Steuerreform: "Verstehe das Jammern der Wirte"

Klaus Hübner
Laut Klaus Hübner, oberster Steuerberater des Landes, werden Unternehmer zunehmend sekkiert.

Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Klaus Hübner sieht die Steuerreform zwar großteils als gelungen an, zweifelt aber an deren Finanzierung.

KURIER: "Die größte Steuerreform aller Zeiten", so wird sie den Österreichern von der Regierung verkauft. Tatsächlich der große Wurf?

Klaus Hübner: Die Reform ist gutzuheißen und war auch höchst notwendig und ein mutiger Schritt. Aber unsere Hoffnung auf Strukturreformen und Vereinfachungen wurde aufgeschoben. Zumindest wurde erkannt, dass es ohne Strukturreformen nicht weitergehen kann.

Was meinen Sie konkret mit Strukturreformen?

Vor allem für Klein- und Mittelbetriebe stellt die Lohnverrechnung eine große Herausforderung dar. Da gibt es 500 mögliche Beitragsgruppen. Das könnte man radikal auf drei – Arbeiterkammermitglied, Nicht-Arbeiterkammermitglied und Pensionisten – reduzieren.Das wäre ein ganz großer Wurf beim Bürokratieabbau. Denn die Lohnverrechnung tut den KMU wirklich weh.

Das bringt doch Ihrer Berufsgruppe viel Geschäft.

Nichts kann die Komplexität mehr verdeutlichen, als dass sich unser Berufsstand in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat. Wir leben von der Komplexität, aber die Klienten können es längst nicht mehr durchschauen. 98 Prozent der KMU brauchen einen Steuerberater.

Was wünschen Sie sich noch?

Die Zusammenfassung aller Lohnabgaben zu einer einzigen Dienstgeberabgabe. Auch die Sozialversicherungen sollten endlich zusammengelegt werden.

Können wir uns die Reform überhaupt leisten?

Mit einer Abgabenquote von 44,1 Prozent liegen wir im EU-Vergleich auf Platz vier. Im EU-Durchschnitt sind es 39,8 Prozent. Kanzler Schüssel wollte unter 40 Prozent. Jetzt wird es ein bisschen besser, aber es ist noch kein Renner. Und wir haben ein veritables Ausgabenproblem. Wenn wir bei Pensionen, Gesundheit und Bürokratie keine Reformen setzen, schaffen wir keinen Spielraum für weitere Steuersenkungen und bleiben von internationalen Geldgebern abhängig.

Wird den Bürgern nach der Reform wirklich mehr bleiben?

Das erste Monat wird schon Anlass zur Freude sein. Vor allem der Mittelstand profitiert, da war die Entlastung am wichtigsten. Aber die Tarifreform wird in drei, vier Jahren infolge der kalten Progression wieder auf null fallen. Aber immerhin ist eine Änderung in Aussicht gestellt.

Ein großer Aufreger der Steuerreform ist die Registrierkasse. Zu Recht?

Respekt vor dem Volumen von fünf Milliarden Euro, aber das wurde von der Registrierkassenpflicht überschattet. Die hätte besser vorbereitet gehört. Ich verstehe das Jammern der Wirte, die an ihre wirtschaftlichen Grenzen kommen. Zudem werden die Einnahmen aus der Betrugsbekämpfung nicht wie erwartet bei 1,9 Milliarden liegen. Wenn es die Hälfte ist, kann man zufrieden sein.

Aber die Kontrollen, ob Steuern korrekt entrichtet werden, sind doch nachvollziehbar.

Betrugsbekämpfung und Bestrafung sind absolut notwendig. ,Ja‘ zu Prüfungen durch die Finanzpolizei, aber nicht die Betriebe sekkieren. Ich kenne einen Fall, bei dem eine junge Friseurin gerade ihr Geschäft neu eröffnet hat, als sechs Finanzpolizisten sie vor Ort gefilzt haben. Das wirkt bedrohlich und ist auch in gewisser Weise rufschädigend. Man muss auf die Verhältnismäßigkeit bei den Einsätzen achten. Daher richten wir in Niederösterreich eine Ombudsstelle ein, an die man sich nach falsch gelaufenen Einsätzen wenden kann.

Ziemlichen Ärger verursacht auch die Umstellung der Immobiliensteuer von Einheits- auf Verkehrswert

Es ist eine kleine Erbschaftssteuer, aber immerhin keine Vermögenssteuer auf die Substanz. In Einzelfällen kann es natürlich gravierende Auswirkungen haben.

Zur Person: Klaus Hübner

Karriere: Seit mittlerweile 1981 ist der 63-jährige Klaus Hübner Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in der Wiener Kanzlei Hübner & Hübner. Neben der Ausbildung zum Steuerberater studierte er Betriebswirtschaft. Seit neun Jahren ist er Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Er ist auch in einigen Aufsichtsräten vertreten, darunter in den Immobilienkonzernen Immofinanz und BUWOG.

Kammer: Die Kammer der Wirtschafts-Treuhänder (KWT) ist die Dachorganisation für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Die KWT vertritt rund 6800 Wirtschaftstreuhänder und 2600 WT-Gesellschaften. Sie betreut außerdem rund 2800 Berufsanwärter. Die KWT hält u. a. Berufsprüfungen ab und begutachtet Gesetze.

Kommentare