Einbruch im Dienstleistungssektor drückt Konjunktur

Einbruch im Dienstleistungssektor drückt Konjunktur
Ökonomen der Bank Austria erwarten deswegen einen zweistelligen Rückgang des BIP im zweiten Quartal.

Die Stimmung im Dienstleistungssektor in Österreich hat im April einen historischen Tiefpunkt erreicht, konstatieren Ökonomen der Bank Austria. Die besonders starke Betroffenheit in diesem Sektor hatte wesentlichen Einfluss darauf, dass sich der Bank-Austria-Konjunkturindikator von 0,6 Punkten auf ein Tief von minus 3,1 Punkten verringerte.

"Das ist der mit großem Abstand stärkste Rückgang in der knapp dreißigjährigen Geschichte der Indikatorberechnung innerhalb eines Monats auf den niedrigsten jemals gemessenen Wert. Damit ist die Konjunkturstimmung in Österreich infolge des Lockdowns auch spürbar schlechter als während der Finanzkrise 2009", schreibt Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer.

Schätzung

Der Bank-Austria-Konjunkturindikator versucht, eine Schätzung des Konjunkturklimas rund ein Quartal vor Veröffentlichung der Bruttoinlandsprodukt-(BIP)-Zahlen zu geben. Wesentliche Komponenten sind u.a. das Vertrauen der internationalen und österreichischen Industrie, der österreichischen Verbraucher und des heimischen Dienstleistungssektors.

Dienstleistungssektor

Fast 50 Prozent des jüngsten Rückgangs sind demnach dem Dienstleistungsbereich geschuldet. Dort sackte die Stimmung aufgrund der Geschäftsschließungen zur Eindämmung des Coronavirus auf den niedrigsten Wert seit der Berechnung des Indikators ab. Im Gegensatz zu üblichen Konjunkturschwankungen war somit nicht die Entwicklung der Nachfrage für den raschen Stimmungsumschwung der Dienstleister ausschlaggebend.

Laut den Experten waren die österreichischen Konsumenten im März noch optimistisch. Erst mit den spürbaren Auswirkungen des Lockdowns auf den Arbeitsmarkt schlug die Stimmung um. Das Verbrauchervertrauen, das im Index mit 30 Prozent gewichtet ist, liege jedoch noch klar über den Rekordtiefstständen während der Finanzkrise.

Die stark exportorientierte Industrie leide, wenn auch etwas weniger stark als die Dienstleister, unter der Doppelbelastung des heimischem und der internationalen Lockdowns, erklärte Bruckbauer. "Die Bauwirtschaft ist dank der bereits im April erfolgten ersten Lockerungen und der weiter gut gefüllten Auftragsbücher relativ am geringsten belastet."

Zweistelliger Einbruch

Die Ökonomen bekräftigen ihre Einschätzung, wonach Österreichs Wirtschaftsleistung mit der schrittweisen Öffnung einiger Bereiche für Mai und Juni eine leichte konjunkturelle Verbesserung erfahre. Dennoch sei ein zweistelliger Einbruch für das zweite Quartal im Vergleich zum Jahresbeginn zu erwarten. "Im ersten Halbjahr 2020 wird sich daher voraussichtlich ein Rückgang des BIP um etwas mehr als 10 Prozent im Jahresvergleich ergeben", wird Ökonom Walter Pudschedl zitiert.

Eine konjunkturelle Gegenbewegung ab Jahresmitte werde den Wirtschaftseinbruch 2020 auf neun Prozent begrenzen, das Vorkrisen-Niveau würde aber erst Mitte 2022 erreicht. Konsum- und Investitionszurückhaltung, fehlende Nachfrageimpulse aus dem Ausland sowie die Gefahr eines Wiederauflebens der Pandemie stünden einer raschen Erholung entgegen.

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