Griechischer Euro-Austritt: Berlin bliebe unbeeindruckt

Angela Merkel winkt vor einem orangefarbenen Banner mit der Aufschrift „Europa“.
Die deutsche Regierung würde Athen ziehen lassen, sollte es die Eurozone verlassen wollen.

Die deutsche Bundesregierung hat ihre Haltung zu einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone offenbar geändert. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hielten ein Ausscheiden des Krisenlandes aus der Währungsgemeinschaft inzwischen für verkraftbar, berichtet Der Spiegel unter Berufung auf Regierungskreise. Grund für diese Einschätzung seien Fortschritte, die die Eurozone seit dem Krisenhöhepunkt 2012 gemacht habe. Dazu zähle der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), über den Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro gerettet werden können.

Austritt bei Syriza-Sieg "unausweichlich"

Es sei aber noch nicht geklärt, wie ein Mitgliedsland den Euro verlassen, aber dennoch in der Europäischen Union bleiben könne, schreibt der Spiegel weiter. „Notfalls klären das findige Juristen“, zitiert das Magazin einen hochrangigen Währungsexperten. Die Bundesregierung halte ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für nahezu unausweichlich, wenn das Land nach der Parlamentswahl am 25. Januar seinen Sparkurs aufgebe.

Bei der Wahl könnte das Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras den amtierenden Regierungschef Antonis Samaras von der konservativen ND-Partei überflügeln (mehr zu den politischen Machtverhältnissen hier). Tsipras will die Sparpolitik beenden und einen Schuldenerlass erreichen.

Weder deutsches Kanzleramt noch Finanzministerium wollten den Bericht am Samstag kommentieren. Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies auf eine Äußerung Schäubles von Montag. Der CDU-Politiker hatte vor einer Abkehr vom Sparkurs gewarnt: „Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig“, erklärte er. „Neuwahlen ändern nichts an den mit der griechischen Regierung getroffenen Vereinbarungen. Jede neue Regierung muss die vertraglichen Vereinbarungen der Vorgänger einhalten.“

Alexis Tsipras ( Bild) goss am Samstagabend noch Öl ins Feuer: Er legte sich neuerlich auf das Ziel eines umfassenden Schuldenerlasses für Griechenland fest und bekräftigte seine Ablehnung der von den internationalen Gläubigern diktierten Sparbedingungen, die "sowohl irrational als auch destruktiv sind". Damit Griechenland seine Schulden zurückzahlen könne, sei eine "ambitionierte Umschuldung" erforderlich.

Griechenland wird seit 2010 mit Rettungsprogrammen in Höhe von 240 Milliarden Euro von den EU-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wasser gehalten.

Eine griechische 1-Euro-Münze mit einer Eule darauf liegt auf einer reflektierenden Oberfläche.
Die Euro-Schuldenkrise hat viele neue Begriffe hervorgebracht. Dazu gehört auch der Ausdruck „ Grexit“, der im Zuge der jüngsten Ereignisse in Griechenland wieder häufiger benutzt wird. Das Wort setzt sich aus „ Greece“ und „exit“ zusammen und meint das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Ein solches Szenario ist jedoch ohne Vorbild, und es ist in den EU-Verträgen auch nicht vorgesehen. Juristisch unbestritten ist, dass beispielsweise die anderen Mitgliedsländer keinen Rauswurf Athens aus dem gemeinsamen Währungsraum beschließen könnten. Theoretisch könnte Griechenland allenfalls selbst einen Austritt erklären. Aber auch in diesem Fall wäre das Neuland für das gesamte Euro-System, das dafür keine Regelungen kennt.

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