozess Transparenz über Gehälter.
Es gibt zwei Kritikpunkte
Knackpunkt Nr. 1 ist die Schwelle von 100 Mitarbeitenden, die die EU-Richtlinie vorsieht. Darunter gibt es keine Pflicht für Einkommensberichte. Dadurch werden aber mehr als die Hälfte der in Österreich Beschäftigten nicht erfasst.
Knackpunkt Nr. 2 ist, dass keine einzelnen Löhne und Gehälter offengelegt werden, sondern nur für Vergleichsgruppen - z.B. je nach gleicher Tätigkeit im Betrieb. Dadurch gibt für einzelne Betroffenauch aber auch kein individuelles Auskunftsrecht.
91 Prozent wollen Infos zu Überzahlungen
Diese Veränderungen würden sich auch die Beschäftigten wünschen, ist Burger überzeugt. 91 Prozent gaben in der Umfrage beispielsweise an, sich Informationen darüber zu wünschen, welche Überzahlungen es im Unternehmen gibt. 90 Prozent wollen, dass sich Führung und Management für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen einsetzen, 79 Prozent ein Recht auf Informationen über das durchschnittliche Einkommen von Kolleginnen und Kollegen mit vergleichbarer Arbeit.
Lohntransparenz könne auch zur Gewaltprävention beitragen, sagte die Geschäftsführerin der Frauen- und Mädchenberatungsstellen, Sophie Hansal. Schließlich mache finanzielle Abhängigkeit Frauen verwundbar. Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger pochte auf weitere Maßnahmen wie eine gerechte Lohnentwicklung und beklagte die niedrigere Entlohnung in Gesundheit und Pflege, wo vor allem Frauen beschäftigt sind.
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