Auf Erasmus daheim: So soll das Förderprogramm inklusiver werden

Auf Erasmus daheim: So soll das Förderprogramm inklusiver werden
Für ein Erasmus-Semester muss man nicht mehr zwingend in eine andere Stadt. Alternative Modelle sollen das Programm inklusiver machen.

Eigentlich wollte Susanna Simon, Studentin an der FH Joanneum Bad Gleichenberg, ihr Auslandssemester in Kanada verbringen. Covid-19 machte ihr einen Strich durch die Rechnung, pandemiebedingt sprang die Partneruniversität in Calgary ab. Kurzzeitig schien der   Auslandsaufenthalt unmöglich. „Dabei war es schon seit Jahren mein Traum für ein Semester ins Ausland zu gehen“, erzählt sie. 

Ihren Traum wollte sie nicht so schnell aufgeben. „Ich habe mich immer wieder erkundigt und ein Semester später hieß es vonseiten der FH, dass wieder die Möglichkeit bestünde, ein Auslandssemester zu machen, wenn man sich selbst um eine Partneruni kümmert. Das habe ich gemacht und so bin ich auf die Universität Kopenhagen Business gestoßen, die bereit war, mich aufzunehmen.“ 

Online-Unterricht im Ausland

Simon konnte sich ihren Traum also doch noch erfüllen, auch wenn sie sich ihr Auslandssemester anders vorgestellt hat. Kurse, Lehrveranstaltungen und auch die anfänglichen Treffen mit Studienkollegen fanden hauptsächlich online statt, die Uni habe sie nur ein einziges Mal von innen gesehen. „ Ich wollte mir diese Erfahrung in einem anderen Land zu leben, einfach nicht nehmen lassen. Aber genau genommen stimmt es, ich hätte das Auslandsstudium auch von zuhause aus machen können.“

Denn das, was Erasmus ausmacht, nämlich andere europäische Länder und Kulturen kennen lernen, seine Sprachkenntnisse aufbessern und Freundschaften aus aller Welt zu schließen, verträgt sich nicht besonders gut mit einer Pandemie.

Nachfrage ist ungebrochen

Das weiß auch Gerhard Volz, Leiter der Abteilung „Internationale Hochschulkooperation“ beim OeAD.   Er schätzt, dass aufgrund der Pandemie im Studienjahr 2020/21 rund 40 Prozent weniger Studierende das Programm genutzt haben. „Auch weil am Beginn der Pandemie große Unsicherheit herrschte.“ Mittlerweile habe sich das wieder normalisiert. „Und der Wille und die Nachfrage nach einem Auslandssemester  sind ungebrochen.“ 

Neue Zielgruppen ansprechen

Das ist auch der Grund, warum das Erasmus-Programm in den kommenden sieben Jahren ausgeweitet werden soll. 26 Milliarden Euro werden dafür europaweit zur Verfügung stehen und virtuelles Lernen wird eine zentrale Rolle spielen. „Unter dem Namen Blended Mobility soll es künftig beispielsweise die Möglichkeit geben, Teile des Aufenthalts virtuell an einer ausländischen Universität zu studieren, ohne dafür  in eine  andere Stadt ziehen zu müssen. Damit sollen  Studierende erreicht werden, bei denen ein langer Auslandsaufenthalt aufgrund ihrer Lebensumstände nicht möglich ist“, erklärt Volz.  

Universitäten sind zufrieden

Konkret bietet das Programm  künftig beispielsweise die  Möglichkeit zur Teilnahme an einem der Erasmus Blended Intensive Programme, eine Art Sommerschule, die auf Kurzzeitmobilität abzielt. „Die Kurse finden zunächst online statt, für zwei oder drei Wochen trifft sich die Gruppe aber in einer Stadt zum gemeinsamen Austausch. Den Abschluss macht man dann wieder virtuell im jeweiligen Heimatland“, sagt Volz. Das solle etwa Berufstätige ansprechen, die nicht monatelang wegkönnen. 

Insgesamt wolle man mit Erasmus+ dem Programm seine oft vorgeworfene Exklusivität nehmen. Die Universitäten jedenfalls hätten positiv auf die neuen Möglichkeiten  reagiert. Wie es bei den Studierenden ankommt, wird sich zeigen. Der Startschuss fiel erst am 1. September.  

Unvergessliche Erfahrung

Susanna Simon würde jedem eine solche Reise empfehlen: „Auch wenn ich einige Umwege in Kauf nehmen musste, die persönlichen Erfahrungen waren enorm wertvoll.“  

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