Aufnahmetest Berufsfeuerwehr Wien: Warum ich die harte Prüfung nicht bestand

"Schau nicht nach unten", gibt mir Christoph Haas, Lehrgangsbetreuer bei der Berufsfeuerwehr Wien, noch als Tipp mit. Dann geht es los. Dreißig Meter in die Höhe mit der Drehleiter.
Das entspricht in etwa zwölf Stockwerken eines Hochhauses. Mit Sicherheitsgeschirr ausgestattet, klettere ich Sprosse für Sprosse in die Höhe, den Blick zielgerichtet nach oben.
Auf der letzten Etappe muss ich fast umkehren – eine Windböe bringt die Leiter ins Wanken und mich beinah an meine Grenze. Doch das Ziel ist zu nah: Noch zehn Sprossen, und ich habe den Rettungskorb erreicht.
„Super gemacht“, gratuliert mir ein Feuerwehroffizier. „Wer sich nicht ganz rauf traut, ist raus“, erklärt er, während wir mit der Leiter wieder langsam nach unten fahren.
Kaum festen Boden unter den Füßen wartet bereits die nächste Prüfung.
Mit Atemschutzmaske und Druckluftflasche soll ich durch einen engen, dunklen Käfig kriechen. Was nach Überlebenstraining ausschaut, ist beim Aufnahmeverfahren der Berufsfeuerwehr Wien Standard.

Dreißig Meter in die Höhe: Sprosse für Sprosse klettere ich in Richtung Rettungskorb
Vergangenes Jahr haben sich 300 Interessenten beworben. Darunter zehn Frauen – nur drei davon stellten sich auch wirklich den Tests. Aufgenommen werden jährlich rund 60 Anwärter.
Während die Polizei händeringend Nachwuchs sucht, muss die Feuerwehr selektieren. Dementsprechend streng und fordernd ist das Auswahlverfahren.
Die Ausfallsquote beim schriftlichen und körperlichen Test bei der Berufsfeuerwehr Wien liegt etwa bei 40%. Die Redakteurin hat die Tests gemacht - und ging dabei selbst oft an ihre Grenzen. Zur Reportage gibt es auch ein Video.
Beim schriftlichen Test werden sowohl Rechtschreibkenntnisse, logisches Denkvermögen als auch praktisch-technisches Verständnis abgeprüft. Wirklich gefürchtet ist aber der körperliche Eignungstest – selbst bei Sportbegeisterten.
Beim sogenannten Beugehang muss man sich 45 Sekunden lang mit dem Kinn über der Klimmstange halten. Eine Knockout-Prüfung, weiß Robert Brugger, Oberbrandrat bei der Berufsfeuerwehr Wien: „Der Großteil scheitert beim Beugehang.“

Der Großteil der Bewerber scheitert beim Beugehang
Eine reine Schikane also? „Nein“, erklärt er, „bei Einsätzen mit der Hakenleiter, einer gebogenen Leiter, mit der man über Balkone oder Fenster in die Gebäude einsteigen kann, klettern die Einsatzkräfte ungesichert bis in den dritten oder vierten Stock. Wenn man da abrutscht, muss man sich schon eine Zeit lang halten können.“
Feuerwehr Hakenleiter
Das gesamte Aufnahmeverfahren ist für Männer und Frauen ident. „Wir können keine Unterschiede machen. Das Werkzeug im Einsatz wiegt für beide dasselbe, und auch die Gefahren sind dieselben.“
Derzeit gibt es von insgesamt rund 1.800 Einsatzkräften bei der Berufsfeuerwehr Wien gerade einmal fünf Frauen. Wünschen würde man sich jedenfalls mehr, bestätigt Oberbrandrat Brugger. Warum sich so wenige bewerben? Darüber lässt sich nur spekulieren – vielleicht spielt die Familienplanung eine Rolle.
Daniel Kapuy ist seit zehn Jahren bei der Berufsfeuerwehr Wien. An seinen eigenen Aufnahmetest erinnert er sich noch genau: „Eine echte Herausforderung. An dem Tag hatte es dreißig Grad.“ Kapuy bereitete sich darauf sechs Monate lang intensiv vor.
Für mich geht es ohne Vorbereitung los, mit einem 3-km-Lauf. Kein Problem, denke ich. Vergesse aber das vorgesehene Zeitlimit von 15 Minuten. Fünf Minuten pro Kilometer, das sind im Durchschnitt zwölf km/h. Keine Chance.
Feuerwehr Aufnahmetest
So geht es auch bei der nächsten Station weiter: dem gefürchteten Beugehang. Mit meiner Körpergröße von 1,70 Metern erreiche ich die Klimmstange nur mit Unterstützung.
Ein beherzter Klimmzug, und das Kinn ist über der Stange. Doch schon merke ich, wie die Kraft schwindet. Ein bisschen noch, zwinge ich mich selbst zum Durchhalten, ehe ich mich fallen lasse.
„Super gemacht, 16 Sekunden, das schaffen nicht alle“, ruft mir einer meiner uniformierten Begleiter zu. Ich bin trotzdem enttäuscht, gefühlt waren es zehn Minuten. Von Übung zu Übung – darunter 75 Schrittwechselsprünge – schwinden meine Kräfte.
Nach zwei Stunden am Sportplatz bin ich körperlich am Ende. Dennoch stünden meine Chancen, aufgenommen zu werden, nicht schlecht, höre ich – mit besserer Vorbereitung und vorausgesetzt, ich kann beim bevorstehenden Probetag überzeugen.
Dafür geht es ins Feuerwehrausbildungszentrum in Floridsdorf. Auf insgesamt etwa 2.200 m2 kann dort so gut wie jeder Einsatz simuliert und geübt werden.
Auf dem nahe gelegenen Übungsgelände gibt es ein eigens errichtetes Trümmerhaus, um besonders realistische Szenarien darstellen zu können. Für die Bewerber geht es hier darum, mit Extremsituationen umzugehen.
Etwa wenn die Sicht eingeschränkt, die Luft knapp und der Platz eng ist. Und nicht zuletzt: Die Überwindung der Höhenangst. Immerhin: Diesen Test habe ich bestanden.
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