Herbstlohnrunde: Feilschen um Freizeit statt Geld

Wir werden uns nicht mit der Inflationsrate und ein bisschen was abspeisen lassen. Wir wollen heuer eine deutliche Reallohnerhöhung." Rainer Wimmer, Chef der Metallergewerkschaft Pro-Ge, will bei der kommende Woche startenden Herbstlohnrunde für 180.000 Beschäftigte der Metallbranchen stärker zulangen als in den Vorjahren. Der Aufschwung sei zwar noch schwach, den Firmen gehe es aber zunehmend besser, manche würden sogar Rekordgewinne einfahren.
Auch Angestellten-Chefverhandler Robert Wagner – er verhandelt heuer statt GPA-Vizechef Karl Proyer, der krankheitsbedingt ausfällt – will eine "ordentliche Steigerung", um die Kaufkraft und damit die schwache Konjunktur anzukurbeln.
Von den nackten Zahlen her stehen die Chancen für eine kräftigere Reallohnsteigerung auch nicht schlecht. "Die niedrige Inflation ermöglicht auch bei einem recht niedrigen Lohnabschluss einen Reallohnzuwachs", rechnet Thomas Leoni, Lohnexperte im Wirtschaftsforschungsinstitut, vor. Die Inflationsrate seit dem Abschluss im Vorjahr macht rund 1,0 Prozent aus.
Stagnation
Die Arbeitgeber freilich stehen auf der Bremse. Christian Knill, Obmann des mit knapp 120.000 Beschäftigten größten Fachverbandes FMMI (Maschinen- und Metallwarenindustrie), klagt über die schlechte Wirtschaftslage: "Viele unserer Betriebe kämpfen mit rückläufigen Aufträgen. In der Metallwarenbranche gibt es zwar einen leichten Aufschwung, der Maschinenbau stagniert aber." Für das zweite Halbjahr rechnet Knill mit einer Stagnation. Der FMMI startet am 5. Oktober als erster Fachverband mit den konkreten Verhandlungen. Der Abschluss gilt als Richtschnur für alle anderen Metallbranchen, aber nach wie vor auch für die anderen Branchen.
Streit um Arbeitszeit
Neben dem Feilschen um Prozente spielt auch die Arbeitszeit eine gewichtige Rolle. Die Gewerkschaften fordern heuer neuerlich die so genannte Freizeitoption, die es etwa in der Elektroindustrie längst gibt. Dabei kann die Lohnerhöhung individuell gegen eine kürzere Arbeitszeit "eingetauscht" werden. Knill hat dieses Modell als "sechste Urlaubswoche durch die Hintertür" bisher strikt abgelehnt. Mehr abgewinnen kann dem Modell Wifo-Experte Leoni: "Die Verteilung der Arbeit auf mehr Köpfe sichert Arbeitsplätze ab."Die Arbeitgeber fordern seit Jahren eine stärkere Flexibilisierung, in den vergangenen zwei Jahren gab es auch außerhalb der Lohnrunde Verhandlungen darüber. Bisher sind die Arbeitgeber aber am Widerstand der Gewerkschaft gescheitert. Einen konkreten Vorstoß wird es laut FMMI-Obmann Knill heuer nicht geben. Aber: "Gerade wegen der schwachen Konjunktur bräuchten wir die Flexibilität, um länger arbeiten zu können, wenn es Aufträge gibt. Und natürlich wollen wir die Kosten durch den Abbau von Überstunden senken."
Mitten in der heißeste Phase der Metaller-Runde – am 21. Oktober – starten die Gehaltsverhandlungen für die rund rund 470.000 Handelsangestellten. Im Vorjahr hatte es keine Handels-Lohnrunde gegeben, weil sich die Arbeitgeber und die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) 2013 auf einen Zweijahres-Abschluss geeinigt hatten.
Seit Beginn 2015 bekommen die Handels-Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung um die durchschnittliche Inflationsrate von 1,7 Prozent plus einen Aufschlag von 0,4 Prozent. Mit insgesamt 2,1 Prozent fiel die Erhöhung exakt so hoch aus wie bei den Metallern, der Mindestlohn für eine Vollzeitarbeitskraft stieg erstmals auf 1500 Euro brutto im Monat.
Heuer will die GPA auf jeden Fall einen neuerlichen Abschluss über zwei Jahre verhindern. Der Doppelabschluss 2013 sei eine Ausnahme gewesen, um Zeit für die Verhandlungen über ein neues Entgeltschema zu haben. Dessen Eckpunkte sollen bis Ende des Jahres fixiert sein, bis Mitte 2016 sollen die Details fertig sein. In Kraft treten soll es mit Jänner 2017.
Kommentare