Hoher Besuch beim Spatenstich für das neue Chipwerk des taiwanesischen Branchenriesen TSMC in Dresden. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz griff gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Schaufel, um die Wichtigkeit der geopolitischen Neuansiedelung zu zelebrieren.
Gut 10 Milliarden Euro fließen in das Gemeinschaftsvorhaben von TSMC und der bereits in Dresden ansässigen Firmen Bosch, Infineon und NXP Semiconductor. Die Hälfte der Investitionskosten wird von den Steuerzahlern in Deutschland im Rahmen staatlicher Subventionen aufgebracht- TSMC soll 70 Prozent an dem Unternehmen halten, die anderen Partner jeweils zehn Prozent. Das Werk trägt die Bezeichnung European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC) und wird damit zum wichtigen Bestandteil der Chipproduktion in Europa.
„Wir sind begeistert, dass ein so wichtiger Akteur der weltweiten Halbleiter-Szenerie jetzt hier bei uns einen Standort öffnet“, sagte Scholz bei der Veranstaltung. Er wies auch auf die wichtige Rolle von Halbleitern auf dem Weg zur Klimaneutralität hin. Diese sei nur mit Windkraft, Photovoltaik und klimaneutraler Mobilität zu erreichen. „Alle diese Bereiche haben aber eines gemeinsamen: Sie brauchen Halbleiter, sehr, sehr viele Halbleiter“, sagte er. In einem E-Auto steckten etwa schon heute doppelt so viele Chips wie in einem Auto mit Verbrennungsmotor.
Die Vorteile werde man weit über Dresden und Sachsen hinaus spüren, sagte von der Leyen. Die europäische Industrie werde von zuverlässigeren Lieferketten und neuen Produkten, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, profitieren. „In Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen wird auch TSMC von der geographischen Diversifizierung nach Europa profitieren“, betonte von der Leyen.
EU genehmigte Milliarden-Hilfe
Rechtzeitig zum Spatenstich genehmigte die EU-Kommission am Dienstag die 5 Milliarden Euro schwere Staatshilfe zum Bau der Chipfabrik. Das Werk leiste einen wichtigen Beitrag zum "digitalen und grünen Wandel" in der EU, so die Begründung.
Aber was genau hat es mit dem Großprojekt auf sich, warum ist es so wichtig und wie geht es nun weiter? Hier die wichtigsten Fragen:
- Was genau wird jetzt in Dresden gefertigt?
Die Chip-Fertigung soll 2027 anlaufen. Im Gegensatz zu den Chips für Hochleistungs-Smartphones sollen die Halbleiter aus dem neuen Werk in Dresden nicht in den neuesten 3- oder 4-Nanometer-Verfahren hergestellt werden, sondern mit höheren Strukturbreiten. Solche herkömmlichen Chips sind in der Autobranche gängig. Mit der Ausbreitung vernetzter Fahrzeuge und Elektroautos benötigt die Branche immer mehr davon.
- Wo sollen die Fachkräfte für das neue Werk herkommen?
Bei ESMC sollen 2.000 Arbeitsplätze entstehen. Für den Fachkräftebedarf wird schon vorgesorgt. Dieser Tage kehrten die ersten 30 Studenten sächsischer Hochschulen aus Taiwan zurück. Sie hatten dort sechs Monate studiert und Praktika bei TSMC absolviert. Im kommenden Jahr soll eine duale Ausbildung in den Berufen Mikrotechnologe und Mechatroniker beginnen. Im Jänner 2025 will das Unternehmen auf der Ausbildungsmesse „Karrierestart“ in Dresden präsent sein. Auch Fachkräfte aus Taiwan sollen die Arbeit in Dresden unterstützen.
- Wie weit sind weitere Großprojekte der Branche in Deutschland?
In Magdeburg plant Intel den Bau mehrerer Chipfabriken. Mit einem Volumen von rund 30 Milliarden Euro ist es die größte Investition in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bundesregierung will dafür Hilfen von 9,9 Milliarden Euro leisten, dafür steht aber die EU-Genehmigung noch aus. Intel ist inzwischen auf Sparkurs, hält nach Angaben der Landesregierung in Magdeburg aber an den Vorhaben fest.
Im saarländischen Ensdorf plant der US-Hersteller Wolfspeed für rund 2,7 Milliarden Euro eine Fabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid. Es gibt jedoch Verzögerungen. Wolfspeed hat mitgeteilt, mit dem Baubeginn sei erst 2025 zu rechnen. In München baut der iPhone-Konzern Apple sein Zentrum für Chip-Design milliardenschwer aus. In Dresden wiederum baut auch Infineon sein Werk aus. Ab September 2025 sollen die Maschinen kommen und im Jahr darauf die Produktion beginnen. Infineon will fünf Milliarden Euro in diese Erweiterung stecken und damit über 1.000 neue Jobs schaffen.
- Warum fördert der Staat und die EU die Ansiedlungen?
Lieferengpässe in der Corona-Zeit haben offenbart, wie abhängig Deutschland und Europa von der Chip-Versorgung vor allem aus Asien sind. Die Autoindustrie war besonders hart betroffen. Mehrere Hersteller mussten die Produktion aussetzen. Nun könnte Deutschland aus Sicht vonKanzler Olaf Scholz (SPD) der große Standort für die Halbleiterproduktion in Europa werden.
Das sei wichtig für die Resilienz von Produktionsstrukturen in der ganzen Welt, erklärte Scholz im vergangenen Jahr, als das Dresdner Projekt bekannt wurde. Staatliche Beihilfen sind bei solchen Vorhaben nicht ungewöhnlich. Es gibt aber immer wieder auch Kritik daran, den Unternehmen mit Steuergeld unter die Arme zu greifen.
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