Wer die Karriereleiter hinaufklettert, muss mit Hürden rechnen. Die meisten erkennt man schon von Weitem. Andere sind jedoch verborgener und fallen nicht sofort als potenzielle Hürde auf. Diese „geheimen Karrierestopper“ sind letztlich entscheidend für Aufstieg oder Stillstand. Der KURIER befragte erfolgreiche Unternehmer und Führungskräfte nach ihren Erfahrungen.
Große Hürden
„Der Anruf kommt aus dem Haus!“, ruft ein Polizist im Kultfilm „Unbekannter Anrufer“. Auf sozialen Medien wird dieser Satz als Metapher dafür verwendet, dass das eigentliche Problem bei einem selbst liegt. Viele „Karrierestopper“ entstehen mit einem falschen Mindset, stimmt Judith Niedl, Business-Coach und Gründerin des Frauennetzwerks „Fempreneur Club“, zu. „Wir selbst sind unsere größten Kritiker. Machen uns kleiner, als wir sind“, sagt sie. Das sogenannte „Imposter Syndrom“ sei eine klassische Karrierehürde.
Besser wäre es, sich nicht zu verbiegen, seine eigene Cheerleaderin zu sein und sichtbar zu werden, meint sie. „Mit Sichtbarkeit erreicht man Leute. So baut man sich ein gutes Netzwerk auf und fördert seine Karriere“, sagt sie. Das zeigt auch die Forschung: Laut einer LinkedIn-Studie werden 85 Prozent der Jobs über Kontakte vergeben. Kommunikationsfreude und Sympathie können hier also einige Türen öffnen.
Dass Beliebtheit definitiv eine Rolle in der Karriere spielt, bestätigt die Harvard Business Review: 84 Prozent der Führungskräfte geben laut Studie zu, dass persönliche Sympathien eine entscheidende Rolle bei Beförderungen spielen. Forscher an der University of Massachusetts fanden außerdem heraus, dass viele Mitarbeiter dazu neigen, Vorschlägen zuzustimmen, solange sie die Person dahinter mögen – selbst, wenn sie anderer Meinung sind.
Aber diese Beliebtheit und die damit verbundenen Karriereerfolge haben auch einen Nachteil: Das „Tall Poppy Syndrome“ (das Hohe-Mohnblumen-Syndrom, Anm.). Die kanadische Entrepreneurin Rumeet Billan erforschte die Auswirkungen von Eifersucht am Arbeitsplatz und fand heraus, dass besonders engagierte Mitarbeitende gerade wegen ihres Erfolgs ausgegrenzt und (wie zu hohe Mohnblumen) gestutzt werden.
Für Judith Niedl ist es deswegen wichtig, den Fokus nicht auf die Meinung anderer, sondern auf sich selbst zu richten. Mit einer guten Strategie, einem starken Netzwerk und dem richtigen Mindset, komme auch der Erfolg.
Damian Izdebski gründete die IT-Firmen DiTech und techbold
Mangelnde Kommunikation
Den Ellenbogen-Kampf um die besten Positionen in einem Großkonzern kennt Damian Izdebski nicht. Der techbold-Gründer war von Anfang an selbstständig und betrachtet die Karriereleiter daher eher von oben – als Arbeitgeber. Was ihm dabei immer wieder auffällt und sich als Karrierestopper erweist, sei der Umgang mit Fehlern. „Manche haben tausende Erklärungen, warum sie nichts für den Fehler können, und schieben die Verantwortung von sich. Und dann gibt es jene, die sagen, dass sie falsch lagen, es jetzt besser wissen und es noch einmal probieren werden.“
Stünde er vor der Wahl, würde er sich immer für jene Mitarbeitenden entscheiden, die besser mit Fehlern umgehen können – auch, „weil sie meist besser kommunizieren.“ Aus Erfahrung weiß er: „Erfolgreiche Menschen sind sensationelle Verkäufer.“ Sie könnten ihre Ideen, Pläne und eigenen Fähigkeiten an Mitarbeiter, Kunden und Investoren verkaufen. „Hier ist Beliebtheit natürlich ein Vorteil“, so Izdebski. Schließlich machen Menschen Geschäfte mit Menschen, nicht mit Unternehmen. „Als interessante Persönlichkeit kann man sein Vorhaben sicherlich leichter vorantreiben.“ Und wenn nicht? „Dann muss man Durchhaltevermögen und Vision unter Beweis stellen. Man darf sich nicht von negativen Emotionen oder Neid ablenken lassen.“
Martha Schultz beschäftigt sich schon lange mit dem Thema Erfolg. Als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich fragt sie sich, was es dafür braucht und woran man scheitern könnte. Erfahrung hat sie genug – immerhin wurde sie in eine Unternehmer-Familie hineingeboren, erzählt sie. „Meine Urgroßmutter war schon Unternehmerin und meine Mutter war eine der jüngsten Unternehmerinnen hier im Zillertal. Ich habe die Unternehmerinnen-Gene sozusagen im Blut und Unternehmerin zu sein ist mein Traumberuf.“
Österreichweit gibt es fast 150.000 Unternehmerinnen. Fast jede zweite Firma wird von einer Frau gegründet und fast jedes dritte Unternehmen von einer Frau geführt. Was sie gemeinsam haben? Ein starkes Netzwerk. „Ich bin eine große Verfechterin von Netzwerken“, sagt Schultz. So würden Ideen und Know-how geteilt, durch neue Businesskontakte neue Kooperationen entstehen. „Mit dem Netzwerk ,Frau in der Wirtschaft’ setzen wir uns dafür ein, dass weibliches Unternehmertum sichtbar wird und Unternehmerinnen die Wertschätzung erhalten, die sie verdienen.“ Denn gemeinsam könne man auch viel mehr bewegen.
