Draghi "zuversichtlich" für Deal zwischen Rom und Brüssel

Draghi "zuversichtlich" für Deal zwischen Rom und Brüssel
Ansteckungseffekte durch Italien gibt es, sind aber limitiert. EZB will Anleihenkäufe unverändert Ende 2018 auslaufen lassen.

Die Regierung in Rom darf sich keine Schützenhilfe von ihrem Landsmann in Frankfurt erwarten, um die Zinskosten auf die Staatsschulden niedrig zu halten: Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt weiterhin zum Jahresende 2018 den Stopp neuer Anleihenkäufe an. Ein formaler Beschluss zum Auslaufen des milliardenschweren Programms zum Erwerb von Staats- und Unternehmenspapieren wurde nach der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag in Frankfurt zunächst aber nicht verkündet.

Es sei kein Thema, ob er Sympathien oder Verständnis für die Budgetpläne der italienischen Regierung hegt, sagte EZB-Chef Mario Draghi im Rahmen der Pressekonferenz: "Die Europäische Kommission ist Hüterin des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, nicht die EZB." Er persönlich sei "zuversichtlich", dass es eine Einigung zwischen Rom und Brüssel über das italienische Budget geben wird. Auf die Nachfrage, warum er "sehr zuversichtlich" sei und mehr wisse als wir, antwortete Draghi: "Ich habe zuversichtlich gesagt, nicht sehr zuversichtlich." Er wisse nicht mehr, als alle anderen Beobachter, aber vertraue auf guten Hausverstand.

Draghi wies auf die allmählich steigenden Zinsen für Haushalte und Firmen hin. Das werde die Kreditvergabe und die Wachstumsaussichten beeinflussen. "Der Spielraum, um die Budgets auszuweiten, wird dadurch geringer." Ansteckungseffekte für andere Nicht-Kernländer der Eurozone (gemeint sind Portugal und Spanien) durch die italienischen Turbulenzen seien schwierig von länderspezifischen Gründen zu unterscheiden. Draghis Einschätzung: "Es gibt diese Ansteckungseffekte, sie sind aber begrenzt."

Risiko für Italiens Banken

Befragt danach, ob Italiens Banken bei einem Zinsaufschlag von 400 Basispunkten (4,0 Prozentpunkte) gegenüber deutschen Anleihen Probleme bekommen werden, wie manche Analysten behauptet, konterte Draghi: "Ich habe keine Kristallkugel. Ob 300 oder 400 Basispunkte oder was auch immer: Was man mit Sicherheit sagen kann: Wenn diese Anleihen in den Büchern der Banken an Wert verlieren, dann nagen sie die Kapitalausstattung dieser Banken an." Das verteuere auch die Refinanzierungskonditionen dieser Institute und führe somit zu schwierigeren Bedingungen der Kreditvergabe.

Im Falle von weiteren Downgrades der italienischen Staatsanleihen auf Ramschstatus könnten diese Papiere nicht mehr bei der EZB als Sicherheit hinterlegt werden. Draghi bestätigte, dass es diese Regel gilt und diese in Kraft treten könnte, wollte aber nicht darüber spekulieren, ob die Notenbanker den Finanzhäusern dann entgegen kommen könnten.

Draghi sieht zwar eine generelle Abschwächung des Wachstums im Euroraum. Dafür gebe es allerdings viele unterschiedliche Gründe, die für sich genommen noch keine Kursänderung der EZB rechtfertigen würden. "Ja, wir sehen schwächeres Momentum, ja, wir sehen schwächere Umfragedaten. Aber ist das genug, um unser Basisszenario anzupassen? Die Antwort ist: Nein."

Das Volumen der monatlichen Anleihenkäufe hatte die Notenbank von Oktober an auf 15 Milliarden Euro halbiert. Vor allem aus Deutschland gibt es viel Kritik an dem Programm. Eine abrupte Kehrtwende nach Jahren im Anti-Krisen-Modus ist von der Notenbank nicht zu erwarten: Den Leitzins im Euroraum hält die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, Geschäftsbanken bekommen somit Zentralbankgeld weiterhin zum Nulltarif.

Zinswende frühestens Herbst 2019

Die Wende hin zu höheren Zinsen wollen die Währungshüter frühestens im Herbst 2019 einläuten. Der EZB-Rat bekräftigte seine Einschätzung, dass die Zinsen bis "mindestens über den Sommer 2019" auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Möglicherweise läutet also erst der Nachfolger von EZB-Präsident Mario Draghi die Zinswende ein. Die achtjährige Amtszeit des Italieners läuft Ende Oktober 2019 aus.

Volkswirte rechnen damit, dass die EZB in einem ersten Schritt zunächst die Strafzinsen für Kreditinstitute verringern wird. Derzeit sind für geparktes Geld bei der EZB 0,4 Prozent Strafzinsen fällig.

Sparer müssen sich noch gedulden, ehe es wieder höhere Zinsen gibt. Weil zugleich die Inflation tendenziell wieder anzieht - im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im September um 2,1 Prozent über dem Vorjahresniveau - verlieren Sparer auf mickrig verzinsten Tages- oder Festgeldkonten bares Geld. Andererseits profitieren beispielsweise Hausbauer von vergleichsweise günstigen Kreditkonditionen.

Auslaufende Anleihen werden reinvestiert

Am Anleihenmarkt wird die EZB noch lange ein großer Spieler bleiben, denn Gelder aus auslaufenden Papieren werden wieder investiert. Seit Beginn des Kaufprogramms im März 2015 bis Ende September 2018 hat die EZB Wertpapiere im Gesamtwert von mehr als 2,5 Billionen Euro gekauft.

Ziel ist, auf diesem Weg der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge zu helfen und zugleich die zwischenzeitlich bedenklich niedrige Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die EZB Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das könnte die Konjunktur bremsen.

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