Warum immer mehr Junge in Österreich gründen

Warum immer mehr Junge in Österreich gründen
Die Jungen wollen gründen, das zeigen auch aktuelle Zahlen. Aber sollten sie das auch?

Schon in der Schule hat es Matthias Gruber gestört, dass Lehrer ihn bewerten. Dass nur sie entscheiden, was gut und was richtig ist. Er wollte lieber ein Spiel ohne solche Regeln spielen. Eines, in dem er für wirtschaftliche Leistung belohnt wird, sagt er. Zusammengefasst: Gruber wollte selbstständig werden, gründen, sein eigener Chef sein – und so kam es auch.

Mit 14 Jahren entwickelte er bereits eigene digitale Produkte. Mit 17 brachte er sein erstes profitables Servicesoftware-Produkt auf den Markt und mit 23 gründete er sein eigenes Unternehmen.

Junger Gründergeist

Der Gründergeist scheint generell in der jungen Generation zu schlummern und immer stärker zu werden. Laut einer Bawag-Umfrage können sich 60 Prozent der befragten 16- bis 25-Jährigen vorstellen, eines Tages selbstständig zu sein. Tatsächlich beobachtet auch Sabine Skarpil-Zauner vom WKO-Gründerservice, dass die Zahl der Gründer unter zwanzig Jahren in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist. Derzeit liegt das durchschnittliche Gründeralter in Österreich bei 36,6 Jahren. Die größte Gruppe wäre aber jene zwischen zwanzig und 39 Jahren.

Wie ratsam es ist, jung zu gründen, und in welchen Branchen Entrepreneurship überhaupt noch gefragt ist, will der KURIER wissen. Für Skarpil-Zauner ist jedenfalls klar, dass junge Unternehmer viel Innovationskraft und eine hohe Anpassungsfähigkeit mitbringen. „Sie nutzen gezielt neue Trends, digitale Kanäle und moderne Finanzierungsmodelle und sind oft noch unabhängiger als in späteren Phasen ihrer Karriere.“ Perfekte Voraussetzungen für ein erfolgreiches Business – oder?

Wo es Gründer braucht

Zurück zu Matthias Gruber. Im September 2024 legte er mit seinem Start-up fonio.ai los. Ganz einfach ausgedrückt, ist es ein KI-Telefonservice, das Firmen Anrufe erleichtern soll. Aktuell läuft sein Business gut – in nur einem halben Jahr konnte er knapp 300 zahlende Kunden gewinnen. Auf die Frage, wie schwer es ist, in der Gründerszene Fuß zu fassen, antwortet er lässig: „In meinem Fall war es relativ einfach. Wenn man gefragte Fähigkeiten wie Programmieren vorweisen kann, hat man sicherlich einen Vorteil.“

Mit dieser Annahme liegt er auch laut Sabine Skarpil-Zauner goldrichtig: „Besonders technologiegetriebene und zukunftsorientierte Branchen haben stark zugenommen. Dazu gehören insbesondere KI, erneuerbare Energien, Energiespeicherung und Cybersecurity.“ Hier gebe es vielseitige Gründungsmöglichkeiten. Und der Markt wartet gierig darauf.

Doch das ist bei weitem nicht der einzige Bereich, in dem man erfolgreich gründen kann.

Warum immer mehr Junge in Österreich gründen
Warum immer mehr Junge in Österreich gründen

Bereit sein

Lisa Buchegger hat es in den Tourismus und die Freizeitwirtschaft verschlagen. Ein Bereich, der floriert und Neugründer anzieht. Vor einigen Wochen wagte die 33-Jährige den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete im neunten Wiener Bezirk das „LiVi Studio“, ihr eigenes Yoga-, Pilates- und Fitnessstudio. Und erfüllte sich so einen Traum. „Ich bin seit Jahren Yoga-Lehrerin und dachte mir immer wieder, dass es schön wäre, ein eigenes Studio zu haben.“ Schlussendlich hat es sich sehr spontan ergeben. Plötzlich sei die perfekte Immobilie verfügbar gewesen, und aus „irgendwann einmal“ wurde ein „jetzt sofort“.

Mit Unterstützung

Drei Monate verbrachte Lisa Buchegger damit, ihr Vorhaben bis ins kleinste Detail zu planen, und trotzdem lernt sie seit der Eröffnung jeden Tag etwas Neues dazu, sagt sie. Umso wertvoller sei die Unterstützung anderer Studiobesitzerinnen gewesen, die sie regelmäßig beraten haben. „Es ist etwas ganz Besonderes, Mentoren aus derselben Branche zu haben, in der man tätig ist. Die genau wissen, vor welchen Herausforderungen man steht“, so Buchegger.

Mentoren finden

Genau diese Form der Unterstützung ist ausschlaggebend für ein erfolgreiches Unternehmen, meint Sabine Skarpil-Zauner. Erfahrung und ein Netzwerk wären zwar hilfreich, aber keine Voraussetzung. Mut und die richtige Unterstützung von Familie, Freunden oder Experten machten letztlich den Unterschied.

Das erkennt auch Matthias Gruber. Seiner Meinung nach sind gute Mentoren nicht immer leicht zu finden, erinnert er sich. „Wenn ich meine Karriere von Neuem anfangen müsste, würde ich nach einem erfolgreichen Start-up-Gründer suchen und als seine rechte Hand arbeiten“, ist Gruber sicher. „Auf diesem Weg lernt man brutal viel. Effizienter kann man das Gründen fast nicht angehen.“

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