Kilian Kaminski ist Co-Gründer der Plattform Refurbed
Der Vergleich mit anderen
Für Kilian Kaminski ist Neid gegenüber anderen ein extremer Karrierebremser. „Das ständige Nacheifern und Vergleichen verlangsamt den Erfolg“, sagt der Refurbed-Co-Gründer. Nicht umsonst laute das englische Sprichwort: Der Vergleich ist der Dieb des Glücks. Wobei Kaminski auch anmerkt, dass soziale Medien es einem nicht gerade einfach machen. Man werde ständig mit erfolgreichen Menschen konfrontiert, was verunsichern kann.
Trotzdem ist er sich sicher: „Man sollte niemals für andere seine Karriere leben. Man macht das immerhin für sich und nicht, um anderen zu gefallen.“ Außerdem habe man viel mehr davon, wenn man sich nicht an anderen orientiert, sondern stattdessen mit offenen Augen und Ohren durchs Leben geht, sagt der Gründer. Auf diesem Weg könne man seine eigenen Stärken entdecken. „Es gibt Experten in Nischenbereichen, die genial in dem sind, was sie tun. Und dafür müssen sie nicht einmal extrovertiert sein oder ein besonderes Image haben.“
Was Kilian Kaminski während seiner beruflichen Laufbahn ebenfalls als klarer Karrierestopper begegnet ist, sind interne Firmenpolitik und Egoismus. „Die eigenen Karriere-Ziele immer über das Team zu stellen und mit einer egoistischen Mentalität an die Arbeit heranzugehen, ist zu kurzsichtig gedacht. Das bringt niemanden weiter“, sagt er.
Für den Erfolg braucht es auf jeden Fall Mut, Dinge auszuprobieren, meint Unternehmerin Katharina Unger. „Viel zu oft warten Menschen darauf, dass ihre Idee ‘ausgereift’ ist, bevor sie sie umsetzen wollen.“ Perfektionismus in einem frühen Stadium sei ihrer Meinung nach ein großer Karrierestopper. Man müsse ins Handeln kommen, denn nur durch das Experimentieren und Scheitern könne Innovation entstehen – und mit viel Ausdauer bei Gegenwind. Etwas, das Unger nur allzu oft erlebt hat, als sie ihre Gründungsideen präsentierte.
Mit dem Unternehmen „Livin Farms“ spezialisiert sie sich auf die Insektenzucht, unter anderem als Proteinquelle. Ein Plan, der nicht immer auf Verständnis stößt: „In der Welt der Innovation und Nachhaltigkeit habe ich Skepsis oder Zurückhaltung gegenüber neuen Ideen erlebt. Besonders wenn man Dinge anders macht, kommt es vor, dass Menschen eher Gründe suchen, warum etwas nicht funktionieren wird, anstatt es zu unterstützen.“
Wichtig sei es, sich trotz des Widerstands nicht entmutigen zu lassen, sondern konsequent seinen Weg zu gehen, unabhängig davon, wie andere ihn bewerten. „Mir hat es geholfen, eine Nische zu finden und mich darin zu etablieren. Oft entstehen die besten Möglichkeiten genau dann, wenn man bereit ist, Altbekanntes zu hinterfragen und Grenzen aufzubrechen.“
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