Wie eine App die Finanzbildung von Lehrlingen verbessern soll

Roland Brandt, Sigrid Hantusch-Taferner, Melina Schneider, Bettina Fuhrmann, Sarah Wastl (v.li.)
Die Jugend fordert mehr Finanz- und Wirtschaftsbildung. Das geht aus dem WKO-Pressegespräch über Finanzbildung für Lehrlinge vom vergangenen Dienstag klar hervor. „Es sind Themen, über die man im Unterricht nicht redet, dabei haben wir viele Fragen“, sagt etwa Lehrling Sarah Wastl.
Tatsächlich wurden Finanzkompetenzen schulisch bislang nur wenig vermittelt, bestätigt Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der WU Wien: „Momentan wird dieses Wissen eher vererbt.“ Das Ergebnis: eine Kombination aus niedrigem Finanzwissen und geringer Organisation der finanziellen Verhältnisse. Durch die höhere Risikobereitschaft der jungen Menschen kann das zu einer „sehr ungünstigen Mischung“ werden, warnt Fuhrmann.
Immerhin steht man in jungem Alter vor ökonomischen Entscheidungen, die langfristige Folgen haben können: „Allein mit der Auswahl der Ausbildung trifft man eine Entscheidung über seine Einkommensmöglichkeiten.“ Ein Grund, warum Lehrlinge eine besonders spannende Zielgruppe für Finanzbildung sind.
Eine App für Finanzbildung
„Lehrlinge haben vom ersten Monat der Lehre an einen Arbeits- sowie Ausbildungsvertrag“, erklärt Melina Schneider, Leiterin der Abteilung Bildungspolitik der WKO. Sie verdienen ein Lehrlingseinkommen, wissen aber oft nicht, wie sie damit umgehen sollen, sagt sie. Eine Lösung muss her – und diese soll sich in einer App verstecken. Konkret: in „wîse up“, der virtuellen Lernplattform der WKO. Rund 7.500 Lehrlinge nutzen die App bereits für fachspezifische Lernstrecken, die an ihr Berufsfeld angepasst sind.
Zusätzlich gibt es auch lehrlingsübergreifende, sogenannte „überfachliche Bereiche“, erklärt Sigrid Hantusch-Taferner, Geschäftsführerin von wîse up. Darunter fallen Arbeitssicherheit, digitales Arbeiten und nun auch die Finanzbildung. Die App erinnert an eine Social-Media-Plattform. Neben dem Scrollen, Liken und Kommentieren bearbeitet man interaktive Lerninhalte mit alltäglichen Beispielen. Themenbereiche sind „Mein erstes Einkommen“, „Meine erste Wohnung“, „Mein erster Urlaub“ – Online-Banking, Kredite, Investments (und bald Kryptowährungen) inklusive.
„Es gibt heute viel mehr zu wissen als noch vor vierzig Jahren“, sagt Bettina Fuhrmann. Damit gehen einige Risiken einher. Das beobachtet auch Roland Brandt, Referent des Fachverbands Finanzdienstleister der WKO, immer wieder:
„Gerade bei Jugendlichen sind Konsumverhalten und -kredite ein deutlich höheres Risiko als bei früheren Generationen“, meint er. Die Folgen: „Jedes Jahr gehen ungefähr 200 unter 24-Jährige in eine Privatinsolvenz, durchschnittlich mit 50.000 Euro. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs“, berichtet Brandt.
Mit der App wolle man das verhindern: Die Jungen aufklären, ihre Mündigkeit fördern, damit sie gut überlegte finanzielle Entscheidungen treffen, so Melina Schneider.
Aktuell gibt es die App kostenfrei für Lehrlinge. Eine Ausweitung auf weitere Schulen und gar Unis wird in Erwägung gezogen.
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