Guide Michelin: Krieg der Sterne auf österreichisch

Irgendwie steht die Rückkehr des Guide Michelin nach Österreich unter keinem guten Stern. Die Ankündigung des weltweit bekanntesten Restaurantführers, die heimische Top-Gastronomie nach 15 Jahren wieder mit Sternen auszuzeichnen, löste ein heftiges Hauen und Stechen aus, seit 2023 wird diskutiert, interveniert und gestritten.
Die Sterne des in mehr als 45 Destinationen vertretenen Guide Michelin sind die harte Währung in der weltweiten Kulinarik-Szene. Die Guides des französischen Reifen- und Technologiekonzerns Michelin (120.000 Mitarbeiter) locken gut betuchte Touristen an und bringen Wirten, Winzern und Nahrungsmittelindustrie Umsätze.
Das war die Motivation für die vormalige Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler, die Initiative zu ergreifen. Während sich die heimischen Restaurant-Führer Falstaff und Gault Millau über Werbung und Kooperationen finanzieren, verlangen die französischen Sterne-Verleiher aber direkt Cash. Nur vom Verkauf könnte kein Anbieter leben.
1,8 Millionen Euro
Die Rechnung der Franzosen beläuft sich in Summe auf 1,8 Millionen Euro, der Vertrag läuft auf drei Jahre bis 2026. Mit einer Verlängerungsoption für Österreich um weitere zwei Jahre.
Wie aber das Geld auftreiben? Dafür mussten die Österreich Werbung (ÖW) als Träger-Organisation und die Landestourismus-Organisationen ran.
Nur Wien machte nicht mit. Bei der Vertragsunterzeichnung waren Wien und die Stadt Salzburg im Main City Guide von Michelin gelistet.
Jetzt machen die acht Länder wieder Druck und fordern Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner durchaus bestimmt auf, sich endlich an den Kosten zu beteiligen. Sie seien nicht länger bereit, den Anteil von Wien mitzuzahlen. Andernfalls könne Wien im Guide nicht mehr gleich behandelt werden. Michelin allerdings erklärt, das ganze Land „gleichberechtigt“ abzubilden. Nur Marketing-Aktivitäten würden bei jenen Regionen, die dafür bezahlen, verstärkt.
Didi Tunkel, Vorsitzender der Landestourismus-Organisationen, will die Wiener Kollegen „auch dabei haben, ich bin zuversichtlich, dass Wien mitzahlen wird“. Die Länder wollen, erklären Vertreter dem KURIER, von Wien einen Sockelbetrag und darüber hinaus eine Abgeltung je Auszeichnung.
Wenn sich der Chef des Burgenland Tourismus nur nicht täuscht.

Wiens Tourismusobmann Norbert Kettner
Denn auf Nachfrage des KURIER erklärt ein hörbar genervter Kettner: „Eine Mehrheit kann nicht sagen, wer wo wie viel mitzuzahlen hat. Dass jemand über die Budgets anderer Organisationen verfügen kann, ist ausgeschlossen“. Er zahle nicht für etwas, „das wir im City Guide schon kostenlos hatten“. Die Diskussion sei, meint Kettner, „von Anfang an schief gelaufen, wir zahlen nicht für Bewertungen“.
Steuergeld
Wie sich die Finanzierung auf Länder und ÖW aufteilt, will Trunkel nicht verraten. Man habe im Vertrag mit dem Guide Michelin Geheimhaltung vereinbart. Bemerkenswert handelt es sich doch ausschließlich um die Verteilung von Steuergeldern.
Die Herausgeber von Falstaff und Gault Millau, Wolfgang Rosam und das Ehepaar Hohenlohe, kritisierten diese Finanzierung als wettbewerbsverzerrend und forderten ebenfalls öffentliche Mittel ein. Sie dürften mit Kooperationen ruhig gestellt worden sein.

Tourismus-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP)
Tourismus-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) erklärt zur Finanzierung: „Der Guide Michelin ist weit mehr als eine Auszeichnung – er ist ein internationales Gütesiegel für die Qualität, Kreativität und Leidenschaft der österreichischen Gastronomie“. Solche weltweiten Sichtbarkeiten seien für den Tourismusstandort Österreich von strategischer Bedeutung. „Deshalb war es mir ein besonderes Anliegen, das Budget der Österreich Werbung – unserer zentralen Tourismusagentur – auch in Zeiten notwendiger Einsparungen auf stabilem Niveau zu sichern“. Heißt, die 30,1 Millionen werden nicht gekürzt.
Der Sternenregen ergoss sich für 2025 über 82 Restaurants. Ein Stern bedeutet einen Stopp wert, zwei einen Umweg und drei Sterne signalisieren: Eine Reise wert.
Hinweis in eigener Sache: KURIER-Mehrheitseigentümer Raiffeisen hat sich kürzlich mit 25 plus 1 Prozent beim Falstaff eingekauft.
andrea.hodoschek@kurier.at

Kommentare