Ein undurchsichtiges Angebot für den Flughafen Wien

Ein undurchsichtiges Angebot für den Flughafen Wien
Australischer Fonds will Kontrolle über den Airport. Steuersparende, intransparente Konstruktion, anonymer Trust auf Cayman, Millionenstrafe auf den Bermudas.

Das Übernahmeangebot des australischen Fonds IFM, von derzeit 40 auf knapp unter 50 Prozent aufzustocken, sorgt nicht nur am Flughafen Wien für Aufregung. Die Großaktionäre Wien und Niederösterreich, die derzeit noch das Sagen haben, sind ebenfalls beunruhigt. Sie könnten die Kontrolle über die Drehscheibe für Österreichs Luftverkehr und einen großen Arbeitgeber verlieren.

Aber an wen eigentlich?

Australischer Pensionsfonds, alles klar, würde man meinen. Doch aus den öffentlichen Angebotsunterlagen für die Flughafen-Aktionäre ergibt sich ein ziemlich intransparentes Konstrukt (siehe Grafik unten), dessen Entscheidungsträger auch auf Nachfrage des KURIER nicht offen gelegt werden. Steuersparen dürfte jedenfalls eine maßgebliche Rolle spielen.

Als Bieterin tritt die Airports Group Europe auf, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Luxemburg und 45.000 Euro Grundkapital. Diese Firma hält nur die Beteiligung am Wiener Flughafen.

Die Gesellschaft gehört der Global InfraCo, ebenfalls mit Sitz in Luxemburg.

Die rechtliche Alleingesellschafterin der Global ist, und jetzt wird es interessant, eine Conyers Trust Company mit Sitz auf den Cayman Islands. Der Trust hält seine Anteile treuhändig für IFM Global Infrastructure Fund (IFM GIF). Das ist der Fonds, dessen Investoren sind großteils institutionelle Pensionsfonds, nicht nur aus Australien, „die im Namen von Millionen von Arbeitnehmern Vermögen veranlagen“ (Eigendefinition).

Damit dies möglichst steuerschonend passiert, domiziliert IFM GIF ebenfalls auf Cayman. Alle Beteiligungen und Vermögenswerte des Fonds werden laut Angebotsunterlagen treuhändig von Conyers Trust gehalten.

Der Trust, der auch in den Panama Papers über Steueroasen vorkommt, ist das oberste Entscheidungsgremium des Fonds. Die Entscheidungen werden „vom Vorstand der Conyers Trust getroffen“, erklärt dazu die beauftragte PR-Agentur.

Ein undurchsichtiges Angebot für den Flughafen Wien

Rundum-Service

Wer hinter Conyers Trust steckt, wird nicht verraten. Wirtschaftliche Eigentümer seien die Partner von Conyers, Dill and Pearman, einer internationalen Anwaltskanzlei. Kein Partner besitze mehr als zehn Prozent der Aktien.

Heißt also, ein anonymer Trust in der Karibik steuert den größten Aktionär des Wiener Flughafens und will weiter aufstocken.

Conyers ist seit 1928 in den Steueroasen der Karibik tätig. Die weltweit tätige Anwaltsfirma bietet alles an, was man für Offshore-Konstruktionen so benötigt und wirbt mit Fachpersonal, Effizienz und Zuverlässigkeit. Das Treuhandservice umfasst die Kooperation mit Anlageverwaltern und Depotbanken, die Kontenführung aller Treuhandvermögen etc. Sowie die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen, einschließlich Verfahren zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Geldstrafen auf Bermuda

Genau damit aber dürfte der Conyers-Standort auf Bermuda offenbar Probleme gehabt haben. Anfang Mai 2022 fasst Conyers zwei Geldstrafen der Bermuda Monetary Authority über insgesamt mehr als zwei Millionen Dollar aus, weil die Regulatorien für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht den Anforderungen entsprochen hätten. Dürfte eine Verwechslung sein, es habe sich um andere Unternehmen gehandelt als jene mit Verbindungen zu IFM GIF, erklärt die Agentur dazu. Stimmt schon, für IFM GIF ist Conyers Cayman zuständig, aber die Bermuda-Gesellschaften gehören ebenfalls zur Conyers-Gruppe.

In Polen blitzte IFM 2017 übrigens bei der Übernahmevon Heizkraftwerken der französischen EdF ab. Trotz Bestangebot blockierte die polnische Regierung, die Eigentümer von Energieunternehmen müssten einschätzbar und identifizierbar sein.

Neben der Übernahmekommission prüft derzeit das Wirtschaftsministerium nach dem Investitionskontrollgesetz, zuständig für Übernahmen von kritischer Infrastruktur von außerhalb der EU. In spätestens vier Monaten sollte ein Ergebnis vorliegen.

Die Flughafen-Vorstände Günther Ofner und Julian Jäger rieten bereits ebenso wie der Aufsichtsrat den Streubesitz-Aktionären von der Annahme des Angebots ab. Der Preis sei angesichts der guten Performance und der positiven Erwartungen des Unternehmens zu gering.

Befürchtungen

Der Fonds bietet 33 Euro je Aktie. IFM könnte die unterbewertete Aktie von der Börse nehmen, aufwerten und eine fette Dividende ausschütten, befürchten die Großaktionäre. Der Fonds wollte angeblich schon 2020 die Kontrolle, einen eigenen, dritten Vorstand und die Hälfte der Aufsichtsratsmandate. 

IFM stieg 2014 in die Flughafen AG ein, hält derzeit 40 Prozent und will  aus dem Streubesitz  weitere 9,99  Prozent erwerben.  Die Länder Niederösterreich und Wien halten syndiziert je 20 Prozent, die Mitarbeiterstiftung 10 Prozent.

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