Handel: Mit Gastro mehr Umsatz

In der Landstraßer Hauptstraße 82 wird ausgebaut. Die Bäckerei Ströck verdoppelt ihre Filiale auf 300 Quadratmeter. Und öffnet im Jänner mit völlig neuem Konzept: Ist in der Bäckerei um 18 Uhr der Ofen aus, wird im angrenzenden Lokal „Ströck Feierabend“ (siehe Werbe-Bild unten) für 60 Gäste bis Mitternacht aufgekocht: T-Bonesteak in Brotkruste, Briocheburger, Baguettes und ausgesuchte heimische Weine kommen auf den Tisch.
„Semmeln verkaufen reicht heute nicht mehr“, sagt Initiator Christoph Ströck. „Der Bäcker muss neue Wege gehen, ohne zu vergessen, woher er kommt.“ Die Bäckerei sei gut aufgestellt, habe aber mit höheren Mieten und aggressiv auftretenden Mitbewerbern zu kämpfen. Geplant ist eine Sonntagsöffnung der Filiale bis 18 Uhr, wie es schon bisher mit dem „Bäckerei-Café“ der Fall war. Möglich macht das eine Gastronomiekonzession, die Ströck bereits im Jahr 2008 für die Hälfte der 79 Filialen erworben hat.

Mit der Gewerkschaft ist der Familienbetrieb seit Mai wegen des Kollektivvertrags im Konflikt. Die 1800 Mitarbeiter sind im Gastro- oder Gewerbe-KV eingestuft, die Gewerkschaft pocht auf das Regelwerk der Großbäcker. Derzeit laufen Konsolidierungsgespräche, sagt Karl Proyer, Vizechef der Gewerkschaft der Privatangestellten.
"Semmeln zu verkaufen reicht heute nicht mehr"
Der Trend zum „Convenience Food“, also zum schnellen Essen, hat auch andere Händler erfasst. Die Handelsgas-tronomie erreicht laut Standortberater RegioPlan einen Marktanteil von 21 Prozent am Systemgastronomiemarkt in Österreich. Grund ist der steigende Konkurrenzdruck: „Dem stationären Einzelhandel wird immer mehr Erlebnis, Atmosphäre und Aufenthaltsqualität abverlangt, weil der reine Versorgungscharakter durch das Internet erfüllt wird“, meint RegioPlan-Geschäftsführerin Hanna Bomba-Wilhelmi. Die Vorteile für die Händler sind laut dem Handelsexperten Peter Schnedlitz: Das Image würde aufgewertet, die Gastronomie biete höhere Gewinnmargen. Machbar sei Gastro im Handel nicht immer, weil zeit- und flächenintensiv: „Unter hundert Quadratmetern ist das nicht professionell realisierbar.“
Wein und Bar
Vorreiter der „Bistroisierung“ ist Wein & Co. Bereits 1999 eröffnete die erste an den Shop angeschlossene Bar am Naschmarkt. Von 21 Filialen österreichweit werden sechs mit Gastronomie geführt. Kürzlich wurde am Naschmarkt der Flagshipstore mit einer Rekordinvestition von 2,5 Millionen Euro eröffnet. Mit einer Champagnerbar, einer Zigarrenlounge und Häppchen vom „Schwarzen Kameel“ will man die „Emotion des Kunden“ ansprechen, sagt Geschäftsführer Florian Größwang. Sonn- und feiertags ist bis Mitternacht geöffnet, wochentags wird gar bis zwei Uhr Früh dekantiert. „Damit wollen wir dem Marktpublikum ein Late-night-Angebot bieten“, sagt Größwang. Weitere Bar-Shops sind in Hietzing und Linz geplant.
Warmes bei Spar
Auch die Handelskette SPAR setzt auf warme Küche: „Unsere Kunden wollen Fast Food, aber gesund und hochqualitativ“, sagt Alois Huber, Geschäftsführer für Wien und Niederösterreich. Seit 2011 bietet der „Food in the City“-Shop in der Wiener Innenstadt eine Bistro-Ecke – auch sonntags. In Ottenschlag (NÖ) gibt es einen der ersten Eurospar-Märkte mit integriertem Bistro. Weitere Standorte sollen folgen.
Gewerkschafts-Vize Karl Proyer appelliert an die Händler, sich an die Gewerbeordnung zu halten: „Wer das nicht tut, braucht gute Rechtsanwälte.“
6 bis 24 Uhr: Geschäfte mit Gastgewerbekonzession, die Getränke und Speisen zum Verzehr im Lokal anbieten, mind. ein Stehtisch ist Vorschrift. Es dürfen nicht alle Waren angeboten werden. Auch Konditoreien dürfen offen halten. Sonntags ist Warenverkauf nur Betrieben mit dem „Charakter eines Gastgewerbes“ erlaubt. Für Fleischer, Bäcker, genügen „Verabreichungsplätze“.
Tankstellen0 bis 24 Uhr: Eine bestimmte Liste von zumeist vorverpackten Waren (Reisebedarf).
Bahnhof/FlughafenAuf Bahnhöfen und Flughäfen dürfen Lebensmittel und Reisebedarf verkauft werden. Die Geschäftsfläche darf maximal 80 Quadratmeter betragen. Ausnahmen gibt es auch für Bäder, Campingplätze oder Straßenfeste.
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