Notstand? Wie schlecht es um die Pflege in Österreich tatsächlich bestellt ist

Am 12. Mai feierte man weltweit den Tag der Pflegenden – ein Anlass, um nicht nur Pflegekräfte, sondern auch Personenbetreuer zu ehren, sagt Harald G. Janisch, WKW-Obmann der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung, anlässlich des Feiertags. „Sie sind eine der tragenden Säulen unseres Gesundheitssystems.“
Aktuell arbeiten in Österreich laut Sozialministerium 127.000 Personen im akutstationären Bereich oder in der Langzeitpflege und -betreuung. Künftig wird jedoch deutlich mehr Pflegepersonal benötigt – längst spricht man von einem Pflegenotstand.
Mehr Pflegebedarf
Schon 2019 waren die Zahlen eher ernüchternd: Die Pflegepersonal-Bedarfsprognose der Gesundheit Österreich GmbH sprach von 76.000 Pflege- und Betreuungskräften, die bis 2030 zusätzlich benötigt werden. Im Jahr 2023 wurden die Daten aktualisiert. Bis 2050 werden nun etwa 200.000 zusätzliche Personen gebraucht, um das Gesundheitssystem aufrechterhalten zu können.
Die Suche nach Arbeitskräften gestaltet sich schwierig – nicht zuletzt aufgrund der Arbeitsbedingungen. Eine aktuelle „Foresight“-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer zeigt, dass sich die Arbeitsbedingungen systemrelevanter Berufsgruppen seit der Covid-Pandemie teilweise sogar verschlechtert haben beziehungsweise auf einem gleich niedrigen Niveau geblieben sind.
Es gilt also, den Job attraktiver zu machen. Experten zufolge braucht es dafür mehr Personal, bessere Planbarkeit und mehr Work-Life-Balance. Eine Maßnahme zur Entlastung der Pflegekräfte wurde heuer bereits angekündigt: Ab Jänner 2026 sollen sie in die Schwerarbeitsverordnung aufgenommen werden und damit einen besseren Zugang zur Schwerarbeitspension erhalten.
Fachkräftemangel
Bis 2050 werden jährlich rund 5.800 Pflegepersonen (Diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflege-, Pflegefachassistenz-, Pflegeassistenzpersonal) und rund 1.200 Betreuungspersonen (etwa Heimhilfe) gebraucht
Pflege-Absolventen
2020 gab es rund 4.800 Pflegeberufsabsolventen. Die FH Campus Wien bietet derzeit rund 2.200 Studienplätze im Bachelorstudiengang Gesundheits- und Krankenpflege an
Ein neuer Lösungsansatz
Thomas Blaindorfer sieht bei der Suche nach Pflegekräften ein spezielles Problem. Als Geschäftsführer der Plattform „pflegeboerse.at“ weiß er: „Österreichs Bevölkerung wird immer älter, und der Pflegebedarf wächst. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass in Österreich genügend Pflegekräfte ausgebildet werden, um diesen Bedarf zu decken.“ Man sei auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Hier kommt seine Plattform ins Spiel.
Dort vermittelt er nämlich Betreuungsfachkräfte für die 24-Stunden-Betreuung und baut dabei „Beziehungen zu anderen Ländern auf“, um Personal dazuzugewinnen. Bislang lag der Fokus vorrangig auf Ungarn, Bulgarien und dem ehemaligen Jugoslawien. Vor Kurzem startete er auch ein Pilotprojekt mit polnischen Partnern.
Man müsse hier unbedingt am Ball bleiben, meint Blaindorfer. Warum? „Österreich und Deutschland fischen hier im selben Teich.“ Noch profitiere man hierzulande davon, dass Deutschland für Pflegekräfte vergleichsweise eher unattraktiv ist. Das könne sich jedoch schnell wieder ändern, warnt er.
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