G-20 warnen vor Handelsstreitigkeiten: USA nicht erwähnt

Die Finanzminister der G-20-Staaten sorgen sich wegen "erhöhter geopolitischer Spannungen" und einem "globalem Ungleichgewicht".

Die Finanzminister der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G-20) haben zum Abschluss ihres Treffens in Buenos Aires vor Risiken für die Weltwirtschaft durch Handelsstreitigkeiten und wachsende geopolitische Spannungen gewarnt. Das globale Wirtschaftswachstum sei "robust", kurz- und mittelfristige Risiken hätten aber zugenommen, warnten die G-20-Finanzminister am Sonntag.

Dazu zählten "erhöhte Handels- und geopolitische Spannungen" sowie "globale Ungleichgewichte", hieß es in einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Die USA wurden in der Erklärung nicht erwähnt, obwohl sie im Zentrum vieler gegenwärtiger Handelsstreitigkeiten stehen. Die Warnungen in Buenos Aires waren aber deutlicher als noch in der Abschlusserklärung des G-20-Treffens im März.

Die Konflikte im internationalen Handel waren das Hauptthema des zweitägigen Treffens der G-20-Finanzminister und Notenbankgouverneure in der argentinischen Hauptstadt. US-Präsident Donald Trump hatte die EU und China jüngst als "Gegner" in der Handelspolitik bezeichnet. Er belegte sowohl die Volksrepublik als auch die EU-Länder mit Strafzöllen.

"Unser Ziel ist ein freier, offener und ausgeglichener Handel", sagte US-Finanzminister Steve Mnuchin am Wochenende beim Treffen in der argentinischen Hauptstadt. Er schlug erneut vor, die Handelsbarrieren innerhalb der Gruppe der sieben traditionellen Industriestaaten (G-7) fallen zu lassen. "Wenn Europa an den Freihandel glaubt, sind wir bereit, ein Freihandelsabkommen zu unterzeichnen." Es gebe allerdings drei Bedingungen, so der US-Politiker: die Abschaffung von Zöllen, Handelsbarrieren und Beihilfen.

Frankreich hielt umgehend dagegen. Bevor sich die EU zu Handelsgesprächen bereit erkläre, müsste US-Präsident Donald Trump die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie seine Drohung mit Zöllen auf Autos zurückziehen. "Wir weigern uns, mit einer Pistole auf der Brust zu verhandeln", sagte Finanzminister Bruno Le Maire.

Zuletzt hatte US-Präsident Donald Trump noch mit höheren Zöllen auf Autos aus Europa gedroht. Das könnte die deutsche Automobilindustrie und damit die österreichische Zulieferindustrie empfindlich treffen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström reisen am Mittwoch (25.7.) zu Gesprächen nach Washington. "Wir freuen uns auf ein Angebot", sagte Mnuchin.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte unterdessen die führenden Industrie- und Schwellenländer der G-20-Gruppe vor einer Eskalation des von Trump angezettelten Handelsstreits. Im schlimmsten Falle könnte das weltweite Wirtschaftswachstum um einen halben Prozentpunkt niedriger ausfallen, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde.

USA könnten größter Verlierer sein

Tatsächlich zeigt eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF), dass ausgerechnet die US-Wirtschaft wegen drohender Strafzölle in zahlreichen Ländern der größte Verlierer im Handelsstreit sein könnte. Letztendlich würde aber die ganze Welt unter einem Zoll-Wettrüsten leiden. Im schlechtesten Fall könnte die weltweite Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um 0,5 Prozent oder 430 Mrd. US-Dollar (knapp 370 Mrd. Euro) niedriger liegen als bisher erwartet, schätzt der IWF.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz dämpfte die Erwartungen an das Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs. Er rechne nicht mit greifbaren Fortschritten. "Die Wohlstandsgewinne sind für alle größer, wenn wir kooperieren", sagte der SPD-Politiker. Im Kurzmitteilungsdienst Twitter schrieb Scholz, es gebe "keine Alternative zu einer engen, multilateralen Zusammenarbeit". Dies sei bei dem G-20-Treffen in Buenos Aires "wieder sehr deutlich" geworden. "Ich hoffe, alle beherzigen diese Erkenntnis in den nächsten Tagen und Wochen", appellierte der Minister.

Seinem brasilianischen Amtskollegen Eduardo Guardia zufolge sind sich die Teilnehmer einig, dass die Risiken für die Weltwirtschaft seit ihrem letzten Treffen Ende März nicht zuletzt wegen des Handelsstreits und höherer Leitzinsen gestiegen sind. In der Abschlusserklärung werde berücksichtigt, dass vor allem in Schwellenländern Reformen nötig seien, um sich gegen Schwankungen zu wappnen.

Der Handelskonflikt tobt vor allem zwischen den USA und China, das bereits von Handelskrieg spricht. Mit der Erneuerung des Vorschlags von Trump versuchte Mnuchin offenbar auch, den Druck auf China zu erhöhen. Die Regierung in Washington hat Produkte aus der Volksrepublik im Volumen von 34 Mrd. Dollar (gut 29 Mrd. Euro) mit zusätzlichen Zöllen belegt. China hat Gegenmaßnahmen im gleichen Umfang erlassen. Am Freitag drohte Trump mit Zöllen auf chinesische Einfuhren im Wert von 500 Mrd. Dollar.
 

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hatte am Samstag angesichts der Handelskonflikte mit den USA vor gravierenden Folgen für die Weltwirtschaft gewarnt. Das weltweite Wirtschaftswachstum könnte dadurch einen halben Prozentpunkt geringer ausfallen - ein Minus von 368 Milliarden Euro, sagte sie vor den G-20-Vertretern. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici rief Trump am Sonntag in Buenos Aires auf, die EU nicht als "Gegner, sondern Verbündete" zu sehen.

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