Ein (Motivations)Tanz als Ritual
Leber hat seine Wurzeln im Sport und schöpft dort Inspiration für die Businesswelt. In beiden Bereichen gehe es darum, sich Ziele zu setzen und konsequent darauf hinzuarbeiten. „Und wie beim Training für einen Marathon läuft nicht immer alles nach Plan. Strategien müssen angepasst, nachgeschärft werden. Manchmal braucht es andere Lösungen, um ans Ziel zu kommen“, so der Coach.
Hier kommen Rituale ins Spiel. Sie helfen dabei, wieder auf Kurs zu kommen, und heben die Stimmung, wenn etwas aus dem Ruder läuft, sagt er. „Aus Ritualen kann man Energie und Motivation gewinnen, um in den Idealzustand zurückzufinden und Bestleistungen abzurufen.“
Deshalb sollten Rituale immer auch einen emotionalen Faktor haben – etwas, das Menschen mitreißt und bewegt. Als Beispiel nennt er den traditionellen Tanz der Māori aus Neuseeland. Auf sozialen Plattformen wurde das neuseeländische Rugby-Team, die „All Blacks“, für ihre Tradition weltweit bekannt: Vor jedem Spiel tanzen sie den „Haka“ und motivieren damit nicht nur sich selbst, sondern oft auch das gesamte Stadion. Doch wie lässt sich so etwas auf den Arbeitsalltag übertragen?
Routine vom ersten Arbeitstag an
Ronny Leber sieht bereits den ersten Arbeitstag als idealen Zeitpunkt, um ein Ritual zu starten. Die US-amerikanische Landtechnikfirma John Deere habe das gut umgesetzt, meint er. Vom ersten Moment an werden neue Mitarbeitende aktiv in die Firmenkultur eingebunden. Mit persönlichen Willkommensschildern und einem „Buddy“, der sie durch den ersten Tag begleitet. „Von Tag eins an wird klar kommuniziert: Hey, du bist uns wichtig.“
Wer Rituale nicht nur im Onboarding integrieren will, könnte, wie die Hotelkette Ritz-Carlton, in die Alltagsroutine eingreifen. Dort ist etwa das tägliche „Line-up“ ein Bestandteil des Tagesablaufs: In einem kurzen Meeting werden Erfolgsgeschichten geteilt und die Unternehmenswerte thematisiert. Oder man macht es wie die Softwarefirma HubSpot und feiert im Team jeden neugewonnenen Kunden mit einem „Champagner-Moment“. „Diese authentische, individuelle Wertschätzung, vor allem seitens der Führungskraft, ist unglaublich wertvoll“, sagt Leber. Fehlt sie, seien Mitarbeitende über kurz oder lang weg.
Welche Rituale lieblos und überholt wirken
Rituale sind seiner Meinung nach auch ein entscheidender Faktor für die Mitarbeiterbindung. Das anfangs erwähnte Mittwochsschnitzel reiche deswegen nicht aus. „Das fällt in die gleiche Kategorie wie der Obstkorb. Solche generischen Maßnahmen gelten heute als selbstverständlich und werden oft als lieblos empfunden“, so Leber.
Ähnlich kritisch sieht er auch Rituale, die zwar fest in der Alltagsroutine verankert sind, aber längst keinen Sinn mehr erfüllen. „Ich denke da an Morgenmeetings, an denen alle teilnehmen müssen, obwohl nichts Wichtiges besprochen wird oder nichts Konkretes vorangeht. Man sitzt einfach seine Zeit ab, weil es zur Gewohnheit geworden ist.“ Für Ronny Leber steht bei der Ritualsuche deshalb nicht das Wie, sondern das Warum im Mittelpunkt. „Was ist die Intention hinter einer Routine? Was will man damit erreichen?“
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