Sberbank in Wien vor der Pleite: Einlagensicherung zahlt bis zu 913 Millionen

Sberbank in Wien vor der Pleite: Einlagensicherung zahlt bis zu 913 Millionen
Der Wiener Wirtschaftsprüfer Gerd Konezny wird als Aufpasser eingesetzt. Sberbank Europa hat 35.000 fast ausschließlich deutsche Privatkunden

Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat am Dienstagabend der Europa-Tochter der russischen Sberbank, der Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien, auf Anweisung der Europäischen Zentralbank (EZB) mit sofortiger Wirkung die Fortführung des kompletten Geschäftsbetriebes untersagt. Bereits seit Montag durfte die Bank gemäß einem damals über Nacht in Kraft gesetzten Moratorium der FMA keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen mehr durchführen.

Rund 35.000 Kunden halten der Sberbank Europe AG insgesamt Einlagen in Höhe von 1 Milliarde Euro, davon sind 913 Millionen Euro gesichert.

Bei den Einlegern handelt es sich fast ausschließlich um Privatkunden aus Deutschland, die über die Filiale der Sberbank Europe AG in Frankfurt/Main geführt werden. Für diese Einleger wird die operative Abwicklung des Entschädigungsverfahrens im Auftrag und auf Rechnung der ESA von der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) durchgeführt. ESA und EdB stehen diesbezüglich bereits im engen Kontakt.

Für rund 120 österreichische Einleger – es handelt sich ausschließlich um Firmenkunden – wird die ESA das Entschädigungsverfahren direkt abwickeln.

Strenge Prüfung

Die europäische Abwicklungsbehörde Single Resolution Board (SRB) mit Sitz in Brüssel hatte geprüft, ob eine Sanierung oder Abwicklung der Bank unter den besonderen Rechten und Pflichten des europäischen Abwicklungsregimes laut der Europäischen Bankensanierungs- und Abwicklungsrichtlinie im öffentlichen Interesse ist "und ist zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist", teilte die FMA in einer Aussendung mit. Dementsprechend habe die EZB die FMA angewiesen, unverzüglich die genannten Maßnahmen durchzusetzen.

Rasch insolvent

Finanzexperten gehen davon aus, dass die Sberbank Europe AG rasch in die Insolvenz schlittern wird. Ob und allenfalls wann ein Insolvenztatbestand erfüllt ist, soll ein von der FMA für das Institut als Aufpasser bestellter Regierungskommissär feststellen, es ist dies der Wiener Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt Gerd Konezny.

Einen Insolvenzantrag kann im Falle einer Bank nur die FMA stellen. Sie würde sich dabei des "Rechtsanwalts der Republik", der Finanzprokuratur, bedienen. Experten sagen, ein Antrag könnte schon am Donnerstag erfolgen.

100-Prozent-Tochter

Die Sberbank Europe AG ist eine 100-Prozent-Tochter der mehrheitlich in russischem Staatsbesitz stehenden Sberbank in Moskau. Die Sberbank Europe AG hatte zuletzt laut Eigenangaben 187 Filialen mit 3.800 Mitarbeitern und 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 in Österreich und dem mitbetreuten Deutschland. Aufsichtsratschef der Sberbank Europe ist noch bis 22. März der Steyr-Automotive-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf.

Seit Herbst schon liefen Verkaufsprozesse für einige Länder, in denen die Sberbank Europe mit Töchtern vertreten war. Dem EZB-Bankenaufsichts-Regime unterliegen nur Österreich, Slowenien und Kroatien. Das Geschäft in Slowenien und Kroatien wird von Geschäftsbanken übernommen, in Tschechien wird man in die Insolvenz schlittern, Serbien wurde schon an eine andere Bank übertragen. Offen sind noch Ungarn, Bosnien-Herzegowina sowie Banja Luka, eine Region der Republika Srpska. Insgesamt betrug die Bilanzsumme 13,6 Mrd. Euro.

Kein SWIFT-Ausschluss

Die Maßnahme ist laut FMA notwendig, da die Bank ausfallgefährdet sei, da im Zuge der geopolitischen Entwicklungen zu massiven Liquiditätsabzügen gekommen sei, vor allem bei den Töchtern in Osteuropa. Dass die Sberbank nun doch nicht aus dem Zahlungsverkehrssystem SWIFT ausgeschlossen wird, habe mit der Entscheidung nichts zu tun, so die FMA.

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