Vossen-Manager: "Eine Insolvenz gehört fast zum guten Ton"
Was für jedes Unternehmen, insbesondere in schwierigen Zeiten, entscheidend ist? Dass man konsequent Entscheidungen trifft, ist Niklas Lehner überzeugt. Lehner ist Projektmanager beim burgenländischen Frottierwarenhersteller Vossen. Heuer feiert das Traditionsunternehmen 100-jähriges Jubiläum. Der 30-Jährige ist jedoch kein Nachfahre des Firmengründers Burghardt Vossen, sondern die nächste Generation der Linz Textil AG, die seit fast 190 Jahren Garne und Gewebe herstellt.
Sein Vater Dionys Lehner leitete fast 50 Jahre die Geschicke der Linz Textil. Zuerst holte er die Holding aus den roten in die schwarzen Zahlen, 2004 brachte er mit der Übernahme von Vossen auch den Handtuchproduzenten nach einer Pleite wieder auf Schiene. Man war bereit, „selbst in Zeiten, wo andere vorsichtig waren“, zu investieren und zu expandieren, sagt Niklas Lehner. Diese Strategie setzt er bei Vossen fort, verrät er. Auch wenn die Textilbranche „immer eine schwierige“ war.
Schon in den 1990er-Jahren brachten günstig produzierte Handtücher aus China die in Jennersdorf produzierten Frottierwaren von Vossen ins Straucheln. Der Druck hat seitdem nicht nachgelassen. „Die Konkurrenz aus Asien nimmt immer weiter zu“, sagt Lehner. „Die Textilindustrie war in Österreich eigentlich die größte Industrie und auch die älteste. Heutzutage ist es nur noch ein sehr kleiner Anteil“, sagt Lehner. „Das gehört fast zum guten Ton, könnte man sagen, dass ein gutes Textilunternehmen schon mindestens einmal eine Insolvenz hatte. Es haben aber nur wenige geschafft, zu überleben.“
Business Gespräch: Niklas Lehner
Bei Vossen läuft es aktuell gut, man habe keine „riesengroßen Schwankungen, weder in die eine, noch in die andere Richtung.“ 2024 verbuchte das Unternehmen laut eigenen Angaben sogar einen Rekordumsatz von 40 Millionen Euro. „Wir sind grundsätzlich sehr zufrieden und optimistisch, was die Zukunft betrifft“, so Lehner. „Aber es kommt nicht von alleine, man muss dafür kämpfen. Man muss immer wieder neue Dinge machen, um spannend zu bleiben.“
Klaren Fokus setzen
Ein wichtiger Punkt wäre, sich zu fokussieren – auf eine Qualität, die „ausländische Produzenten nicht hinbekommen“, sagt Niklas Lehner. Dafür muss auch ein Preis verlangt werden, den nicht jeder Kunde bereit ist, zu bezahlen. „Wir sagen, dass wir 80 Prozent vom Handtuchmarkt einfach nicht abdecken und gar nicht bespielen wollen“, erklärt der Projektmanager. Die Zielgruppe ist somit klar definiert. Versorgt wird sie mit Innovationen, wobei der kreative Spielraum im Handtuchsegment überschaubar ist – an der Form eines Handtuchs braucht man nicht rütteln und eine große Farbauswahl bietet jeder Hersteller, schließlich wäre das „das wichtigste Entscheidungskriterium“ für die Kundschaft.
- Vossen wurde 1925 von Burkhardt Vossen im deutschen Gütersloh gegründet. 1963 entstand das Werk in Jennersdorf, in dem bis heute produziert wird.
- Geschichte: In Spitzenzeiten beschäftigte das Unternehmen 3.500 Mitarbeiter, bevor es 1996 in die Pleite schlitterte. Alle Standorte bis auf Jennersdorf wurden geschlossen. Vossen konnte sich sanieren, die Linz Textil AG beteiligte sich und übernahm 2004 als Alleineigentümer.
- 250 Mitarbeiter sind heute in Jennersdorf beschäftigt. Exportiert wird in 45 Länder, die Exportquote liegt bei 65 Prozent. Aktuell erweitert Vossen das Produktsortiment um Frottiertücher für die Küche.
„Innovation kann auch bedeuten, Dinge wegzulassen“, erklärt Lehner und bezieht sich auf eine neue Linie, die komplett auf Farbe, Bleichmittel und Weichmacher verzichtet. „Es ist dann halt ein Handtuch in der natürlichen Farbe von Baumwolle, ein helles Beige.“ Weggelassen werden in der gesamten Produktion seit ein paar Jahren auch jegliche tierische Industriefette. „Wir waren die Ersten, die ein Handtuch vegan zertifizieren haben lassen.“ Die Haltbarkeit von Handtüchern verändere sich dadurch nicht – fünf bis zehn Jahre könnte man die sie bei guter Pflege locker nutzen, verspricht Lehner.
Das ist gut für den Kunden, aber herausfordernd fürs Geschäft: „Wir haben das während des Lockdowns gesehen: Alle haben sich mit neuen Handtüchern eingedeckt und waren erst einmal versorgt.“ Vossen muss, um weiter zu wachsen, deshalb immer neue Kunden ansprechen und gewinnen. Auch außerhalb der Kernmärkte Österreich und Deutschland.
„Wir haben uns strategisch zum Ziel gemacht, eine internationale Marke zu werden.“ Der Plan ist, „voll auf Europa“ zu gehen, wobei die Produktion „made in Austria“ bleiben soll. „Die Produktion ist wettbewerbsfähig und wir werden weiterhin dort investieren.“
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