Umweltbewusstes Wohnen am Wasser: Neue Stelzenhäuser

Seehütte direkt am Neusiedlersee mit Boot, das vor der Terrasse ankert: seehuette-neusiedlersee.at
Wenn das Licht am frühen Sommerabend das Wasser streift, beginnt das Haus zu leuchten. Dann scheint es zu schweben, getragen von filigranen Stahlstelzen, mit großen offenen Glasfronten. „Haus am See“ nennt sich das Paradebeispiel eines ufernahen Stelzenbaus, entworfen vom Berliner Architekten Carlos Zwick für seine Familie. Es liegt bei Potsdam, aber sein architektonisches Echo reicht über die Grenze hinein in Österreichs Fluss- und Seenlandschaft, wo Uferzonen heute neu belebt werden und moderne Architektur selbst das Wasser nicht scheut. Das „Haus am See“ wurde mit mehreren Awards ausgezeichnet – nicht für Opulenz, sondern für die Haltung dahinter, als bauliches Statement im Sinne der Naturnähe und Nachhaltigkeit.

Haus am See, Potsdam: Durchdacht, reduziert, nachhaltig: Carlos Zwick schuf ein Stelzenhaus aus Holz und Stahl, das bereits mehrfach prämiert wurde. carlos-zwick.de
Was Architekt Zwick dort realisiert hat – eine Architektur, die sich nicht vordrängt, sondern Platz lässt – findet am Mattsee seine österreichische Entsprechung. „Wir wollten kein übliches Hotel bauen, sondern einen Ort für Ruhe, Rückzug und Einfachheit“, sagt Norbert Kraihamer, früherer Marketingchef von Red Bull und Initiator des Projekts „Das Seehäuser“.
Auf den ersten Blick wirken die kleinen Häuser des Boutique-Hotels fast unscheinbar: zurückhaltende Fassaden, flache Silhouetten, konstruiert auf kleinen Stelzen alias Schraubfundamente.

Stelzen in Form von Schraubfundamenten
Doch dahinter liegt ein smartes Konzept. Gebaut wurde mit Vollholz und über 90 Prozent Recyclinganteil. Beton kam keiner in den Boden, versiegelt wurde nichts. „Die Energie stammt aus Solarpaneelen, der gesamte Komplex ist fast autark. Selbst die Wege sind aus Drainagegranulat, damit Wasser versickern kann“, erklärt Kraihamer. Die Lage direkt am Ufer verlangte viel Sensibilität: raumplanerisch, wasserrechtlich, ökologisch. „Die Häuser durften nicht dominieren – sie sollten Teil der Landschaft sein.“ Deshalb blieben sie niedrig und fügen sich mit Sichtholz und feiner Gliederung in die Umgebung ein. „Wie ein Kinderzimmer, das man sich einst gewünscht hätte: verspielt, strukturiert, behaglich“.

Neu an der Donau: Strandhaus in Kritzendorf, mit Gespür für Tradition und Gelände. actual.at
Anderes Gewässer, anderes Zeitfenster, aber ein ähnliches Gespür für das Zusammenspiel von Natur und Bau: Das Strombad Kritzendorf bei Klosterneuburg war schon vor mehr als hundert Jahren ein Sehnsuchtsort. 1903 eröffnet, wurde es in den 1930er-Jahren als „Riviera an der Donau“ gefeiert. Die Sommerfrischler kamen mit der Bahn, stiegen in winzige Häuschen auf Holzstelzen und verbrachten die heißen Tage im Schatten der Bäume und des Schilfs.
Manche dieser Holzbauten stammen von Stararchitekten wie Adolf Loos oder Felix Augenfeld – kleine Kostbarkeiten, hochwassersicher und charmant. Ein neu gestaltetes Exemplar kombiniert eine tiefschwarze Holzfassade mit modernen Fenstern in flächenbündigem Design, Schiebeelementen und raumhohen Panoramascheiben. „Klein, aber fein – das gilt hier bis heute“, sagt eine Bewohnerin.

Stelzenhaus bei Mörbisch: Aus einem Bootshaus wurde ein moderner Rückzugsort. kagerholzbau.at
Am Neusiedler See ist das Leben auf Stelzen keine Ausnahme, sondern Tradition – mit immer wieder modernen Interpretationen. In Mörbisch etwa hat ein Bauherr gemeinsam mit dem Architekten Bruno Sandbichler und Josef Pichler von Kager Holzbau ein marodes Stelzenhaus saniert. „Einige der alten Stelzen waren brüchig – wir haben sie ersetzt, die Terrasse abgesenkt, das Haus optisch beruhigt“, erzählt Pichler. Die neue Fassade besteht aus Stehlamellen in unbehandelter sibirischer Lärche, die sich harmonisch ins Schilf einfügen. Geliefert wurde per Boot – auch das ist Teil der Uferarchitektur. Die Bootsgarage ist integriert, das Dach begrünt, das Gebäude so konzipiert, dass es wirkt, als wäre es schon immer da gewesen.

Seehütte direkt am Neusiedlersee mit Boot, das vor der Terrasse ankert: seehuette-neusiedlersee.at
Nur wenige Kilometer weiter am Neusiedler See lebt Laila Suppan-Dado, die Betreiberin der „Seehütten am Neusiedler See“, inmitten des Schilfgürtels. „Die Seehütte ist ein Rückzugsort für alle, die Einfachheit suchen“, sagt sie. Nachhaltigkeit, Holz, Glas, kein Beton – auch hier wird nicht nur gewohnt, sondern mit der Natur gelebt. Ob im Burgenland, Salzburger Seenland oder an der Donau: diese Häuser erzählen von einer zeitgemäßen Uferarchitektur, die auf Stelzen, und auf Werten ruht: Materialbewusstsein, ökologische Rücksicht und architektonischer Respekt.
Strenge Regelungen
Für Häuser direkt am Ufer und insbesondere gänzlich im Wasser braucht es in Österreich allerlei Genehmigungen. Zuständig ist neben der örtlichen Baubehörde vor allem das Wasserrechtsamt, da Uferzonen besonders geschützt sind. Projekte müssen das Raumordnungsgesetz (ROG) und Gewässerschutzbestimmungen erfüllen.
Bei sensiblen Standorten sind häufig Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und naturschutzrechtliche Gutachten erforderlich. Zudem gilt in den meisten Hochwasserzonen ein Bauverbot, das Versiegeln des Bodens in Uferbereichen wird ebenso streng reguliert. Stelzenhäuser bieten Vorteile, da sie den Boden weniger belasten und die Durchlässigkeit für Wasser und Flora erhalten. Für Seehäuser sind daher Konzepte gefragt, die ökologisch sensibel sind. Das Einholen von Genehmigungen sollte man frühzeitig einplanen.
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