EU könnte eigenes Investorengericht bekommen

SITZ DER EU-KOMMISSION: BERLAYMONT-GEBÄUDE
Laut einem inoffiziellen EU-Kommissionspapier soll es um einen justiziellen Sonderweg für Investoren gehen. NGOs kritisieren das.

 

Investitionsschutzregeln, wie sie im Rahmen der Handelsabkommen TTIP und CETA vorgesehen waren und für Aufregung gesorgt haben, sind heute für die EU angedacht.

Das berichtet das Nachrichtenmagazin "profil" unter Berufung auf ihm vorliegende Dokumente. Die EU-Kommission denkt demnach konkret über die Einführung eines Investitionsschutzsystems innerhalb der EU nach. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) unterstützt die Initiative.

Investitionsklima optimieren

Angenommen, ein österreichisches Unternehmen investiert in Frankreich und es kommt zu einem Konflikt mit dem französischen Staat, könnte sich das Unternehmen - unabhängig von der nationalen Gerichtsbarkeit - an einen "Investitionsgerichtshof auf EU-Ebene" wenden, schreiben "profil" und der deutsche "Spiegel".

So stehe es in einem "Non-Paper", einem inoffiziellen Diskussionspapier der EU-Kommission von Ende 2020. Bei diesem Gerichtshof könnten "Investoren ihre Ansprüche vorbringen und verbindliche Entscheidungen erlangen", so der Entwurf.

Bis Ende des heurigen Jahres plant die EU-Kommission eine Verordnung, um das "Investitionsklima in der EU zu optimieren", so die Website der Behörde. Unter anderem brauche es eine "Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Streitfällen zwischen Investoren und einzelnen EU-Staaten".

"Privilegien für Konzerne"

Europas Unternehmen, vorne dabei österreichische, lobbyieren laut "profil" massiv für einen Investitionsschutz in der EU. Ein EU-Investitionsgerichtshof ist aber nur eine von mehreren möglichen künftigen Einrichtungen, von denen in den Gesprächsprotokollen aus Brüssel die Rede ist. Alternativ werden auch andere Maßnahmen debattiert, die etwas weniger weitreichend wären. Auch ein zentraler "Ombudsmann" könnte kommen, an den sich Konzerne wenden können.

Es dürfte jedenfalls um einen justiziellen Sonderweg für Investoren gehen, schreibt das Magazin. "Hier wird klammheimlich an Privilegien für Konzerne gearbeitet, damit sie sich nicht mehr der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit bedienen müssen", kritisiert Pia Eberhardt, Aktivistin der NGO "Corporate Europa Observatory" in Brüssel (CEO), die sich mit Lobbying-Aktivitäten in der EU auseinandersetzt. CEO legte dieser Tage einen umfangreichen Bericht zum Thema vor.

Kritik kommt auch von der globalisierungskritischen NGO Attac: "Sonderklagerechte für Konzerne bedrohen eine Politik im Interesse des Gemeinwohls und sind mit der Demokratie unvereinbar. Attac fordert die Regierung daher auf, sich für das Ende jeglicher Konzern-Sonderrechte einzusetzen", so Iris Frey von Attac Österreich laut einer Aussendung vom Montag. Österreich habe erst eines der zwölf alten Abkommen zu Konzern-Sonderklagerechten mit anderen Staaten gekündigt, die 2018 vom EuGH für rechtswidrig erklärt worden waren, so die NGO.

Schramböck begrüßt Initiative

"Rechtssicherheit ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität eines Investitionsstandorts", zitiert das "profil" aus einer Stellungnahme von Wirtschaftsministerin Schramböck. "Wir begrüßen daher die Initiative der Europäischen Kommission ausdrücklich und hoffen auf rasche Fortschritte."

Man urgiere auch eine "zeitnahe Intensivierung der Gespräche". Und: "Hinsichtlich konkreter Maßnahmen sehen wir den Vorschlägen der Kommission mit großem Interesse entgegen und hoffen auf einen ambitionierten Vorschlag." Der Vorschlag soll bis Jahresende kommen.

Kommentare