Junge-Industrie-Chefin für Frauenquote und gegen "Herdprämie"

Seit Ende Februar ist Julia Aichhorn Bundesvorsitzende der Jungen Industrie. Im Hauptberuf ist sie u.a. Chefin der steirischen Dr. Aichhorn Group. Das Unternehmen ist Weltmarktführer beim Bau von Hochdruck-Anlagen und Hochdruck-Komponenten, in denen flüssige Stoffe unter Hochdruck transportiert werden. Der KURIER befragte sie zur aktuellen wirtschaftspolitischen Lage.
Die SPÖ rückt nach links. Wie geht es Ihnen als Unternehmerin damit?
Zunächst muss man einmal abwarten. Natürlich sind die Themen Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, 32-Stunden-Woche und Vier-Tage Woche problematisch. Aber grundsätzlich sollte jeder am tatsächlichen Programm gemessen werden.
Die 32-Stunden-Woche ist aber fix ein Steckenpferd des neuen SPÖ-Chefs.
Wir haben nur gleichzeitig einen Fachkräftemangel. Und dann sollen die derzeit Beschäftigten auch noch weniger arbeiten? Damit verteuern wir den Faktor Arbeit massiv und erhöhen künstlich den Druck auf den Wirtschaftsstandort. Wir müssen international aber wettbewerbsfähig bleiben. Wenn nicht, wird sich das von allein erledigen.

Julia Aichhorn mit KURIER-Wirtschaftschef Wolfgang Unterhuber
Die Industrie-Unternehmer könnten den neuen SPÖ-Chef bei seiner angekündigten Österreich-Tournee doch in ihre Betriebe einladen.
Es hätte sicher einen Vorteil, wenn sich Politiker einmal in die Realität trauen.
Wäre eine Erbschaftssteuer nicht fair? Junge Leute, die ein Haus oder eine Wohnung erben, haben gerade jetzt einen großen Startvorteil, weil sie keine Miete oder hohe Wohnbauzinsen zahlen müssen.
Das Projekt Erbschaftssteuer ist ja schon einmal gescheitert. Der bürokratische Aufwand ist enorm. Und ob dann das Saldo positiv für die Republik ausgeht, sei dahingestellt. Außerdem glaube ich auch, dass Kinder nicht dafür bestraft werden sollten, wenn ihre Eltern etwas für sie angespart haben.
In der SPÖ streben viele Entscheidungträger eine Ampel-Koalition wie in Deutschland an. Wie sehr fürchten Sie eine solche Regierung?
Ich fürchte mich vor keiner Regierung. Und vorher muss einmal gewählt warden.

Julia Aichhorn über Robert Habeck: "Zuerst denken, dann reden"
Von Wahlerfolgen der Kommunisten und der FPÖ bis hin zu SPÖ-Parteitagen: Wurden Sie im Ausland in letzter Zeit oft darauf angesprochen?
Ja, hin und wieder. Aber eher aus einer gewissen Kuriosität heraus.
Wahrscheinlicher als eine Ampel ist ohnedies eine neuerliche FPÖ-Regierungsbeteiligung. Hat die FPÖ überhaupt eine Wirtschaftskompetenz?
Da hängt von den handelnden Personen ab, aber auch hier interessiert mich eigentlich nur das Ergebnis. Wobei ich schon sagen muss, dass ich die Entwicklung in Salzburg für bedenklich halte.
Julia Aichhorn (36) hat in Wien das Volkswirtschafts- und Forstwirtschaftsstudium absolviert. Sie ist Geschäftsführerin der Dr. Aichhorn Group mit derzeit 420 Beschäftigten in Kapfenberg und Hönigsberg sowie Gloggnitz, Attnang-Puchheim und Graz.
Unter anderem ist das Unternehmen aus der Maschinen- und Metallbaubranche Weltmarktführer beim Bau von Hochdruck-Anlagen und Hochdruck-Komponenten.
Außerdem ist sie seit 2020 in der Geschäftsführung der GIG Karasek GmbH tätig. Seit vier Jahren ist sie Chefin der Jungen Industrie Steiermark, seit vergangenen Februar ist sie Bundesvorsitzende.
Was meinen Sie konkret?
Die Herdprämie für Frauen, die zu Hause bei den Kindern bleiben sollen. Das ist wirklich aus dem vergangenen Jahrhundert. Wir sind aber im 21. Jahrhundert. Wir sollten Frauen stattdessen endlich gleiche Chancen einräumen, echte Wahlfreiheit fördern und Kinderbetreuungsplätze ausbauen. Abgesehen davon: Das Angebot von Arbeitskräften künstlich zu verringern, ist kein gutes Signal.
Ihr Unternehmen ist im Maschinen- und Anlagenbau tätig. Ist die Lieferkettenkrise vorbei?
Die Lage entspannt sich merklich.
Und die Energie- und Gaskrise?
Da sollte man sich nicht zu früh freuen. Der nächste Winter kommt bestimmt. Und was, wenn im kommenden Jahr die Gaslieferungen aus der Ukraine aufhören? Denn da laufen die Verträge für Russengas-Lieferungen durch die Ukraine aus.
Zur Not schaltet man dann die Industrie ab, hat Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck dieser Tage dazu gesagt.
Ja. Und ich würde dazu sagen: Zuerst denken, dann reden.
Video: Hier geht es zum ausführlichen Gespräch mit Julia Aichhorn
Wie versorgen Sie Ihr Unternehmen energietechnisch?
Mit Photovoltaikanlagen und auch noch mit Gas.
Haben Sie Probleme, gutes Personal zu kriegen?
Es ist generell sehr schwer, gute Leute zu finden. Wir konnten bis jetzt aber jede Position besetzen.
Sie haben in der Fertigung eine Frauenquote von 20 Prozent. Das ist für einen Industriebetrieb eher ungewöhnlich.
Ja. Wir sind durchschnittlich ein sehr junges Team. Und wir bieten glaube ich gute Möglichkeiten, welche die Vereinbarkeit von Job und Familie erlauben.

Was halten Sie von einer Frauenquote in den Führungsetagen?
Mittlerweile glaube ich, dass eine Frauenquote ein notwendiges Übel ist. Denn ohne Frauenquote haben wir es nicht geschafft, dass sich großartig etwas ändert.
Wir haben von Lieferketten gesprochen. Was halten Sie vom EU-Lieferkettengesetz, das die Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten verpflichtet?
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie das kontrolltechnisch möglich sein soll. Natürlich ist es wichtig, dass wir ethische Normen und Regeln einhalten. Ja, wir können unsere wichtigsten Lieferanten kontrollieren. Das tun wir großteils sowieso schon. Aber ich sehe da die Gefahr, dass wir uns aus diversen politischen Motiven heraus als Standort Europa das Leben selbst massiv schwer machen. Am Ende des Tages gibt es dann nur zwei Möglichkeiten….
Welche?
Entweder unsere Produkte werden teurer und das zahlt dann am Ende der Kunde oder es gibt uns nicht mehr.
Sie haben ja als Chefin der Jungen Industrie viel mit der Politik zu tun. Kommt in der Politik Ideologie vor wirtschaftlichem Verständnis?
Definitiv.
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