Zinssenkungen im Euroraum nähern sich ihrem Ende

EZB
Die EZB hat zum achten Mal in Folge die Leitzinsen reduziert. Beobachter erwarten nun eine Pause vor einem finalen Schritt nach unten.

Die Konjunktur stottert, während die Inflation sich spürbar einbremst. Damit sind für die Europäische Zentralbank (EZB) die Voraussetzungen gegeben, erneut an den Leitzinssätzen zu schrauben. Spielraum nach unten gibt es noch ausreichend. Daher war die am gestrigen Donnerstag beschlossene Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte – die mittlerweile achte in Folge – eigentlich bereits im Vorfeld der Sitzung des EZB-Rats so gut wie ausgemacht.

Die Zentralbank hat damit seit Juni vergangenen Jahres die Leitzinsen um insgesamt zwei Prozentpunkte reduziert (siehe Grafik). Dabei handelt es sich um den stärksten Lockerungszyklus seit der Finanzkrise 2008/2009. Dies geschieht, um die Wirtschaft im Euroraum mit billigerem Geld zu stützen, die nun bereits im dritten Jahr in Folge in den Seilen hängt.

EZB-Chefin Christine Lagarde berichtete im Anschluss an die Sitzung, die Entscheidung zur Senkung sei „nahezu einstimmig“ gefallen. „Auf dem aktuellen Niveau glauben wir, dass wir gut aufgestellt sind, um die bevorstehenden unsicheren Umstände zu bewältigen. Die EZB kommt beim Zinssenkungszyklus zum Ende.“ Sie wiederholte jedoch, dass man sich nicht im Voraus auf einen Zinspfad festlegen werde.

Dennoch geht die Mehrzahl der Beobachter davon aus, dass die EZB nun über den Sommer eine Pause bei der Lockerung der Geldpolitik machen und es danach nur noch eine letzte Senkung geben werde. Für Felix Feather, Ökonom bei Aberdeen Investments, ist „aus heutiger Sicht das wahrscheinlichste Szenario ein weiterer Zinsschritt im September um 0,25 Prozentpunkte“.

Noch zwei Schritte - oder gar keiner mehr?

Es gibt aber auch abweichende Meinungen. „Wir sind langsam am Ende der Zinstreppe nach unten angekommen“, sagt Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. „Ein oder maximal zwei Schritte könnten noch folgen.“

Der Direktor des Frankfurter Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, Florian Heider, hält einen weiteren Schritt hingegen nicht für notwendig: „Eine weitere Stimulation der Wirtschaft ist im Moment nicht angebracht. Viele wirtschaftliche Probleme sind struktureller Natur.“

Auch Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz, hält den Zinssenkungszyklus bereits für beendet. Weitere Senkungen seien nur dann wahrscheinlich, wenn sich über längere Zeit keine Einigung im Handelsstreit abzeichne und das Wachstum belastet werde. Dieses soll laut jüngster EZB-Prognose heuer im Euroraum bei schwachen 0,9 Prozent und nächstes Jahr bei 1,1 Prozent liegen. „Höhere Zölle und ein stärkerer Euro dürften es Unternehmen erschweren, zu exportieren“, sagte Lagarde. Hohe Unsicherheit laste überdies auf den Investitionen. 

Inflation

Zinssenkungen führen zu einer steigenden Inflation. Die EZB strebt mittelfristig eine Rate von 2,0 Prozent an. Im Mai lag die Teuerungsrate nach einer ersten Schätzung mit 1,9 Prozent sogar darunter. Im Gesamtjahr 2025 erwartet die Notenbank nun mit 2,0 Prozent eine Punktlandung. Nächstes Jahr dürfte die Inflation nach der jüngsten EZB-Prognose bei 1,6 Prozent liegen. Damit hätte die EZB noch Luft für Zinssenkungen.

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