Expertin klärt auf: Was bei der Firmenübergabe zu beachten ist

Carpenters at work
Fast jeder zweite Klein- und Mittelbetrieb plant in den nächsten Jahren eine Übergabe. Viele beginnen aber zu spät mit der Planung.

Österreichs Wirtschaft steht vor einem großen demografischen Wandel. Tausende von  „Babyboomern“ gegründete  Betriebe sind in die Jahre gekommen. Laut einer Umfrage von Spectra Marktforschung im Auftrag der Notariatskammer plant  fast jeder zweit  Klein- und Mittelbetrieb  (KMU) innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Übergabe.  

Befragt wurden österreichweit 500 KMU  mit bis zu 250 Mitarbeitern. 49 Prozent der befragten Betriebe geben an, noch keinen geeigneten Nachfolger oder Nachfolgerin zu haben – besonders betroffen davon sind Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten.

Es wird zu spät mit der Planung begonnen

Viele Betriebe beginnen viel zu spät mit einem Übergabeplan und unterschätzen, wie komplex und emotional behaftet das Loslassen vom eigenen Unternehmen sein kann. Mangels Übernehmer innerhalb der Familie, wird auch immer häufiger außer Haus vergeben.

Der KURIER fragte bei Unternehmensrechtsexpertin und Notarsubstitutin Christina Mazelle-Rasteiger nach, was bei der Unternehmensnachfolge zu beachten ist.

KURIER: Ab wann ist es für Unternehmerinnen und Unternehmer sinnvoll, die Nachfolge zu regeln?

Mazelle-Rasteiger: Ein fixer Zeitpunkt ist schwer zu definieren, da dies aus meiner Sicht von vielen Faktoren abhängt, etwa ob die Übergabe familienintern oder extern geplant ist, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist oder ob die Übergabe zu einem bestimmten Stichtag erfolgen soll. Generell kann man wohl sagen: Sinnvoll wäre, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin spätestens ein Jahr vor dem geplanten Übergabestichtag gefunden ist, damit man genug Zeit für die Planung und konkrete Umsetzung der Übergabe hat. Die Suche nach dem Nachfolger sollte jedenfalls schon zeitig davor begonnen werden.

Wann sollte denn der Übergabestichtag sein?

Für die Wahl des konkreten Übergabestichtages sind meist Faktoren wie Pensionsantrittsvoraussetzungen, der Bilanzstichtag oder das Saisonende relevant.

Was sind die häufigsten Fehler bei der Übergabe?

Aus meiner Sicht sind die größten Fehler, sich zu spät mit den Themen zu beschäftigen und nicht rechtzeitig über Alternativen nachzudenken, wenn die Wunschkonstellation nicht zu klappen scheint.

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Notarsubstitutin Christina Mazelle-Rasteiger 

Was empfehlen Sie, wenn niemand in der Familie übernehmen will?

Ich empfehle, die Augen in alle Richtungen offen zu halten und sich folgende Fragen zu stellen: Gibt es Mitarbeiter, die sich eignen würden, langsam in die Rolle des Unternehmers hineinzuwachsen? Könnte der Verkauf des Unternehmens an einen Mitbewerber eine Lösung darstellen? Oder wäre die Verpachtung des Betriebs eine Alternative?

Welche Formvorschriften gelten bei einer Übernahme?

Dies hängt von der jeweiligen Rechtsform des Unternehmens und davon ab, ob der Betrieb oder der Rechtsträger (etwa eine Gmbh, Anm. ) übertragen wird. War das Unternehmen bisher im Firmenbuch registriert? In welcher Rechtsform soll es sinnvoller Weise zukünftig geführt werden? Beispielsweise könnte ein Betrieb, der bisher als Einzelunternehmen geführt wurde, zukünftig von Geschwistern oder Partnern in Form einer OG geführt werden. Für einige Vertragsarten gelten jedoch Formvorschriften wie Beglaubigung oder Notariatsakt. Manches ist formfrei.

Was ist steuer- und arbeitsrechtlich zu beachten?

Sowohl von der Übergeber- als auch von der Übernehmerseite gibt es eine ganze Reihe steuerlicher Themen, die es zu erörtern und zu bedenken gibt. Dafür ist die Beziehung der Steuerexperten des Vertrauens unerlässlich. Die Palette reicht von steuerlichen Vergünstigungen für Betriebsübergaben bei Erreichen der jeweiligen Altersgrenze – Stichworte  halber Einkommensteuersatz, Hauptwohnsitzbegünstigung, Grunderwerbsteuerbefreiungen – über Umsatzsteuerthemen bis hin zum Übergang der Dienst- und Arbeitsverhältnisse mit den entsprechenden Informationspflichten und Verpflichtungen und diversen Förderungen.

Müssen allfällige Schulden immer mit übernommen werden?

Nein. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Übergabeobjekts müssen genau geprüft werden, und zwar egal, ob das Unternehmen in der Familie übergeben oder an Dritte verkauft wird. Das Ergebnis dieser Prüfung fließt in die Überlegungen zur sinnvollsten Übergabeform ein. Es ist Verhandlungssache, was dann konkret übernommen wird. Das Ergebnis muss natürlich für beide Seiten passen. Ein Haftungsausschluss kann dann auch im Firmenbuch eingetragen werden.

Welche persönlichen Tipps haben Sie für die Nachfolgeplanung?

Ich empfehle, rechtzeitig zu beginnen und sich ergebnisoffen beraten zu lassen. Gerade im ländlichen Bereich empfiehlt sich, neben der Nachfolgebörse der WKO auch die Mundpropaganda und die eigenen Kontakte zu nutzen. Nicht vergessen werden sollten auch die erbrechtlichen Rahmenbedingungen, etwa Pflichtteile.

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