Keine Maschinen
Schon Monate vor dem Wettbewerb werden die Teilnehmenden, wie Spitzensportler, gezielt darauf vorbereitet, nicht nur mit Stress umzugehen, sondern gerade in Ausnahmesituationen punktgenau abzuliefern. Wobei Simonitsch betont, dass es nicht darum geht, „aus Menschen Maschinen zu machen“. Teilnehmer aus China würden etwa bis zu vier Jahre von ihrer Arbeit freigestellt, um für den Wettkampf zu trainieren. „Das gibt es bei uns nicht. Wir wollen Leidenschaft hervorzaubern und hoffen, dass die Teilnehmer etwas fürs Leben mitnehmen können, nicht nur für den Wettbewerb. Das ist viel mehr wert als jede Medaille.“
Doch wie genau sieht diese Vorbereitung aus, abseits von Strategie und Taktik? „Es beginnt mit guten Gewohnheiten, wie dem regelmäßigen Wassertrinken“, sagt Manfred Simonitsch. Immerhin würden zwei Prozent Wasserverlust zwanzig Prozent Leistungsverlust bedeuten. „Solche Kleinigkeiten können bei einem Wettbewerb entscheidend sein.“
Neben grundlegenden Routinen spielt aber vor allem auch der mentale Fokus eine zentrale Rolle: „Man muss gut drauf sein. Je besser wir bei uns selbst bleiben und uns wirklich auf das konzentrieren können, was wir gerade tun, desto leichter fällt es uns“, erklärt der Mentaltrainer. Dann sei man im sogenannten „Working Mind“, einer mentalen Verfassung, in der man ganz bei der Sache ist – im Gegensatz zum „Thinking Mind“, in dem man grübelt und überdenkt, gedanklich in der Zukunft oder Vergangenheit hängt.
Nie ohne Teamgeist
Das gelingt jedoch nicht im Alleingang. Um in den „Working Mind“-Zustand zu kommen, braucht es auch Vertrauen – vor allem ins Team. Heißt: Um sich wohlzufühlen, müssen die Teilnehmenden wissen, wer ihre Kollegen, Experten und die Organisatoren sind, erklärt der Trainer. Genau da setzen die Team-Seminare an.
„Wer weiß, wie der andere tickt und wen man vor sich hat, kann besser miteinander umgehen“, ist sich Simonitsch sicher. Deswegen sollen sich Experten und Teilnehmende bei den Seminaren besser kennenlernen. „Sie spielen gemeinsam Tischtennis, kochen und machen Übungen, die das Teamgefühl stärken sollen“, berichtet der Experte. Auch der berühmt-berüchtigte Team-Austria-Teamspruch entsteht bei diesen Seminaren. „Dieser Spruch wird zu ihrem Ritual, ihrem Mantra. Er setzt den Ton, schweißt sie zusammen und sorgt für eine gute Stimmung.“
Alles ist relativ
Doch was tun, wenn trotz Vorbereitung plötzlich alles schiefläuft? Auch darauf hat Simonitsch eine klare Antwort: Relativieren. „So schafft man Distanz und Ruhe, um klarer denken zu können.“ Diesen Rat hat sich ein ehemaliger Teilnehmer vor einigen Jahren besonders zu Herzen genommen – und damit für einen Moment gesorgt, den Simonitsch nie vergessen wird.
Es geschah während der Berufsbewerbe in Graz. Ein junger Glasbautechniker war nur noch vier Stunden vom Ende des Bewerbs entfernt. Und dann passierte es: Er zertrat versehentlich seine Glasbauvitrine. „Zwei Tage Top-Performance waren dahin“, erzählt Simonitsch. Statt in Panik zu verfallen, überraschte der Teilnehmer mit Coolness. Er ging drei Meter zurück und atmete tief durch. „Er überlegte, was er tun würde, wenn ihm so etwas bei einem Kunden passiert wäre.“ Die Antwort war einfach: das Zerbrochene zusammenkleben. „Damit hat er sich den Rest der Zeit beschäftigt. Und weil er davor schon viele Punkte sammeln konnte, gewann er trotzdem Gold“, so Simonitsch.
„Jeder hat einmal ein Tief. Es ist kein Problem, hinzufallen. Die Kunst ist, wieder aufzustehen“ – ein Tipp, den man auch im Alltagsstress sehr gut gebrauchen kann.
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