Das Fünf-Sterne-Hotel Vienna Marriott feiert 40-jähriges Jubiläum. Warum kein Jahr ohne Baustelle vergeht und es manchmal Kitsch braucht, um junges Publikum zu gewinnen.
Das Vienna Marriott war soeben ein Jahr alt geworden, da gastierte die Band Queen im Haus am Parkring. Freddie Mercury und Bandkollegen waren 1986 anlässlich ihrer „Magic Tour“ in Wien – das letzte Mal in Originalbesetzung. Ihren Absacker tranken sie in der Promenade Bar, oben im ersten Stock des Fünf-Sterne-Hotels. Der österreichische Jazzmusiker Louie Austen spielte am Piano, die Stimmung war ausgelassen.
Also entschied Queen, ein Privatkonzert für die Marriott-Gäste zu geben. Hoteldirektor Dieter Fenz, damals noch Veranstaltungsleiter, erinnert sich an den Moment: „Das war so ein Ereignis, dass man die ganze Band den weißen Flügel signieren ließ.“ Der Plan war, tags darauf die Unterschriften mit einer Glasplatte zu schützen. Doch die Reinigungskräfte waren in den Plan nicht eingeweiht. „Als wir wiederkamen, war alles blitzblank entfernt“, nimmt es Fenz heute, fast vierzig Jahre später, gelassen.
Alten Tagen weint das Hotel nicht hinterher, das wird im Gespräch mit dem KURIER anlässlich des runden Jubiläums deutlich. Dieter Fenz und Satya Anand, Präsident von Marriott International für Europa, den Nahen Osten und Afrika, zeichnen eine optimistische Zukunft für ihr Hotel und den Tourismus. Fenz sagt sogar: „Wir sind mitten in den goldenen Zeiten.“ Was ihn so sicher macht?
Cheesecake für die Jungen
Das austro-amerikanische Konzept funktioniert bis heute, sagen Fenz und Anand. Bei den Nächtigungen freut man sich über eine Auslastung von rund 80 Prozent, auch wenn es natürlich „immer Luft nach oben gibt“. Hier spitzt man auf Schwellenländer wie China, Indien und Südostasien. „Wenn die alle öffnen und zu reisen beginnen, brauchen wir uns keine Sorgen machen“, so Fenz.
Bis dahin dominieren Gäste aus den USA, direkt danach folgt Österreich. In der hauseigenen Gastronomie (Parkring Restaurant, Garten Café, Cascade Bar, Champions Sports Bar) begrüßt man laut eigenen Angaben 70 Prozent lokales Publikum. „Das steigt immer noch“, ergänzt der Hoteldirektor. Doch mit dem Älterwerden des Hauses reift auch die Stammkundschaft.
Das Vienna Marriott ist für seinen Brunch bekannt.
Wie man neues und vor allem junges Publikum gewinnen will? Mit Cheesecake-Verkostungen, für die primär junge Frauen zwischen 16 und 30 Jahren zweimal jährlich Schlange stehen. Oder mit Valentinstags-Specials, wo „der Kitsch die Wände runter rinnt“ und 500 Gäste pro Abend genau das zelebrieren. „Mittlerweile haben wir ein Playbook, das von Jänner bis Dezember geht“, sagt Fenz. Das braucht es, „um den jungen Gast abzuholen“ und die Schwellenangst zu nehmen.
Publikum, das es lieber geschmackvoll mag, wird davon nicht abgeschreckt, heißt es. Schließlich würde nicht einmal der Bürgermeister bei der traditionellen Super Bowl Party Silberbesteck erwarten. Hotelgäste würden heute sowieso auf andere Dinge Wert legen.
Satya Anand ist President, EMEA (Europe, Middle East & Africa) Marriott International
Auf eine Auswahl an Kopfpölster (fünf Stück mindestens), acht Milchsorten, gute Beleuchtung im Bad inklusive „Duscherlebnis“, kein Teppichboden und – am allerwichtigsten – schnelles Internet, diverse Kabelanschlüsse und zehn Steckdosen pro Zimmer. „Das wird sogar wichtiger eingestuft als Warmwasser“, berichtet Satya Anand aus einer Kundenbefragung. Wobei man Gäste nicht prüfen will, ob das im Ernstfall wirklich so ist.
Komfort ist schließlich Voraussetzung in einem Fünf-Sterne-Haus. Dementsprechend wird regelmäßig renoviert. Eine Baustelle pro Jahr gibt es jedenfalls, die größten Kostenpunkte lauern hinter der Decke. „Man muss gerade massiv in Klima- und Lüftungstechnik investieren, das sind alles Sachen, die der Gast nicht sieht, aber die dazu beitragen, dass er sich wohlfühlt“, sagt Fenz. Wohlfühlen könne sich dieser außerdem nur, wenn es die Belegschaft auch tut, betont Präsident Anand und zitiert einen Leitsatz der Marke Marriott, der übersetzt lautet: „Wenn man sich um die Mitarbeiter kümmert, kümmern sich diese um die Gäste und die Gäste kommen wieder.“
2,3 Mio. Nächtigungen zählt das Hotel in seinen vierzig Jahren.
Im Juni wurde bekannt, dass das Marriott Hotel Vienna von der Immobiliengesellschaft s Immo verkauft wird. Der KURIER berichtete. Auswirkungen auf den Hotelbetrieb soll das keine haben, sagt Direktor Dieter Fenz: „Wir haben einen langfristigen Vertrag hier.“ Nur der Ansprechpartner würde sich dadurch verändern.
Familiäre Kette
Mit Personal- und Fachkräftemangel kämpft das Vienna Marriott kaum. Man habe die Mitarbeiter über die Pandemie halten können, fast durchgehend geöffnet gehabt und so verhindern können, sie an andere Betriebe und Branchen zu verlieren. Auch das durchschnittliche Dienstalter soll hoch sein. Fenz und Anand sind selbst ein gutes Beispiel – beide arbeiten fast vier Jahrzehnte für die Kette, Anand startete als Nachtportier hier in Wien.
Die Aufstiegschancen sollen gut sein, immerhin handelt es sich beim Marriott um die größte Hotelkette weltweit mit über 9.500 Standorten. Trotz der Größe wäre man ein Familienbetrieb geblieben, merkt Satya Anand an. „Mr. Marriott (Bill Marriott, zweite Generation, Anm.) ist zwar bereits in Pension, aber weiter involviert. Sein Sohn David Marriott ist der jetzige Chairman, reist viel und kommt auch immer gerne nach Österreich.“
Was man sich in Wien für die nächsten vierzig Jahre Marriott wünscht? Nur eine Sache: Veranstaltungshallen, die 25.000 Menschen und mehr fassen. Noch mehr Konzerte und Kongresse könne die Stadt Wien immer vertragen, sagt Dieter Fenz. Auch wenn Wien im Vorjahr mit knapp 19 Millionen Nächtigungen einen Rekord verzeichnete.
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