EU schließt Grenzen, will Wirtschaft "was immer nötig ist" geben

EU schließt Grenzen, will Wirtschaft "was immer nötig ist" geben
Staaten der Eurozone haben bereits jetzt mehr als eine Billion Euro an Wirtschaftshilfen zur Verfügung gestellt.

Die Europäischen Staats- und Regierungschefs haben einer 30-tägigen Schließung der EU-Außengrenzen zur Eindämmung des Coronavirus beim Sonder-Videogipfel am Dienstag zugestimmt. Der Beschluss solle von den EU-Ländern "so rasch wie möglich" umgesetzt werden, teilte ein Sprecher des Bundeskanzleramtes der APA mit.

Dies betrifft die Länder mit Außengrenzen wie Griechenland, aber auch alle Mitgliedsstaaten, in denen Flüge aus Drittstaaten ankommen. Das Einreiseverbot gilt für "nicht notwendige Reisen".

Österreich trägt die Entscheidung mit, hält aber an der Kontrolle seiner Grenzen fest, mit Ausnahmen für den Warenverkehr zur Lebensmittelversorgung und Pendler. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe bei dem Sondergipfel in Form einer Videokonferenz die anderen EU-Länder dazu aufgerufen, harte Maßnahmen zu setzen, "je früher desto besser".

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine umgehende Umsetzung der Einreisebeschränkungen für Nicht-EU-Bürger nach Deutschland zugesagt. "Deutschland wird das sofort umsetzen", sagte Merkel am Dienstag in Berlin auf einer Pressekonferenz nach dem Videogipfel mit ihren EU-Kollegen.

Auch Österreich will das Einreiseverbot so rasch wie möglich umsetzen, zuständig ist das Innenministerium.

"Was immer nötig" ist für die Wirtschaft

Der europäischen Wirtschaft haben die EU-Staats- und Regierungschefs jede verfügbare Hilfe zugesagt. "Was immer nötig" sei, werde gegen die Folgen der Krise getan, sagte EU-Ratschef Charles Michel am Dienstagabend nach dem Gipfel. Damit schlossen sich die Staats- und Regierungschefs den Beschlüssen der Finanzminister der 27 Staaten an.

Immer mehr Firmen geraten durch Laden- und Werksschließungen massiv unter Druck. Die Börsen brechen ein. Die EU-Kommission rechnet mit einer Rezession in diesem Jahr. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte vor der Videoschaltung mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den übrigen Staats- und Regierungschefs erklärt: "Ganz wichtig ist in diesen Tagen, unsere Wirtschaft zu schützen."

Schon jetzt haben die Staaten der Eurozone Schätzungen zufolge mehr als eine Billion Euro an Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt. Nach einer Erklärung der Eurogruppe wurden etwa 10 Prozent der gemeinsamen Wirtschaftskraft in Form von Kreditgarantien oder gestundeten Steuerschulden an Liquiditätshilfen zugesagt, zudem 1 Prozent für direkte Finanzspritzen - das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone liegt bei mehr als elf Billionen Euro.

Die EU-Kommission hatte zudem ein Maßnahmenbündel auf europäischer Ebene vorgeschlagen, darunter eine Investitionsinitiative im Wert von 37 Milliarden Euro, die Aktivierung von 28 Milliarden Euro aus den EU-Strukturfonds und die Absicherung von Krediten der Europäischen Investitionsbank für bis zu 100.000 europäische Firmen.

Gelockerte Regeln

Teil des Pakets ist die vorübergehende Lockerung von EU-Beihilferegeln. Damit sollen die EU-Staaten freie Hand bekommen, je Firma bis zu 500.000 Euro direkte Finanzhilfe oder Steuerstundung zu geben. Die Staaten dürften demnach auch Garantien für Kredite abgeben und Zinsen subventionieren. Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager betonte in Brüssel: "Wir müssen schnell handeln. Wir müssen in koordinierter Art und Weise handeln."

Merkel trat entschieden Darstellungen entgegen, dass in der Krise das Geld knapp werden könnte. Es gebe "keinerlei Anzeichen" dafür. Der Fluss des Geldes sei gewährleistet. Die Bevölkerung sollte sich im Übrigen an offizielle Bekanntmachungen halten, denn es seien viele Falschmeldungen im Umlauf. Die Befürchtungen, dass das Geld knapp werden könnte, seien jedenfalls "gegenstandslos".

Zuvor hatte auch die Bundesbank erklärt, die Versorgung der Menschen mit Scheinen und Münzen sei auch in der Coronavirus-Krise gesichert. "Das Bargeld wird in Deutschland nicht ausgehen", sagte Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann am Dienstag in Frankfurt.

Vor der Videoschaltung waren Forderungen nach einem starken Signal laut geworden, um Märkte zu beruhigen und Spekulationen zu unterbinden. "Die Staats- und Regierungschefs müssen heute ein europäisches "Whatever it takes" verkünden", forderte Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner. Die sozialdemokratische Fraktionschefin im Europaparlament, Iratxe García, kritisierte, bisher zeige die EU zu wenig Mut. Sie hoffe, dass sich das jetzt ändere.

Kommentare