Gute Stimmung bei Bösendorfer: Die Wiener Klaviermanufaktur hat ihren Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 mit 12,7 Millionen Euro leicht gesteigert, der Gewinn blieb mit rund 500.000 Euro im Wesentlichen stabil. Damit kommt Geschäftsführerin Sabine Grubmüller, seit 2015 alleine für die Geschäftsgebarung des Unternehmens verantwortlich, ihrem Ziel Schritt für Schritt näher: „Wir peilen die 13-Millionen-Marke an.“
Zum fünften Mal in Folge schrieb das Unternehmen nach vielen verlustreichen Jahren und verschiedenen Eigentümern schwarze Zahlen. Ein Umstand, auf den Grubmüller, die das Unternehmen nach der Übernahme durch den derzeitigen Eigentümer Yamaha auf neue Beine gestellt hat, stolz sein kann. Denn der Klaviermarkt ist kein einfacher.
Boom-Land Asien
300 Instrumente stellt Bösendorfer jährlich her, davon 240 Flügel und 60 Pianinos. „Der europäische und der amerikanische Markt sind relativ gesättigt“, sagt Grubmüller. Hier gebe es bereits viele Ausbildungsstätten und Veranstaltungen, die über ihre entsprechenden Instrumente verfügen. Viel interessanter sei der asiatische Markt. In Korea zum Beispiel lerne derzeit „jedes zweite Kind“ Klavierspielen, dementsprechend groß sei dort die Nachfrage.
Die wichtigste Region für Bösendorfer ist dennoch Europa mit einem Umsatzanteil von 60 Prozent. Die meisten Klaviere verkauft das Unternehmen in Deutschland, zweitwichtigster Markt ist Österreich. 30 Prozent der Instrumente gehen in die USA, Asien hält bei 20 Prozent. Besonders große Erfolge feiert Bösendorfer mit dem völlig neu entwickelten Konzertflügel „Vienna Concert 280 VC“.
Wer sich auf dem schwierigen Weltmarkt durchsetzen will, muss jedoch auch auf Nischen setzen, so wie das auch Bösendorfer macht. Und zwar mit selbstspielenden Flügeln, die über eine mehr als 1.500 Musikstücke umfassende Bibliothek verfügen.
Warum sich jemand einen selbstspielenden Bösendorfer um einen sechsstelligen Euro-Betrag kauft? Das hat laut Grubmüller viele Gründe: Das selbstspielende System kann für Unterhaltung oder zum Lernen eingesetzt werden. Ein Sänger kann sich beim Üben begleiten lassen.
Präzisionsarbeit
Bösendorfer bietet auch „Silent-Klaviere“ an. Auf diesen kann man spielen, und trotzdem erklingt kein Ton – lediglich in einem Kopfhörer. „Viele Wohnungen sind sehr hellhörig, da ist Üben nur zeitlich eingeschränkt möglich, weil das zu laut für die Nachbarn wäre“, erklärt Grubmüller.
Digitalisierung ist also auch bei dem Traditionsunternehmen angekommen. Sie wird auch in der Produktion eingesetzt. Es werden einzelne Teile mit computergesteuerten Maschinen zugeschnitten, um höchste Präzision zu erreichen. Der größte Teil der Arbeit wird aber immer noch per Hand erledigt, wie der Zusammenbau oder die Besaitung. 500 Stunden sind es pro Flügel.
Kein Limit
Bei Bösendorfer bekommt man ab 32.000 Euro ein Pianino, klassische Flügel kosten bis zu 165.000 Euro. Bei Sonderanfertigungen gibt es kein Limit. Eines der teuersten Verkäufe der jüngsten Zeit – ein Grand Bohemian – lag bei 400.000 Euro, erzählt Grubmüller. Käufer der teuren Designerstücke seien meist Private, nicht selten mit asiatischem Background, viele aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
So groß der Name Bösendorfer ist, die Herausforderungen, ein solches Klavier zu verkaufen, sind dennoch nicht gering. „Wir müssen unsere Geschichte transportieren, Bösendorfer war Teil der Musikentwicklung in Wien“, sagt Grubmüller. Als das Unternehmen 1828 gegründet wurde, gab es 150 Klavierbauer in Österreich. Bösendorfer ist das Einzige, das es heute noch gibt.
Und das müssen auch die vielen Bösendorfer-Händler weltweit im Blut haben. Sie werden eigens dafür trainiert und müssen den Kunden die Bösendorfer-Geschichte näherbringen – eine Geschichte, die so kein anderer Klavierhersteller hat.
Auf jeder Bühne
Eine ganz andere Herausforderung ist es, Nachwuchsklavierbauer zu finden, ihnen das Know-how von Mitarbeiter mit 40 Jahren Betriebszugehörigkeit weiterzugeben und sie an das Unternehmen zu binden. 122 Mitarbeiter hat Bösendorfer, 80 davon sind Klavierbauer, 20 in Forschung und Entwicklung, der Rest in der Administration.
Wie die Zukunft des Traditionsunternehmens aussehen soll, davon hat Grubmüller klare Vorstellungen: Die Modellpalette soll erweitert werden – derzeit bietet Bösendorfer zehn verschiedene Modelle an. Umsatz und Gewinn sollen jährlich um drei bis fünf Prozent steigen. Und noch einen Herzenswunsch hat sie: „Dass weltweit auf jeder großen Konzertbühne ein Bösendorfer steht.“ Man sei auf einem guten Weg dorthin.
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