Überbürokratie im Klimaschutz? Wirtschaftsführer diskutieren Herausforderungen
Die Diskussion rund um Klimschutz, Nachhaltigkeitsmaßnahmen und Bürokratieaufwand läuft aktuell auf Hochtouren. Eines steht fest: Das Thema ist in den heimischen Unternehmen angekommen. Und sorgt für gespaltene Meinungen. Der KURIER fragt die Chefs von Unicredit Bank Austria, Generali und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), wo die Herausforderungen liegen und wie sie zum Thema Nachhaltigkeit stehen.
„Es ist unendlich überadministrativ“
Robert Zadrazil, Unicredit Bank Austria
KURIER: Nachhaltigkeitsthemen – lästig oder notwendig?
Robert Zadrazil: Früher nannten wir es Umweltmanagement, heute ist Nachhaltigkeit fix verankert. Wir waren innerhalb der Gruppe auch Vorreiter. Bei Finanzierungen sind die Regeln nicht immer klar, es gibt auch Länder, in denen etwa Braunkohle immer noch stark ist. Wir könnten sagen, das finanzieren wir nicht mehr. Aber das würde die Transformation behindern. Außerdem würden dann andere finanzieren – es wäre nichts gewonnen.
Die CSRD-Berichtspflicht ab 2025: Was bringt sie?
Schmerzen und Möglichkeiten zugleich. Es ist unendlich überadministrativ, viel Aufwand, kostet viel. Aber weil ich ein realistischer Optimist bin, sehe ich das Positive. Durch die Beschäftigung damit, reflektiert man anders, überdenkt Entscheidungen.
Wie sehr behindern Umweltauflagen die Wirtschaft?
Klimaschutz brauchen wir nicht mehr diskutieren, der ist notwendig. Aber die Frage ist, welchen Zugang wir wählen, welche Umsetzung. Weniger Regulatorik, mehr pragmatische Umsetzung.
Ihr Wunsch für Europa?
Wir müssen unsere Schlüsseltechnologien definieren und diese gemeinsam verfolgen. Und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken.
„Klimaneutralität, das ist ein Marathon“
Gregor Pilgram, Generali
KURIER: Nachhaltigkeitsthemen – lästig oder notwendig?
Gregor Pilgram: Die Nachhaltigkeit ist in unserer Strategie, in unserer DNA verankert. Jede Entscheidung, die wir im Unternehmen treffen, wird auch im Lichte der Nachhaltigkeit überdacht. Es gibt so viele positive Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Unseren Kunden zu helfen, steht ganz oben. Da geht es nicht nur um Restriktionen.
Die CSRD-Berichtspflicht ab 2025: Was bringt sie?
Ich denke, Vergleichbarkeit und Transparenz sind immer wichtig. Aber die neuen Regeln sind ein Riesenprojekt, die weit über das Ziel hinaus schießen.
Wie sehr behindern Umweltauflagen die Wirtschaft?
Nachhaltigkeit dürfen wir als Ziel nicht aus den Augen verlieren. Aber eben auch nicht unsere Wirtschaftlichkeit. Klimaneutral zu werden, das ist ein Marathon, kein 100-Meter-Lauf. Wir müssen das also gut und überlegt angehen.
Ihr Wunsch für Europa?
Jedenfalls weniger Administration für Unternehmen und insgesamt mehr Innovation und mehr Technologie für die Zukunft. Ich denke, es ist an der Zeit, dass sich Europa wieder als wichtige Wirtschaftskraft in dieser Welt in Stellung bringt.
Business Gespräch: Robert Zadrazil, Gregor Pilgram und Henrietta Egerth
„Es muss sich lohnen, hier zu wirtschaften“
Henrietta Egerth, FFG
KURIER: Nachhaltigkeitsthemen – lästig oder notwendig?
Henrietta Egerth: Die Unternehmer wissen, dass nachhaltig Wirtschaften auch hilft, Kosten einzusparen. Jedes Unternehmen wird also von sich aus noch effizienter arbeiten. Das ist auch ein Trend, den wir spüren und mit unseren Förderungen unterstützen. Ich glaube auch, dass da mehr Eigenverantwortung möglich wäre und es weniger Kontrolle braucht – weniger Bürokratie, weniger Dokumentation.
CSRD-Berichtspflicht ab 2025: Was bringt sie?
Wir brauchen mehr Produktivität in Europa, nicht mehr Administration und Bürokratie. Weil die ist schon überbordend groß.
Wie sehr behindern Umweltauflagen die Wirtschaft?
Das Ziel ist klar und wir müssen die Chancen sehen, statt uns selbst zu behindern.
Ihr Wunsch für Europa?
Ein Wirtschaftsstandort, der über Innovation seine Produktivität steigern kann. Mit neuen Produkten, mit Forschung und guter Bildung. Das muss die Zukunftsinvestition sein, damit es sich lohnt, hier zu wirtschaften und profitabel zu sein. Weil sonst können wir uns alles andere, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Sozialstaat, Kunst, Kultur, nicht mehr leisten.
Die Diskutanten – Zadrazil, Pilgram, Egerth – sind Teil der „Climate Hours Initiative“ von KURIER und Glacier, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter klimafit macht
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