Corona-Krise macht Airbnb und seinen Vermietern zu schaffen
Airbnb und andere Online-Plattformen zur Vermittlung von Ferienwohnungen haben die Tourismusbranche in den vergangenen Jahren kräftig umgekrempelt. Wohnungsbesitzer wurden dadurch zunehmend zum Unterkunftgeber für Reisende. Die profitierten von relativ günstigen Preisen, während ihre Gastgeber höhere Einnahmen als durch Langzeitmieter genossen. Hotels verloren dadurch Kundschaft, während Kommunen um Steuereinnahmen umfielen, außerdem stiegen Mietpreise durch das verknappte Angebot. Airbnb und Co. wurden deshalb vehement bekämpft - bisher vergeblich. Doch nun scheint die Corona-Krise den Geschäftszweig in die Knie zu zwingen.
Sieben Millionen Wohnungen
Durch die verhängten Ausgangsbeschränkungen kommt der Tourismus weltweit fast vollständig zum Erliegen. Das trifft Reiseanbieter, Hotels, Fluggesellschaften, aber auch globale Big Player wie die Buchungsplattform booking.com. Das 2008 gegründete Airbnb galt als die heißeste Marke im Geschäft. An mehr als 100.000 Orten auf der ganzen Welt vermittelte das Portal mehr als sieben Millionen Wohnungen und Häuser. Das Unternehmen machte zuletzt eine Milliarde Dollar Umsatz im Quartal. 2020 hätte der Börsengang erfolgen sollen, nun ist aber alles ungewiss. Laut Daten der Analysefirma Airdna, von denen das Handelsblatt berichtet, brach der Airbnb-Umsatz zwischen Mitte Februar und Mitte März um rund die Hälfte ein
Kampfgeist und Unklarheit
"Airbnb wurde während einer weltweiten Krise geboren. Das hat uns damals nicht gestoppt und wird uns auch jetzt nicht stoppen", lautet die kämpferische Botschaft, die CEO Brian Chesky an seine Mitarbeiter verschickte. In einer öffentlichen Stellungnahme zur Corona-Krise heißt es: "Die Geschichte zeigt: Wenn weltweite Umbrüche stattfinden, hat sich die Reiseindustrie langfristig immer wieder erholt." Wie die aktuelle Krise weitergehe, könne man freilich nicht vorhersagen. Während Kunden, die über Airbnb Wohnungen gebucht haben, kostenloses Storno angeboten wird, sind die Vermieter nun auf sich allein gestellt.
Iren reagieren schnell
Wie reagieren sie nun auf die schlagartig fatale Lage? In Irland wird bereits beobachtet, wie es zu einer deutlichen Vermehrung von verfügbaren Mietobjekten am Wohnungsmarkt kommt. Ursprünglich hübsch für Touristen hergerichtete Unterkünfte werden nun Langzeitmietern angeboten. In Dublin wurde seit Monatsbeginn ein Anstieg bei inserierten Ein-bis-zwei-Zimmer-Wohnungen um 64 Prozent festgestellt. In Österreich sei eine solche Tendenz noch nicht bemerkbar, meint Maria Dreschl, Verkaufsleiterin von immo.kurier.at. "Es werden derzeit mehr Wohnungen verkauft. Kunden, die Geld haben, investieren es derzeit gerne in Immobilien. Bei Mietobjekten hat es dagegen keine Steigerung gegeben." Auch beim Portal ImmobilienScout24.at wurde kein nennenswerter Anstieg bei Mietwohnungen registriert.
Schockstarre in Österreich
"Viele sind in Schockstarre", meint Stephanie Rank vom Ferienwohnungs-Vermittler Apartment.at und weist auf ein großes Problem hin: "Du kannst die meisten Wohnungen ja nicht von heute auf morgen langfristig vermieten. Dazu ist die Nachfrage zu gering." Von der eigenen Plattform habe sich bisher noch kein Anbieter zurückgezogen. Wie die Lage bei Airbnb in Österreich aussieht, dazu will sich das US-Unternehmen nicht äußern.
Kreativität
Einige Wohnungsanbieter versuchen bereits, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen bestmöglich einzustellen und lassen ihre Kreativität spielen. Aus der ursprünglich heimeligen, zentrumsnahen Basis für Städtetouristen wird dann etwa eine Herberge für Corona-Infizierte, die sich in Quarantäne begeben müssen und dabei nicht die restliche Familie daheim gefährden wollen. Auch die Nutzung als Home Office legen Vermieter von Ferienapartments nahe. Manche Wohnungen werden nun ganz kurzfristig für Fotoshootings verliehen oder - trotz Versammlungsverboten - als Event-Location angepriesen. Auch die Unterbringung von Kindergruppen samt Betreuern scheint tagsüber auf einmal möglich.
Kleine Hoteliers
Für viele Vermieter wird es jedenfalls schwierig werden, laufende Kosten bei völligem Entgang von Einnahmen zu schultern. Die ursprüngliche Idee von Airbnb, die eigene Wohnung während Abwesenheiten gewinnbringend für sich arbeiten zu lassen, hat sich längst weiterentwickelt. Zahlreiche Vermieter haben die Chancen der Online-Vermittlung genutzt, um selbst zu Kleinunternehmern zu werden. Mehrere Wohnungen wie ein Hotelier zu bewirtschaften, ist für viele zum Hauptberuf geworden.
Kaum Hilfe zu erwarten
In den USA fordern viele Vermieter bereits, von Airbnb für den Zusammenbruch ihres Geschäfts kompensiert zu werden. In China hat Airbnb Anfang Februar tatsächlich einen Hilfsfonds für Vermieter mit einem Volumen von umgerechnet 9,12 Millionen Euro eingerichtet. Dass das Unternehmen auf ähnliche Weise weltweit helfend einspringen wird bzw. kann, ist unwahrscheinlich.
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