Die fünf größten Mythen der Energiewende

Die fünf größten Mythen der Energiewende
Klima- und Energiefonds will mit "Faktencheck" Debatte anstoßen

Wenige Wochen vor dem Weltklimagipfel in Paris präsentiert der heimische Klima- und Energiefonds eine Neuauflage seiner Broschüre "Faktencheck Energiewende". Darin wird anhand wissenschaftlicher Fakten mit gängigen Vorurteilen aufgeräumt und klar für die erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Biomasse etc. ) Partei ergriffen.

"Der Weltklimagipfel kann eine entscheidende Wende bringen", hofft Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klimafonds. Europa dürfe in Sachen Klimaschutz nicht weiter zurückfallen, sondern müsse "einen Gang zulegen". Entschlossenes politisches Handeln sei gefragt. Aus Sicht der Klimaschützer müssten vor allem folgende Mythen zurecht gerückt werden.

Mythos 1: Treibhauseffekt und Erderwärmung gehen gar nicht auf menschliche Aktivitäten zurück, das Klima hat sich ja schon immer geändert.

Fakten: Die wissenschaftliche Sicherheit über Ursachen und Bedrohung durch den Klimawandel ist größer denn je. Die Hauptverantwortung für die globale Erwärmung trägt der Mensch. Die CO2-Konzentration ist deutlich höher als jemals zuvor in der (aufgezeichneten) Menschheitsgeschichte. 2014 war das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen vor 135 Jahren.

Mythos 2: Ambitionierte Klima- und Energiepolitik schadet dem Industriestandort

Fakten: Die Höhe der Energiekosten sind - abgesehen von einzelnen energieintensiven Branchen - gar kein zentraler Wettbewerbsfaktor für eine Volkswirtschaft. Sie betragen in Österreich durchschnittlich 2,6 Prozent der Gesamtkosten eines produzierenden Betriebs.

Mythos 3: Europas Beitrag zum Klimaschutz ist unbedeutend, solange in China jede Woche ein Kohlekraftwerk eröffnet wird. Höhere Steuern auf fossile Energie bzw. CO2-Abgaben ergeben nur im internationalen Gleichklang Sinn.

Fakten: Der Kohleboom in China ist vorbei. Die Auslastung chinesischer Kohlekraftwerke fiel 2014 auf den niedrigsten Stand seit mehr als dreißig Jahren. "China treibt derzeit die Entwicklung im erneuerbaren Bereich am stärksten voran", meint Hörbarth. Auch die USA verzeichnen seit 2005 einen Rückgang an Treibhausgasen, vor allem durch schärfere Grenzwerte bei den Treibstoffen und den Rückgang bei Kohlekraftwerken.

Mythos 4: Enereuerbare Energien sind hoch subventioniert Ihre Förderung verhindert den freien Markt.

Fakten: Die Subventionen für den Verbrauch fossiler Energie (Kohle, Erdöl, Erdgas) sind weltweit fünfmal so hoch wie für enereuerbare Energie. Konkret wurden die Fossilen laut IEA World Energy Outlook 2014 weltweit mit 548 Mrd. Dollar subventioniert. Rechnet man die Umweltkosten mit ein, betragen sie laut IWF sogar 5,3 Billionen Dollar.

Mythos 5: Erneuerbare Energien werden in den kommenden Jahrzehnten keine Rolle spielen. Sie sind zu teuer, ineffizient und wirtschaftlich kein relavanter Faktor.

Fakten: Erneuerbare haben den Sprung aus der Nische längst geschafft. Erstmals wird weltweit mehr in erneuerbare Energie invetiert als in fossile und nukleare zusammengenommen. 59 Prozent der Leistung aller im Jahr 2014 fertiggestellten Kraftwerke kommen aus dem Beriech der erneuerbaren Energie. Treiber dieser Entwicklung ist auch hier China.Weltweit arbeiten rund 7,7 Milllionen Menschen im Bereich Öko-Energie, in Österreich sind es etwa 40.000.

