Lkw-Maut: Showdown auf der Straße

Das Geld liegt auf der Straße. Oder eben auch nicht: Für die Sanierung der Landes- und Gemeindestraßen fehlen in Österreich Jahr für Jahr Hunderte Millionen Euro, klagen Länder und Kommunen. Für die Landesstraßen werden jährlich 277 Millionen ausgegeben. Damit sich der Straßenzustand nicht noch weiter verschlechtert, wären aber – errechnete das Beratungsunternehmen PMS im Auftrag der Arbeiterkammer – zusätzliche 218 Millionen, also fast doppelt so viel, nötig. Denn laut Schätzung der Studienautoren ist jeder dritte der 34.100 Landesstraßen-Kilometer in einem "schlechten bis sehr schlechten Zustand". Wenn sich an der Finanzierung der Sanierung nichts ändert, dürften bis 2020 weitere 2350 Kilometer in diese Kategorie abrutschen.

In noch schlechterem Zustand sind viele der 98.000 Kilometer Gemeindestraßen, genaue Daten dazu gibt es frühestens 2019, wenn die Gemeinden ihre Infrastruktur einheitlich bewerten müssen. Die PMS-Experten schätzen den zusätzliche Sanierungsbedarf auf mindestens 300 Millionen Euro.
Und die Zeit drängt, denn in der Straßenerhaltung ist Zeit tatsächlich Geld: Je länger die Sanierung aufgeschoben wird, desto teurer kommt sie. Wird die Reparatur um fünf Jahre verschoben, kostet sie bereits gut ein Viertel mehr. Nach zehn Jahren "Nichtstun" explodieren die Kosten bereits auf das Zweieinhalbfache (siehe Grafik).
Streit um Geld: Länder gegen Länder
Wer das zusätzliche Geld aufbringen soll, ist heftig umstritten. Einige Bundesländer – allen voran Kärnten und Steiermark – sehen wie die Grünen, die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften das Heil in einer flächendeckenden Lkw-Maut. Die Ausweitung der Maut würde rund 570 Millionen Euro jährlich bringen, die Finanzierung der Sanierungskosten wären damit gesichert. Vier Bundesländer – Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich – sind gegen die Ausweitung der Maut, Niederösterreich ist eher dagegen. Entscheiden wollen die Verkehrsreferenten am 29. April.
Wie das Tauziehen ausgehen könnte, will der steirische Verkehrslandesrat Jörg Leichtfried (SPÖ), der sich für eine Ausweitung ausspricht, nicht prophezeien: "Für mich reduziert sich die Diskussion derzeit zu sehr auf den Budgeteffekt, das Thema hat ja auch eine lenkungs- und umweltpolitische Dimension." Etwa die Verhinderung der Umfahrung mautpflichtiger Strecken auf "Gratisstraßen" oder die Unterstützung einer Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene.
Im Vorfeld der Maut-Entscheidung munitionieren Gegner und Befürworter eifrig auf. Die Gewerkschaft führt Arbeitsplätze ins Treffen, die die Sanierung des Straßennetzes schaffen würden. Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau Holz: "Damit könnten 10.700 Arbeitsplätze geschaffen werden." Roman Hebenstreit, in der Verkehrsgewerkschaft vida für die Bahn zuständig, fordert "Waffengleichheit" zwischen Schiene und Straße: "Auf der Schiene gibt es die flächendeckende Maut schon längst, die Bahn zahlt für jeden Kilometer Benützungsgebühr."
Die Wirtschaftskammer und die Frächter fühlen sich genug geschröpft. Denn die Länder hätten – kritisiert der Obmann der Bundessektion Transport, Alexander Klacska – 2014 über den Finanzausgleich um 131 Prozent mehr Geld aus den Verkehrsabgaben erhalten als 2003. Die Ausgaben für die Straßenerhaltung seien im selben Zeitraum aber, weil die Einnahmen nicht zweckgebunden für den Straßenbau sind, um sechs Prozent gesunken. Klacksa: "Die Gelder sind also nicht in den Löchern der Straße, sondern in anderen Budgetlöchern versickert."
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