Österreich und das Geschäft mit dem Wiederaufbau in der Ukraine

bilfinger
Sanierungen haben schon begonnen, 200 österreichische Unternehmen sind vor Ort, EU garantiert bis zu 50 Milliarden Euro.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

So sehr die Bilder von den Zerstörungen durch die russischen Angriffe immer noch schockieren, in der Ukraine hat der Wiederaufbau bereits begonnen. Hunderte Gebäude und Brücken müssen saniert werden, aber genauso wichtig ist die Erneuerung von Infrastruktur, Technologie und Industrie. 

„Nicht nur eine Antwort auf die Zerstörung, sondern ein sichtbares Zeichen der Hoffnung“, sieht Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) dabei gute Chancen für die heimische Wirtschaft.

Erste Projekte in der Energieversorgung, dem Transportwesen und im kommunalen Bereich würden zeigen, „wie ernst es die internationale Gemeinschaft meint“. Auch die österreichische Wirtschaft „kann und soll eine aktive Rolle spielen – mit Know-how, Innovationskraft und verantwortungsvoller Partnerschaft“, erklärt Hattmannsdorfer gegenüber dem KURIER. Der Wiederaufbau sei mehr als Infrastruktur, „er ist eine Investition in eine stabile Zukunft“.

Rund 1000 heimische Unternehmen pflegen Geschäftsbeziehungen mit der Ukraine, 200 sind mit Niederlassungen vor Ort und 25 haben Produktionsstätten. Bereits im Vorjahr zeigten sich erste zarte Anzeichen eines Aufwärtstrends.

Sechsgrößter Investor

Die Exporte in das kriegsgeschüttelte Land stiegen um mehr als acht Prozent auf knapp 666 Millionen Euro, die Importe allerdings gingen um 13 Prozent auf 810 Millionen zurück. Im ersten Quartal 2025 exportierte die Alpenrepublik um 17 Prozent mehr.

17 österreichische Unternehmen werden an der großen „Ukraine Recovery Conference“ am 10. und 11. Juli in Rom teilnehmen. Darunter auch Thomas Schulz, CEO des börsenotierten, auf Prozesstechnologie fokussierten Industriedienstleisters Bilfinger. Der 30.000 Mitarbeiter große Konzern beschäftigt in der Ukraine im Engineering rund 150 Fachkräfte.

In Rom werden wieder die EU-Institutionen, Regierungen der Mitgliedsstaaten, Finanzinstitutionen, internationale Organisationen und Unternehmen beraten.

Österreich wird von Hattmannsdorfer vertreten und hofft, eine der nächsten Recovery Conferences auszurichten. Was von der Ukraine, wie man hört, ausdrücklich begrüßt wird.

UKRAINISCHER PRÄSIDENT SELENSKYJ IN ÖSTERREICH:   SVYRYDENKO/SELENSKYJ/STOCKER/HATTMANNSDORFER

Ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Svyrydenko mit Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer beim Besuch von Präsident Selenskij in Wien 

Wäre ein starkes Zeichen der Verbundenheit zwischen den beiden Ländern. Österreich war vor dem Krieg der sechstgrößte Investor in der Ukraine. „Unsere Unternehmen sind seit Jahrzehnten in der Ukraine aktiv, viele sind trotz schwierigster Bedingungen geblieben und investieren weiterhin in zentrale Bereiche wie Infrastruktur, Gesundheit, Erneuerbare Energie, Bauwirtschaft und Digitalisierung“, argumentiert Hattmannsdorfer.

Auf mindestens 500 Milliarden Euro werden die Kosten für den langfristigen Wiederaufbau geschätzt. Wie aber kann diese gigantische Summe finanziert werden?

Die EU unterstützt die Ukraine, die seit 2022 Beitrittskandidat ist, mit 50 Milliarden Euro. Dafür wird ein neues Finanzierungsinstrument eingerichtet, die sogenannte „Ukraine-Fazilität“. Bis 2027 sollen Zuschüsse und Darlehen mit EU-Haushaltsgarantie für die Sanierung und Modernisierung des Landes unterstützt werden.

Die EBRD (European Bank for Reconstruction and Development hat bereits drei Milliarden Euro investiert und plant bis Jahresende eine Kapitalerhöhung von drei bis fünf Milliarden.

Die Europäische Investitionsbank hat vier Milliarden für Infrastruktur, Klima und Energie, Verkehr und KMUs zugesagt. Österreich hat bekanntlich Ex-Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer für einen der neun Direktoriums-Posten nominiert. Bis 2015 war Wilhelm Molterer, früherer Finanzminister und ebenfalls ÖVP-Chef, Vizepräsident.

Die Kontrollbank (OeKB) stellte heimischen Unternehmen Staatsgarantien bis zu 10 Millionen für öffentliche Projekte zur Verfügung. Private Projekte werden mit drei bis fünf Millionen abgesichert.

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