Karrieretipps aus NYC: Wie Bernie Weiss COO eines Radiogiganten wurde

Mit Ende zwanzig könnte man denken, ist Bernhard Weiss bereits ganz oben auf der Karriereleiter angekommen. Er ist Co-Gründer und Kaufmännischer Geschäftsführer von kronehit. Ein Radiosender, der 2001 seinen Sendebetrieb aufnimmt und laut damaliger Aussendung „in einer Rekordzeit von nur drei Monaten aus dem Boden gestampft wurde.“ Das Ziel ist, das stärkste Privatradio Österreichs zu werden. Um das zu erreichen, holen sich die Geschäftsführer Bernd Sebor und Bernhard Weiss Expertise aus dem Ausland – amerikanische Consultants, für die der österreichische Radiomarkt vergleichsweise mikroskopisch ist.
Mit jedem Gespräch, das Weiss mit den Consultants führt, kommt er zunehmend ins Grübeln. Ist der österreichische Radiomarkt groß genug für ihn, oder soll er es den Amerikanern gleichtun und sich trauen, groß zu träumen? Lange überlegt hat er nicht. Aus Bernhard Weiss wird Bernie Weiss. Er zieht in die USA – ohne Jobangebot. Nur hat dort niemand auf den Radio-Manager aus Österreich gewartet.
Bei den Großen mitspielen
„Es hat überhaupt nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe“, erzählt Bernie Weiss, als ihn der KURIER per Videotelefonat mit sechs Stunden Zeitunterschied in New York erreicht. „Ich habe gedacht, ich bekomme in Amerika sicher einen Geschäftsführerjob. Dann hat sich innerhalb eines Monats herausgestellt, das ist absolut unmöglich.“ Als Nächstes versuchte er es als Verkaufsleiter. Auch hier: Fehlanzeige. „Long Story Short: Ich habe dann als Junior Verkäufer angefangen“, sagt er. Ganz unten in der Hierarchie, mit Kaltakquise und einem entsprechenden Gehalt.
Es war hart, erinnert er sich. Nur hätte er das nicht gemacht, sagt er, wäre er nie da, wo er jetzt ist. Wo genau? In der Chefetage des größten Radiounternehmens (nach Reichweite bemessen) der Welt. Seit Juli ist Bernie Weiss offiziell Chief Operating Officer (COO) bei iHeartMedia, dessen CEO Bob Pittman u. a. MTV gründete. Weiss verantwortet in seiner neuen Rolle 870 Radiostationen mit 10.000 Angestellten sowie das Podcast- und Eventgeschäft. Rund zwanzig Jahre hat es gedauert, dorthin zu gelangen. Die Karriereschritte waren klein, aber kontinuierlich. „Im Schnitt bin ich alle drei Jahre aufgestiegen“, sagt er. „Will man Erfolg haben, gibt es in den USA bis heute viele Optionen und Möglichkeiten“, so der COO. Allerdings müsse man mehr denn je bereit sein, abzuliefern.
Nicht Träumen, arbeiten
Hierarchieebenen sind auch in den USA ordentlich ausgedünnt worden, erzählt Weiss: „Man macht halt einen Job, den früher drei unterschiedliche Personen gemacht haben. Da ist Amerika wahrscheinlich das Paradebeispiel dafür.“ Ein weiterer wichtiger Karrierefaktor in den USA, der in Österreich oft nur vom obersten Management abverlangt wird: geografische Flexibilität. Für einen Job mit der ganzen Familie umziehen, wäre eine völlig normale Sache, sagt Weiss. Auch er selbst wäre überall hingegangen. Dass es New York wurde, war reines Glück.
Eine Stadt, in der viele groß träumen, bereit sind, Risiken auf sich zu nehmen, und „let’s do it“ (Wir machen das, Anm.) zu sagen, „statt zwei Monate über etwas zu diskutieren“. Jedoch würde selbst in den USA die Lust abnehmen, in der oberen Managementliga zu spielen, beobachtet Weiss. „Es gibt den Begriff ‚individual contributor’, also jemand, der nur für sich selbst verantwortlich ist“, erzählt er. „Das ist definitiv ein Trend und meiner Ansicht nach ein Problem.“ Für Führungskräfte würde es zunehmend schwieriger werden Karrierepläne für ihr Team zu erstellen und es zu motivieren, insbesondere in Zeiten, in denen mehr Einsatz bzw. die altbekannte Extrameile gefordert ist.
Bernie Weiss ist seit 2004 beim Radiokonzern iHeartMedia mit einem Gesamtumsatz von rund vier Milliarden Dollar. 2022 wurde er vom „Radio Ink“-Magazin zum US Radio Manager des Jahres ernannt.
Karriereschritte
Bevor Weiss dort COO wurde, war er Division President. In Österreich war er bis 2002 für die Mediaprint-Radios tätig. U. a. war er Gründungsgeschäftsführer von kronehit. Nach dem Studium arbeitete er bei Andersen Consulting (heute Accenture).
Einen riesigen Tanker wie iHeartMedia in Bewegung zu setzen, ist nämlich auch für ein Unternehmen mit amerikanischem „Spirit“ eine Herausforderung. „Man kann nicht ganz schnell nach links oder nach rechts drehen. Einen Wandel herbeiführen, kann man nur über die Mitarbeiter. Aber man muss sichergehen, dass alle an Bord sind und genau wissen, wo wir hinwollen.“ Das Audio-Geschäft wäre aktuell besonders gefordert. Podcasts wachsen rasant, Radio stagniert, ist aber immer noch unangefochten auf Platz eins in der Nutzung. Jetzt gilt es Kunden und Mitarbeiter mitzunehmen, weiß der COO, dessen allererster Karriereschritt ihn genau auf diesen Moment vorbereitet hat.
Denn noch bevor Bernie Weiss Radiomanager wurde, war er Consultant bei einer Beratungsfirma. Konkret war er Change Manager, dessen Spezialgebiet der strategische Weitblick in Umbruchphasen ist. Zwei Jahre hat er diesen Job nach dem Studium gemacht. Gemocht hat er ihn nicht, aber gebracht hat ihm die Erfahrung letztlich mehr, als er geahnt hätte.
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