Warum Dienstrad, Obstkorb und Fitnessangebote am Arbeitsplatz oft versagen
 
            
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Der Job ist schuld an zu wenig Bewegung, schlechtem Schlaf und zu viel ungesundem Essen. Davon ist jeder Fünfte überzeugt, zeigt eine neue, groß angelegte Lifestyle-Studie von zwei Marktforschern, die soeben veröffentlicht wurde.
Unternehmen hätten eine große Hebelwirkung, die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu verbessern, ist Charlotte Hager, Studienautorin von comrecon bei der Präsentation der Ergebnisse überzeugt. „Die Arbeit könnte ein Wirkfeld sein, um das Thema Gesundheit anzugehen“, sagt sie. Denn der Gesundheitszustand der Österreicher ist verbesserungswürdig.
Gesund fühlt sich nur ein Drittel der über 2.000 Befragten. „Der Bewegungsapparat ist das Krankheitsbild, das am stärksten ausgeprägt ist“, sagt Hager. Körperlich tätig werden trotzdem zu wenige: Jeder Dritte bewegt sich weniger als fünf Stunden die Woche – kurze Spaziergänge, Gassi-Runden mit dem Hund und Erledigungen ohne Auto inklusive. „Das ist ein Punkt, wo man sehr leicht ansetzen kann“, sagt Co-Autor Thomas Schwabl von Marketagent und sieht auch Unternehmen in der Pflicht, aktiv zu werden. Doch wie?
 
            
            
            Gym, Obst, Rad umsonst
„Die Bedeutung des Arbeitsplatzes halte ich für absolut immens“, sagt der deutsche Mediziner und Bestsellerautor Jochen Werner in Bezug auf einen gesünderen Lebensstil. Werner ist vergangene Woche als Panel-Teilnehmer zur Studienpräsentation nach Wien ins Biogena Plaza geladen. Ein Verfechter von betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) ist er jedoch nicht – im Gegenteil. Er beschreibt es als „abtörnend“, nicht zuletzt weil Angebote wie Fitnesscenter-Mitgliedschaften, die Obstschale im Meeting-Raum, das Dienstrad oder höhenverstellbare Schreibtische zwar gut gemeint sind, aber oft nicht wirken. Das bestätigt auch ÖAMTC-Personalmanager Herwig Kummer und sagt: „Wir haben relativ früh gelernt, dass wir mit BGM-Maßnahmen nichts erreichen.“ Warum das so ist?
Weil das Gesundheitsthema viel komplexer ist, sagt Jochen Werner. Man könne sich nicht darauf ausruhen, etwas anzubieten oder anzuordnen. „Wir haben einen großen Erklärungsbedarf“, führt er aus. Man müsse den Menschen vermitteln, wo genau der Mehrwert liege, sich zu verändern und mehr für die eigene Gesundheit zu tun. „Führung ist dabei für mich ein riesiges Thema“, sagt der Mediziner. „Es ist ganz wichtig, dass man als Führungskraft mit gutem Beispiel vorangeht.“
Will man, dass die Belegschaft das Fitnessangebot nutzt, wird auch die Chefin oder der Chef dort regelmäßig einkehren müssen. Im besten Fall nimmt die Führungskraft Mitarbeitende mit, trainiert gemeinsam und ermutigt das Team die (hoffentlich positive) Erfahrung an andere weiterzugeben, rät der Mediziner.
 
            
            
            „Es geht darum, gemeinsam etwas aufzubauen. Und nicht darum, einfach ein Dienstrad hinzustellen und dann, wenn es nicht genutzt wird, zu sagen: Sie sind unfähig, Sie wollen ja gar nicht gesund werden, was sollen wir sonst noch machen?“
Herwig Kummer vom ÖAMTC teilt diese Erkenntnis. Will man ein gesünderes Team, müsse dieses gemeinsam daran arbeiten, zeigt ihm die Praxis. Als die Wurstsemmeln in Meetings mit Obstkörben getauscht wurden, hat keiner zugegriffen. Als aber an den ÖAMTC-Stützpunkten zur Mittagspause gemeinsam gekocht und mehr Gemüse in die Ernährung integriert wurde, waren (fast) alle an Bord. „Durch die Gruppe ist da etwas passiert, was wir mit Einzelnen nie geschafft hätten“, sagt Kummer. Marktforscherin Charlotte Hager ergänzt: „Das soziale Umfeld hat einen signifikanten Einfluss auf das Verhalten. Deswegen sehe ich überall dort eine Chance, wo Gruppierungen und Teams sind.“
Die Letztverantwortung liegt jedoch immer beim Einzelnen, einen Weg zum gesünderen Leben einzuschlagen, sind alle Teilnehmer des Pressetermins überzeugt. Herwig Kummer: „Man muss in die Eigenverantwortung kommen und dafür können wir als Arbeitgeber werben. Nicht mehr, nicht weniger.“
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