Jurrien Westerhof, Geschäftsführer von Erneuerbare Energie Österreich, sieht im Faktencheck die Bestätigung, dass es durch die Energiewende "große Potenziale für die heimische Wirtschaft und den Standort" bieten. Zugleich warnt er aber vor einem Rückfall. "Der Markt in Österreich schrumpft, das hat Folgen für den Export und die Arbeitsplätze", so Westerhof. Als Beispiel nennt er die Biomasse. "Österreich ist bei der Herstellung von Biomasseheizkessel führend, aber bald werden die Chinesen die Kessel nachbauen und wir werden das Nachsehen haben". Um Planungssicherheit zu haben, fordert er eine ambitioniertere, neue Energiestrategie für Österreich. "Wir hoffen jetzt auf Paris", so Westerhof.

Der "Faktencheck Energiewende 2015" ist in ausführlicher Form u.a. mit interaktiven Grafiken hier abrufbar.

Das Kohlekraftwerk Dürnrohr in der niederösterreichischen Gemeinde Zwentendorf, wird 2025 abgeschalten. Dies teilte der Energieversorger EVN am Mittwoch mit. Nach der Abschaltung betreibt die EVN kein Kohlekraftwerk mehr in Österreich. Für die Fernwärmeversorgung aus Dürnrohr, vor allem für St. Pölten, wird man eine Nachfolgelösung brauchen, heißt es.

Die fünf größten Mythen der Energiewende
APA18348498 - 14052014 - ZWERNDORF - ÖSTERREICH: Das Kraftwerk Dürnrohr, aufgenommen am Mittwoch, 14. Mai 2014, nahe dem Ort Zwentendorf. Aus Kostengründen schließt der heimische Energiekonzern Verbund das Kraftwerk, neben vier weiteren Betrieben. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Ein Großteil der Fernwärme komme bereits jetzt aus der Müllverbrennungsanlage, es werde auch weiter Einrichtungen für eine Wärmeversorgung geben, konventionell oder auf Basis erneuerbarer Energien.

AKW-Ersatz

Das Kraftwerk Dürnrohr wurde als Ersatz für das AKW Zwentendorf errichtet, seit 1986 wird hier Strom erzeugt. Die Einsatzstunden sind laut EVN im Zuge der Energiewende hin zu Erneuerbaren deutlich zurückgegangen: Waren es bis circa zum Jahr 2005 bis zu 6000 Volllaststunden, sind es heute maximal 2000. Strom werde bereits jetzt primär nur noch dann erzeugt, wenn es zu wenig Wind oder Sonne gibt, oder wenn es zur Netzstabilisierung in Ostösterreich oder als Reservekapazität für den süddeutschen Raum erforderlich ist.

Der Verbund hat seinen Teil von Dürnrohr per Ende April 2015 stillgelegt und hat noch ein Kohlekraftwerk im steirischen Mellach, das bis 2020 für die Fernwärmeversorgung der Stadt Graz betrieben werden muss. Die Kapazität des Verbund-Blocks in Dürnrohr lag bei 386 Megawatt (MW), jene des EVN-Teils bei 352 MW. Die Energie AG Oberösterreich schaltet ihr Kohlekraftwerk Riedersbach 2 im Jahr 2016 ab und verstromt dann keine Kohle mehr.

Umweltschützer-Kritik

Den Umeltschützern von Global 2000 kommt der Kohle-Ausstieg zu spät. „Wenn die EVN einen Beitrag zum Klimaschutz leisten will, dann muss sie spätestens bis 2020 aus Kohle aussteigen. In zehn Jahren ist das Kohlekraftwerk ohnehin schrottreif und am Ende der Lebensdauer angelangt. So lange können wir aus Klimaschutzgründen nicht mehr warten“, sagt Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von Global 2000. Auch Greenpeace drängt auf einen früheren Zeitpunkt. Sie sieht den Ausstieg der EVN aber als "deutliches Signal in Richtung Pariser Klimakonferenz".

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