Hochspannung um die Leitung der E-Control

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Auch der Chef der Wien Energie hat sich als Geschäftsführer beworben - Problem mit der Compliance.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Die E-Control ist einer der wichtigsten Player im Energiesektor. Die unabhängige Behörde überwacht die Märkte, ist dafür zuständig, dass Haushalte und Unternehmen kostengünstig und sicher mit Strom und Gas versorgt werden, bietet mit dem Tarifkalkulator eine objektive Preisvergleichsplattform, legt per Bescheid die Netztarife fest und arbeitet an der Energiewende mit. Grundsätzlich soll die Behörde, die im Wirtschaftsministerium angehängt ist, die Interessen der Kunden vertreten und nicht der Energieversorgungsunternehmen mit ihren großteils staatsnahen Eigentümern.

Die hohen Energiepreise dominieren die öffentliche Debatte und es wäre nicht Österreich, wenn bei der Besetzung einer derart einflussreichen Institution die Parteipolitik nicht mitmischen würde.

Die Verträge der beiden Geschäftsführer laufen im März 2026 aus, die Bewerbungsfrist ist Ende Oktober abgelaufen. Wolfgang Urbantschitsch darf sich nach zwei Funktionsperioden nicht mehr bewerben, der ÖVP-nahe Manager hat eine Professur an der WU Wien angenommen. Sein Kollege Alfons Haber wurde als Favorit der grünen Klima-Ministerin Leonore Gewessler bestellt. Haber macht einen guten Job und will verlängern.

Das G’riss um die Spitze der E-Control ist groß. Unter den zahlreichen Bewerbern finden sich etliche Manager von Energieversorgern, Experten mit europäischer Erfahrung, Beamte und einige gut qualifizierte Frauen.

Eine Bewerbung sorgt allerdings jetzt schon für Aufregung. Wie man aus gut informierten Kreisen hört, hat sich auch Michael Strebl, Chef der Wien Energie, beworben. Er soll, hört man aus dem Rathaus, von Teilen der SPÖ stark favorisiert werden.

INBETRIEBNAHME EINER FERNKÄLTEZENTRALE: STREBL

Michael Strebl wird von Teilen der SPÖ stark favorisiert

Dass Strebl fachlich für den Job geeignet wäre, wird von niemandem bezweifelt. Allerdings stellt sich die Frage nach der Compliance. Ein langjähriger Spitzenmanager der E-Wirtschaft soll von einem Tag auf den anderen die Interessen der Kunden vertreten?

Laut EU-Richtlinie für den Elektrizitätsbinnenmarkt dürfen für das leitende Management einer Regulierungsbehörde keine Interessenskonflikte bestehen. Das ohnehin renovierungsbedürftige E-Control-Gesetz sieht jedoch keine Cooling-off-Phase vor.

In der E-Wirtschaft wird spekuliert, warum Strebl in die Behörde strebt. Sein Vertrag bei Wien Energie läuft Ende September 2026 aus, Technik-Kollege Karl Gruber wurde bereits verlängert. Gut möglich, dass das Rathaus Strebl signalisierte, man werde ihn verabschieden.

Noch in schlechter Erinnerung ist das Debakel der Wien Energie im Sommer 2022, als der Versorger von zwei Millionen Kunden vor einem existenzbedrohenden Milliarden-Risiko gerettet werden musste. Damals zog Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) keine personellen Konsequenzen, die Rathaus-SPÖ wollte offenbar jeden Anschein eines Schuldeingeständnisses vermeiden.

„Beigeschmack“

Nur der Vorstand wurde um eine Finanzvorständin aufgestockt. Ein Ausgedinge als Behörden-Chef wäre für den demnächst 61-Jährigen Strebl ein netter Karriere-Abschluss. Zwar dürften die Gagen in der Wien Energie höher sein, aber 248.000 Euro Jahreseinkommen in einer Behörde sind auch keine Kleinigkeit.

Strebl wollte auf eine Anfrage des KURIER keinen Kommentar abgeben.

Strenger mit der Compliance nimmt es jedenfalls Barbara Schmidt, langjährig Generalsekretärin beim Branchenverband Österreichs Energie.

"ENERGIESPARKAMPAGNE DER BUNDESREGIERUNG": SCHMIDT

Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie

Sie erklärte in einem Standard-Interview, sich nicht zu bewerben. Es hätte „wohl einen Beigeschmack, wenn die Interessenvertreterin der Strombranche auf die andere Seite wechselt“.

Welche Kandidaten-Namen kursieren derzeit noch? Ein Teil der SPÖ sähe gerne die Energiemarkt-Expertin Karina Knaus. Beworben soll sich auch Benedikt Ennser haben, Energie-Sektionschef im Wirtschaftsministerium.

Dessen Ressortchef Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) muss die E-Control-Leitung bestellen. Gut möglich, dass der türkise Minister einen roten Geschäftsführer und einen Gewessler-Mann inthronisieren muss. Kann nämlich durchaus sein, dass Grünen-Chefin Gewessler die Verlängerung von Haber zum Junktim für die Zustimmung zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz macht, für das die Regierung eine Zweidrittelmehrheit benötigt.

Interessant ist auch der Aufsichtsrat der E-Control. Das Gremium darf (ebenso wie bei der Staatsoper) nicht die Geschäftsführer bestellen, was eine der wesentlichen Aufgaben eines Aufsichtsrates wäre. Derzeit noch hat der Aufsichtsrat ebenfalls rot-grüne Schlagseite. Den Vorsitz hat AK-Expertin Dorothea Herzele. Vize ist die Rathaus-Managerin Ilse Stockinger, Geschäftsführerin der Wiener Donauraum, einer Tochter der Wien Holding. Die Brüsseler Anwältin Dörte Fouquet gilt als Lobbyistin für Erneuerbare Energie und schrieb Gutachten für Gewessler.

Wirtschaftsvertreter Nicolas Rathauscher verließ mit dem Abgang von Karlheinz-Kopf die Wirtschaftskammer und legte als Aufsichtsrat sein Mandat kürzlich zurück. Ihm folgt der Kämmerer Jürgen Streitner. Mit April 2026 muss der gesamte Aufsichtsrat neu bestellt werden.

andrea.hodoschek@kurier.at

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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