Urteil: Handelsgericht erklärt 30 Flixbus-Klauseln für rechtswidrig

Urteil: Handelsgericht erklärt 30 Flixbus-Klauseln für rechtswidrig
Der Fernbusanbieter verbietet Ausstieg vor dem Zielort, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Flixbus will Berufung gegen das Urteil einlegen.

Das Handelsgericht Wien hat 30 Vertragsklauseln des Fernbusanbieter Flixbus, eigentlich FlixMobility GmbH mit Sitz in München, für rechtswidrig erklärt. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte nach Beschwerden im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Geschäfts-, Buchungs- und Beförderungsbedingungen des Unternehmens geklagt. Heute, Mittwoch, hat der VKI in allen Punkten Recht bekommen. Das 65 Seiten starke Urteil, das dem KURIER vorliegt, ist nicht rechtskräftig. Flixbus wird dagegen Berufung einlegen.

Bei den eingeklagten Klauseln ging es unter anderem um die Haftung beim Verlust eines Gepäckstücks, die nachträgliche Änderung von Sitzplatzreservierungen durch Flixbus oder um das Verbot, vor dem ursprünglich geplanten Ziel den Bus verlassen zu dürfen.

Haftung für den Verlust von Gepäckstücken

"Das Gericht erklärte dabei unter anderem eine Klausel für unzulässig, nach der die Haftung für den Verlust von Gepäckstücken, der nicht im Zusammenhang mit einem aus der Nutzung des Fahrzeuges resultierenden Unfalls stünden, sowie für deren Diebstahl oder eine Vertauschung auf Fälle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eingeschränkt sei", teilt der VKI mit. "Das Gericht beurteilte die Klausel als gröblich benachteiligend, da die Beförderung von Reisegepäck zu den mit dem Beförderungsentgelt mitabgegoltenen Hauptpflichten zähle und entsprechend auch ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit unzulässig sei. Da die vorliegende Klausel auch im Widerspruch zu anderen Klauseln stehe, sei sie außerdem intransparent."

Änderungen der Fahrzeiten, Termine, Fahrstrecken und Fahrpreise

Außerdem soll sich Flixbus in der Klausel drei "Änderungen der genehmigten und veröffentlichten Fahrzeiten, Termine, Fahrstrecken und Fahrpreise aus wichtigem Grund, insbesondere zur Umsetzung von Entscheidungen der Genehmigungsbehörden, vorbehalten" haben.

Das Handelsgericht erklärte laut VKI diese Klausel für gesetzwidrig. "Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG), da nicht klar sei, bei Vorliegen welcher Umstände das Unternehmen zu den aufgezählten Änderungen berechtigt sei und der Handlungsspielraum des Unternehmers daher etwa auch hinsichtlich der Frage, ob nur zukünftige oder auch bereits bestehende Verträge erfasst seien, unklar sei. Die Klausel verstoße daher auch gegen § 6 Abs 1 Z 5 und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, da die von der Klausel ermöglichten Preisänderungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen und ebenso § 6 Abs 2 Z 3, da auch die Vorgaben für die gesetzeskonforme Ausgestaltung von Leistungsänderungsklauseln nicht beachtet seien. Durch den ungerechtfertigten Beurteilungsspielraum sei die Klausel auch generell gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB."
 

Weitere Klauseln betrafen ein einseitiges Preisänderungsrecht von Flixbus, eine vorgesehene Mehrwertnummer bei der Aufgabe von Zusatzgepäck und eine Stornierungsmöglichkeit von Flixbus, wenn ein Reisender bei einer Preisaktion mehr als drei Tickets auf einmal kauft.

Das nicht rechtskräftige Urteil des Handelsgerichts Wien finden Sie auf der Internetseite www.verbraucherrecht.at

Flixbus will Geschäftsbedingungen ändern

Flixbus stellte gegenüber der APA Änderungen der AGB in Aussicht, kündigte aber an, in Berufung zu gehen. "In den Punkten, in denen uns die Anforderungen des Urteils als deutlich zu hoch gesetzt erscheinen und wir den Betriebsablauf unseres Unternehmens als wesentlich gestört ansehen, werden wir aber ganz klar in Berufung gehen", erklärte ein Pressesprecher.

Die Berufung richte sich keinesfalls gegen den österreichischen Verbraucherschutz, betonte der Sprecher. "Wir sind uns durchaus bewusst, dass der Verbraucherschutz in jedem Land etwas abweicht und insofern nationale Anpassungen hinsichtlich der AGB/ABB erforderlich werden." Man sei dazu in Gesprächen mit dem VKI.

Flixbus ist der größte Fernbusanbieter in Deutschland. In Österreich arbeitet Flixbus mit Blaguss und Dr. Richard zusammen, die Busse und Busfahrer stellen. Flixbus kam zuletzt auf 45 Millionen Passagiere in 29 Ländern.

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