EU-Wiederaufbauplan: Merkel und Macron ziehen Initiative an sich

Archivbild von Oktober 2019: Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel
Gemeinsame Videokonferenz. Plan der EU-Kommission folgt erst am 27. Mai. Umfang "deutlich mehr" als kolportierte 320 Mrd. Euro.

Deutschland und Frankreich ziehen nun offenbar die Initiative rund um den geplanten Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft an sich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen für die anstehenden EU-Finanzverhandlungen eine gemeinsame deutsch-französische Position abstecken. Beide Regierungen kündigten eine Video- und eine Pressekonferenz mit Merkel und Macron für Montagnachmittag um 15.30 Uhr an. Um 17 Uhr soll es eine gemeinsame Pressekonferenz geben.

Gemeinsame Position

Details wurden vorab nicht bekannt, aber es soll nach Angaben von EU-Diplomaten darum gehen, eine gemeinsame Position der beiden größten EU-Volkswirtschaften noch vor der  Bekanntgabe der Vorschläge der EU-Kommission zu finden.

Im Elysee-Palast in Paris hieß es, dass es dabei auch um Themen wie öffentliche Gesundheit, Wiederaufbau-Programme, industrielle Souveränität, Umweltschutz und Digitalisierung gehen solle.

Frankreich hatte wie Italien und Spanien auf große Finanzhilfen gedrungen. Deutschland lehnt etwa sogenannte Corona-Bonds, also vergemeinschaftete Anleihen, ab. Die
Bundesregierung hatte sich allerdings mehrfach zu deutlich größeren Hilfen in der EU bekannt.

Zudem dringen Merkel und Macron auf eine größere technologische Unabhängigkeit Europas in Bereichen wie IT und Medizintechnik. Frankreich ist von der Corona-Krise wesentlich stärker betroffen als Deutschland und verzeichnet dreimal mehr Tote und einen deutlich größeren Wirtschaftseinbruch.

Kommissionsplan am 27. Mai

Der Plan der EU-Kommission zur wirtschaftlichen Erholung nach der Coronakrise nimmt unterdessen langsam Gestalt an. Insider bestätigten einen Bericht der Financial Times vom Montag über Größenordnung und Verwendung des geplanten Programms.

Dieses soll demnach "erheblich größer" sein als die 320 Milliarden Euro, die kürzlich in einem internen Papier genannt worden waren.

Darüber hinaus sei nun das Ziel, den größeren Teil des Geldes als Zuwendungen zu vergeben - und nicht als rückzahlbare Kredite. Diese Eckpunkte hätten sich nach vielen Gesprächen mit den EU-Staaten, dem Europaparlament und innerhalb der Kommission ergeben, hieß es.

EU-Wiederaufbauplan: Merkel und Macron ziehen Initiative an sich

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Höchst umstritten

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Auftrag der EU-Staaten, ein konsensfähiges Modell für den Wiederaufbau nach der dramatischen Corona-Wirtschaftskrise zu entwerfen. Größe und Finanzierung sind aber ebenso umstritten wie die Frage, ob die geplanten Hilfen als Kredit oder als Zuwendung an die EU-Staaten fließen soll.

Von der Leyen hat die Präsentation ihres Plans mangels Konsens immer wieder vertagt, nun aber für den 27. Mai angekündigt.

Mit EU-Haushalt kombiniert

Bekannt ist bereits, dass von der Leyen den Wiederaufbauplan in den nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen 2021 bis 2027 einbetten will. Zur Finanzierung will sie mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen. Vor einigen Wochen kursierte ein internes Papier, wonach dies 320 Mrd. Euro sein sollten. Nun ist klar: Es soll deutlich mehr werden.

Den tatsächlichen Umfang und die Details nennen die Beteiligten aber noch nicht. EU-Vertreter räumen ein, dass noch nicht alle EU-Staaten mit von der Leyens Plan einverstanden sind, über Kredite aufgenommenes Geld als Zuwendung an Krisenstaaten auszuzahlen. Da müsse noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, heißt es.

Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel hatten darauf gepocht, dass es keine Transfers, sondern rückzahlbare Hilfskredite geben sollte.

Kommentare