Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Diese Insel ist ein Hotspot für digitale Nomaden

In Ponta do Sol gibt es einen Co-Working-Space zur Gratis-Nutzung
Zwischen 800 und 1.000 „Digital Nomads“ sind gerade auf der rund 251.000 Einwohner zählenden Insel. Sie haben ihr Büro für einige Zeit dorthin verlegt – dorthin, wo auch im Februar die Tagestemperaturen selten unter 17 Grad fallen und mehrere Stunden Sonnenschein warten. Aber es ist nicht nur das Wetter, das Selbstständige, Freelancer und Remote-Arbeitende anzieht, sondern das 2021 von der Regionalregierung ins Leben gerufenen Projekt „Digital Nomads Madeira Island“.
Das Nomaden-Dorf in Madeira
„Eine Community, wie man hier hat, gibt es selten“, meint Julius (27) beim gemeinschaftlichen Mittagessen in einem Lokal an der Südküste Madeiras. Der Deutsche ist Software-Entwickler, arbeitet remote und schätzt vor allem die Gemeinschaftsaktivitäten.
Es ist sein sechster Aufenthalt. „Viele waren schon mehrmals hier“, weiß auch Micaela Vieira von Startup Madeira, der Projektumsetzenden Regierungsorganisation. Angestoßen wurde die Initiative 2020 von Gonçalo Hall, CEO von „NomadX“, einer Vernetzungsplattform für digitale Nomaden. „Er präsentierte uns seinen Traum von einem Dorf der digitalen Nomaden“, so Vieira.
Der Tourismus sei wegen Covid fast gänzlich zum Erliegen gekommen. „Es war eine gute Idee, um die Wirtschaft anzukurbeln. Alle Player waren sofort an Bord“. Das „Nomaden-Dorf“ ist heute Ponta do Sol – ein 4.200-Einwohner-Städtchen mit einer von Felsmassiv flankierten Meeresfront. Zunächst seien Hotels, Zimmervermieter und Lokale kontaktiert worden, um sie auf die Bedürfnisse von digitalen Nomaden vorzubereiten, blickt Vieira zurück. In einem wegen Covid ungenutzten Ausstellungsraum wurde ein Co-Working-Space eingerichtet.


Ein kostenloses Traum-Ambiente
An diesem Mittwochmorgen Ende Jänner sitzen hier neun Personen an ihren Laptops, Platz hätten mindestens 30. In dem Glaskubus herrscht absolute Stille. Zum Telefonieren oder zum Austausch geht es auf die teilweise überdachte Terrasse.
Auch dort gibt es Tische und Stühle. Worte lösen sich im Meeresrauschen und Vogelgezwitscher auf. Dieses Ambiente gibt es kostenlos. Genauso wie alle Infos, um als digitaler Nomade gut anzukommen. Wer sich bei digitalnomads.startupmadeira.eu registriert, erhält ein Willkommens-E-Mail mit Links zu Visabestimmungen, Co-Working-Spaces, Fortbewegungsmitteln, Freizeitaktivitäten und Unterkunftsmöglichkeiten.
„Wir wissen, dass mindestens 12.000 Nomaden da waren“, so Vieira, man rechne aber mit deutlich mehr, die Initiative sei zum Selbstläufer geworden. Die meisten kommen aus den USA, Deutschland und Großbritannien. Sie haben sich mittlerweile auf der Insel verteilt, es gibt mehrere Communities und (Bezahl-)Co-Working-Spaces etwa in der Hauptstadt Funchal oder auf der Nebeninsel Porto Santo.
Laut Expertinnen der Arbeiterkammer sind drei Punkte relevant, damit österreichische Arbeitnehmer bei Homeoffice im EU-Ausland nicht steuerpflichtig werden:
Man muss einen Wohnsitz in Österreich haben. In dem Land, von dem aus man nun Homeoffice macht, darf man keinen Familienwohnsitz gründen. Der Dienstgeber darf dort ebenfalls keine Niederlassung haben.
Schließlich darf man nicht länger als 183 Tage im Kalender- oder Steuerjahr bleiben (das ist je nach Destination unterschiedlich geregelt), sonst sind Steuern fällig. Für Portugal – also auch Madeira - gilt das Steuerjahr, das läuft dort allerdings auch vom 1. Jänner bis 31. Dezember.
Wenn man also etwa Mitte Juli ankommt, kann man seinen Aufenthalt über ein halbes Jahr hinaus verlängern, denn am 1. Jänner beginnt man wieder neu zu zählen und kann noch einmal 183 Tage dranhängen.
1.800 Euro monatlich pro Nase
Doch es ist nicht günstig, sich hier einzurichten. Im Durchschnitt zahlen die Nomadinnen und Nomaden im Monat 1.200 Euro für die Unterkunft. Das ist mit ein Grund, warum Kelly (37) aus Toronto nur zwei Wochen in Ponta do Sol bleibt. Sie ist selbstständig, macht Forschungsarbeit und Projekte. Die Kanadierin wohnt in einem Hotel, das sich auf die arbeitenden Reisenden spezialisiert hat. „Es gibt eine Gemeinschaftsküche und einen Co-Working-Bereich“, erzählt sie.
Auch Yves (30) ist überrascht von den Wohnkosten, 2022 habe er noch die Hälfte bezahlt. Um die Kostenspirale zu stoppen, sieht man bei Startup Madeira Wohngemeinschaften als guten Ansatz: „Wir möchten, dass mehr davon entstehen“, betont die Madeirenserin. Die Zielgruppe zu halten, ist lohnend: Laut Vieira gibt ein digitaler Nomade rund 1.800 Euro pro Monat in Madeira aus. „Und das geht direkt an die Menschen vor Ort.“
Marlene Penz aus Madeira
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