EU schreibt South Stream nicht ab

Die Absage Russlands für das milliardenschwere South-Stream-Projekt war die vermutete kalte Dusche. Das bestätigte Maros Sefkovic, der für die Energieunion zuständige Vizepräsident der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel: „Wir haben die Entscheidung nur aus den Medien erfahren, es ist der Kommission nicht offiziell mitgeteilt worden.“ Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche überraschend verkündet, das Projekt sei gestoppt.
Sefkovic beriet Dienstagnachmittag mit Vertretern der acht besonders betroffenen Länder – darunter Österreich –, wie es von europäischer Seite weitergeht. Erster Schritt: Eine Arbeitsgruppe soll ausloten, welche alternativen Projekte möglich sind. Ein Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, ist die Errichtung von vertikalen Gaskorridoren, die auf der Vernetzung mit dem geplanten „südlichen Gaskorridor“ fußen, über den Erdgas aus Aserbaidschan über die Türkei und Griechenland nach Bulgarien fließen soll. Hier hoffe man auf eine Beschleunigung: „Bis 2019 soll das Gas vom Kaspischen Meer bis an die Grenzen der EU geleitet werden“, sagt Sefkovic.
"Absage ist keine Katastrophe"
Für Russland stand hinter South Stream stets die Überlegung, die Stellung der Ukraine als Transitland für russisches Gas nach Europa mit einer Pipeline durch das Schwarze Meer und den Balkan zu schwächen. Mit dem angekündigten Ersatzprojekt, einer Leitung über die Türkei, will man der EU nun ein neues „mächtiges Transitland“ vorsetzen.
Doch ob das Projekt tatsächlich gestorben ist und wie gravierend das für Europa wäre, dazu gab es auch gestern nur vorsichtige Bewertungen: Die Absage sei „keine Katastrophe“, sagte der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel. Er verwies darauf, dass South Stream ohnehin schon länger „in Schwierigkeiten“ gewesen sei: Aus Sicht der EU-Kommission widersprach es europäischem Recht, dass Gazprom sowohl die Leitungen betreiben wie auch das Gas liefern sollte; Bulgarien hatte daher die Arbeiten im Juni auf Eis gelegt.
Gabriel hat South Stream aber noch nicht abgeschrieben: „Für Europa insgesamt wäre es gut, wenn das Projekt nicht auf Dauer gestorben wäre.“ Er hoffe, dass „man wieder ins Gespräch kommt, wenn sich die Lage zwischen Europa und Russland irgendwann wieder normalisiert hat“.
Aus Sicht von Energie-Control-Chef Walter Boltz sollten die EU-Staaten die Absage Russlands als Chance sehen: „Eigentlich war das ja, was wir die ganze Zeit wollten.“ Russland hätte stets darauf geachtet, „die Lieferwege und die Endbestimmungen ihres Gases ganz genau zu kontrollieren“, obwohl dies den EU-Regeln widerspreche, so Boltz zur APA. Nach der South-Stream-Absage gebe es nun die Möglichkeit, „dass wir eine den europäischen Regeln entsprechende Gastransport-Möglichkeit nach Europa schaffen“. Er sei sicher, so Boltz, „es wird sich in Europa jemand finden, der diese Pipeline baut“.
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann und der russische Präsident Wladimir Putin haben miteinander telefoniert. Dies berichtete die russische Präsidentschaftsadministration am Dienstag auf ihrer Homepage.
In der offiziellen Pressemitteilung, die aus lediglich zwei Sätzen besteht, ist von einem Meinungsaustausch zwischen Faymann und Putin die Rede, der sich auf "Zusammenarbeit am Energiesektor" bezogen habe. Insbesondere sei dabei auch auf den Abbruch des South-Stream-Gaspipelineprojekts verwiesen worden.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte bei einem Besuch in der Türkei vergangene Woche überraschend das Aus für die South Stream-Pipeline verkündet, die von Russland, über das Schwarze Meer, Bulgarien, Serbien und Ungarn auch nach Österreich hätte führen sollen. Im vergangenen Juni hatten OMV und Gazprom während eines Staatsbesuchs von Wladimir Putin in Wien den Vertrag über das österreichische Teilstück unterzeichnet.
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