Kosten: Benzin um die Hälfte billiger

Kosten: Benzin um die Hälfte billiger
Statistik – vor 20 Jahren war Benzin in Relation zum Einkommen in etwa doppelt so teuer wie heute. Das trifft auf fast alle Güter zu.

Sind Sie ein/e Baby-Boomer, hatten Sie es früher vermutlich einfacher. Wirtschaftswachstum und ein sicherer Job bestimmten Ihr Leben. Und der Lohn eines Mechanikers reichte auch noch für ein schönes  Haus. So oder so ähnlich war es damals. 
Sind Sie hingegen ein Millennial, schaut die Sache anders aus. Sie sind in ihren späten 20ern, arbeiten sich von einem Praktikum ins nächste und werden wohl nie so viel haben wie ihre Eltern –  auch wenn Sie sich noch so sehr anstrengen. So ist das,  oder so in die Richtung eben, zumindest wenn es nach der allgemeinen Wahrnehmung geht. Doch was steckt wirklich dahinter?

Vieles ist heute leistbarer

Die Faktenlage zeigt:  Der materielle Wohlstand ist hierzulande in den vergangenen Jahren gestiegen, viele Produkte sind heute   leistbarer als  vor 40 Jahren.  Das weiß Wifo-Ökonom Josef Baumgartner. Er hat verglichen, wie lange man mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen eines Industriearbeiters heute und vor 40 Jahren arbeiten musste, um sich bestimmte Güter und Dienstleistungen kaufen zu können. 

Für ein Kilo Schweinefleisch etwa musste man 1980  rund eine Stunde und 23 Minuten arbeiten, heute (2020) sind es nur knapp 39 Minuten. In einem Liter Vollmilch steckten damals  acht Minuten Arbeitszeit, heute sind es  3,5 Minuten. 

Industrialisierung steigerte materiellen Wohlstand

Neben den Lebensmitteln ist auch Kleidung heute deutlich leistbarer. 1980 lag der Aufwand für eine Herrenhose bei mehr als  sieben Stunden, im Jahr 2020 waren es nur mehr etwas mehr als  drei Stunden. „Der Grund für diese Entwicklung liegt vor allem in der Industrialisierung. Durch den technischen Fortschritt in der Massenproduktion, steigenden Wettbewerb und zum Teil auch durch die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer sind solche Industriegüter heute um einiges günstiger“, sagt Baumgartner. 

Die technologische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte mache zudem auch Geräte wie etwa Waschmaschinen  billiger. Auch Autofahren ist heute leistbarer als noch vor einigen Jahrzehnten, zumindest wenn es nach den Treibstoffpreisen geht. Musste man 1980 noch fast acht Minuten für ein Liter Superbenzin arbeiten, sind es heute nur mehr knapp mehr als  drei.

Kosten: Benzin um die Hälfte billiger

Abgaben machen Dienstleistungen teurer

Teurer geworden sind hingegen Dienstleistungen, beispielsweise von Installateuren oder Mechanikern, was vor allem mit den gestiegenen Abgaben wie Lohnsteuern und Sozialbeiträgen und Kosten wie etwa Mieten zu tun hat, meint Baumgartner. So hat 1990 der durchschnittliche Arbeitnehmer noch 60,5 Prozent seines Gehalts selbst eingesteckt, heute sind es  nur noch 53 Prozent. 

Sechs-Brutto-Jahresgehälter für eine Eigentumswohnung

Auch das Wohnen wird für viele heute zunehmend schwerer leistbar.  Zahlen der Österreichischen Nationalbank zeigen, dass sich die Immobilienpreise seit 2000 in Wien beinahe verdreifacht haben, im Österreichschnitt sind sie in den vergangenen 20 Jahren ebenfalls um mehr als das Doppelte gestiegen. Laut einer Deloitte-Studie müssen Österreicher heute rund sechs durchschnittliche Brutto-Jahresgehälter für eine neue Eigentumswohnung auf den Tisch legen. 

„Das Problem ist einfach, dass  die Löhne und Gehälter  in den vergangenen Jahren nicht derart stark mitgewachsen sind. Es gibt hier ein Ungleichgewicht, das vor allem bei jungen Menschen zur Annahme führen kann, dass sie heute weniger verdienen als beispielsweise die Generation ihrer Eltern vor  40 Jahren“, sagt Michael Ertl, Referent für Konjunktur- und Verteilungsfragen in der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Arbeiterkammer Wien. De facto sei das aber ein verzerrtes Bild. Denn durchschnittlich ist die Kaufkraft in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten durchaus gestiegen. Doch wie haben sich die Löhne und Gehälter der Jungen entwickelt?

Löhne und Gehälter der Jungen steigen heute schwächer

Der durchschnittliche Stundenlohn der 25- bis 29-Jährigen ist im Vergleich zum Durchschnittslohn der Gesamtbeschäftigung in den vergangenen acht bis zehn Jahren schwächer gestiegen. Lag der Stundenlohn der 25- bis 29-Jährigen 2010 noch bei 84 Prozent des Durchschnittlohns, war dieses Verhältnis im Jahr 2018 um gut fünf Prozentpunkte geringer.  Der Grund dafür sind  die längeren Ausbildungszeiten. „Heute steigt man später ins Berufsleben ein, damit sind mehr Mitte 20-Jährige noch in Ausbildung als das vor zehn Jahren der Fall war, was wiederum dazu führt, dass weniger Mitte 20-Jährige ein geregeltes und  höheres Einkommen beziehen“, erklärt Baumgartner.  

Ein  ähnliches Bild zeichnet  sich auch bei jenen, die den Berufseinstieg schon gemeistert haben.   Vergleicht man  das mittlere Einkommen der heute 30- bis 34-Jährigen mit jenem  vor 20 Jahren und setzt dies in Beziehung zur Preisentwicklung, zeigt sich, dass diese Alterskohorte heute  durchschnittlich  um 3,5 Prozent  mehr verdient. „Aber das Lohnwachstum ist heute nicht mehr so hoch, wie es vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Dafür starten die Jungen heute aber durchschnittlich  von einem höheren Lohnniveau“, sagt Ertl, der noch auf zwei weitere  Aspekte hinweist. 

Unsicherheit am Arbeitsmarkt

„Die 30- bis 34-Jährigen verdienen heute zwar etwas mehr als früher. Sie leben aber auch in einer Gesellschaft, in der der Lebensstandard deutlich höher ist.“ So war der durchschnittliche Wohnraum pro Person in Vergangenheit viel niedriger als heute. „Natürlich profitieren die jungen Menschen  von dieser Entwicklung, aber man muss sich eben auch bewusst sein, dass 50 Quadratmeter Wohnfläche nun einmal mehr kosten als 30 Quadratmeter.“ Zudem herrsche am Arbeitsmarkt heute eine größere Unsicherheit, Trainee-Stellen und Praktika sowie befristete Verträge seien beim Berufseinstieg heute mehr die Regel als die Ausnahme. „Da spielt natürlich auch ein gewisser Druck am Arbeitsmarkt mit, der für die Gehaltsentwicklung der jungen Menschen sicher nicht förderlich ist“, sagt Ertl. 

Heute ist vieles leistbarer

Alles in allem kann man  sagen, dass es Jungen heute  finanziell nicht schlechter geht als ihren Eltern. Die meisten Produkte sind für sie heute leistbarer als für die Generation vor 30 Jahren. Wirklich schwer haben es Junge, leistbaren Wohnraum zu finden,  auch, weil die Immobilienpreise seit der Finanzkrise enorm angezogen haben.   

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