Fünfter Anlauf für den Elektro-Kollektivvertrag

Arbeiter in einer Fabrik inspiziert Elektronikbauteil.
Über 74.000 Beschäftigte der Elektro- und Elektronikindustrie warten schon ungewöhnlich lange auf einen neuen Kollektivvertrag.

„Das Angebot der Arbeitgeber ist eine respektlose Provokation“, verkündete die Gewerkschaft GPA nach der bis dato letzten Verhandlungsrunde rund um den Kollektivvertrag der Elektro- und Elektronikindustrie. Am Freitag Nachmittag treffen sich in der Wiener Mariahilfer Straße nun schon zum fünften Mal Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um den Kollektivvertrag (KV) für 2025 zusammenzustoppeln. Dieser sollte schon seit 1. Mai gelten, derart lange KV-Verhandlungen sind für die Branche sehr ungewöhnlich - aber der lange anhaltenden Rezession bei hohen Lohnabschlüssen zuletzt geschuldet.

Hohe Arbeitskosten

Im Jänner 2025 hatte der FEEI eine Studie des Industriewissenschaftlichen Institutes (IWI) präsentiert, wonach im Jahr 2023 Österreich bei den durchschnittlichen Arbeitskosten im EU-Vergleich am drittteuersten war. Die Elektro- und Elektronikindustrie sei mit einer Exportquote von rund 84 Prozent davon besonders betroffen. Die Folge seien sinkende Auftragseingänge, ein rückläufiger Export und ein Abbau von Fremdpersonal gewesen. Wobei sich 2024 die Lage weiter zuspitzte.

1,5 vs. 2,76 Prozent

Die Arbeitgeberseite soll jedenfalls zuletzt eine Lohn- und Gehaltssteigerung von maximal 1,5 Prozent angeboten haben - also deutlich unter der rollierenden Inflation von 2,76 Prozent. Unter dieser Jahresteuerung wollen die Gewerkschaften PRO-GE und GPA nicht abschließen. „Wir erwarten uns, dass bei einem weiteren Verhandlungstermin ein deutlich verbessertes Angebot auf den Tisch gelegt wird“, sagt PRO–GE-Chefverhandler Reinhold Binder

Und es geht auch um Zugeständnisse beim Rahmenrecht, also etwa ein leichteres Erreichen der sechsten Urlaubswoche oder eine Verlängerung der Freizeitoption. Die Arbeitnehmervertreter haben sich gestern noch einmal kämpferisch gezeigt: Sollte am Freitag keine Einigung erzielt werden, wird es „Kampfmaßnahmen“ geben. PRO-GE und GPA forderten in einer Aussendung „Lohn- und Gehaltserhöhungen auf Basis der relevanten Teuerungsrate unter besonderer Berücksichtigung niedriger Einkommensgruppen“. Zur Info: Eine Bezahlung der Mitarbeiter unter dem Kollektivvertrag für die jeweilige Branche ist verboten, der KV gilt auch für den Leiharbeitssektor.

Bedeutender Sektor

2023 habe die Elektro- und Elektronikindustrie nach Eigenangaben 4,4 Prozent des gesamten österreichischen Produktionswerts beigetragen. Die direkt generierte Bruttowertschöpfung sei mit 9,15 Mrd. Euro höher als etwa jene der Branche Maschinenbau. „Im Jahr 2023 sicherte die EEI insgesamt 160.100 Arbeitsplätze in Österreich, was 3,2 Prozent der gesamten Beschäftigung entspricht. Die EEI-Unternehmen selbst beschäftigten 74.291 Personen direkt, dies entspricht der Beschäftigtenzahl des Sozialwesens in Österreich“, rechnete das Industriewissenschaftliche Institut heuer zu Jahresbeginn vor.

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