China investiert an Österreich vorbei

Österreich hat für chinesische Investoren sicher nicht die Bedeutung wie Deutschland oder Großbritannien. Aber dass die Chinesen Österreich umgehen, stimmt nicht." René Siegl, Geschäftsführer der staatlichen Betriebsansiedlungsagentur ABA-Invest, ortet einiges Interesse chinesischer Firmen, in Österreich Fuß zu fassen.
Gemessen am Gesamtvolumen ausländischer Firmen-Ansiedlungen nimmt sich die Zahl aus dem Reich der Mitte freilich bescheiden aus: 2014 kamen mit Hilfe der ABA-Invest 276 neue Unternehmen ins Land. Lediglich fünf davon aus China. In Summe machte der gesamte Bestand chinesischer Direktinvestitionen in Österreich 2013 nur 563 Millionen Euro aus, kaum mehr als 2010. Zum Vergleich: In der EU summierten sie sich bis Ende 2012 auf 24,5 Milliarden Euro. Doppelt so viel wie 2010.
Technologie-Einkauf
Für das vergleichsweise geringe Interesse an Österreich gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, so Siegl, dass die Chinesen lieber bestehende Unternehmen kaufen, als ein Unternehmen auf die "grüne Wiese" zu stellen: "Chinesische Unternehmen haben ein überdurchschnittliches Interesse an Übernahmen. Damit wollen sie vor allem Marktanteile, Markenrechte und Technologie zukaufen." Auf dem eigenen Heimmarkt ist die Konkurrenz enorm und Marktanteile daher nur sehr schwer auszubauen. Und für Marktanteile in den Industriestaaten brauchen chinesische Unternehmen oft neue Technologien. Die bisherigen großen Einzelinvestitionen flossen denn auch in Technologie-Unternehmen. Im Herbst 2009 übernahm der Luftfahrtkonzern Xi'an Aircraft Industry den oberösterreichischen Flugzeug-Zulieferer FACC. Im Sommer 2014 ging FACC an die Börse, die Chinesen reduzierten den Anteil auf 55 Prozent. FACC – das Unternehmen, das an alle großen Flugzeughersteller zuliefert – setzte zuletzt mit rund 3000 Mitarbeitern 547 Millionen Euro um.
2011 schlug der Elektrokonzern Wolong in Österreich zu. Aus dem in die Pleite gerutschten Mischkonzern A-Tec kaufte der Motorenhersteller die Austria Antriebstechnik (ATB). Der steirische Motorenbauer macht mit rund 3500 Mitarbeitern 340 Millionen Euro Umsatz. Seit 2012 chinesisch ist auch die oberösterreichische Steyr Motors, die Spezialdieselmotoren baut.
Den letzten größeren Coup landeten zwei chinesische Unternehmer-Familien in einer völlig anderen Sparte: Sie übernahmen Mitte 2013 die Autobahnraststätten-Kette Rosenberger. Die Eigentümer-Familie verkaufte die Kette, weil sie die weitere Expansion nicht finanzieren konnte.
Ost-Konkurrenz
Damit ist die Liste größerer chinesischer Übernahmen in Österreich bereits wieder erschöpft. Zwar gebe es – glauben Insider zu wissen – durchaus größeres Interesse seitens der asiatischen Investoren vor allem am Zukauf von Technologie-Unternehmen. Die Bereitschaft heimischer Eigentümer, ihr Unternehmen an Chinesen zu verkaufen, halte sich aber in engen Grenzen. Während immer mehr Mittelbetriebe den Weg auf den chinesischen Markt suchen, fällt es gerade diesen schwer, einen kapitalkräftigen chinesischen Partner für den Gang auf dessen Heimmarkt zu akzeptieren.
Dazu kommt zunehmende Konkurrenz aus den östlichen Nachbarländern. Um in der EU Fuß zu fassen, investieren chinesische Unternehmen immer öfter auch in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten.
Praktisch keine Rolle für Investoren aus China spielt Österreich als Drehscheibe für Geschäfte innerhalb der EU. Als Holding-Standort, von dem aus die europäischen Aktivitäten gesteuert werden, ist mittlerweile Luxemburg am beliebtesten.
Kritiker sind auch unzufrieden mit der Rolle, die der heimische Staat beim Werben um chinesische Investoren spielt. Für die Gründung von neuen Unternehmen gebe es viele Aktivitäten – unter anderem von der Ansiedlungsagentur ABA. Bei der Übernahme von Unternehmen dagegen gebe es keinerlei Unterstützung.
Wer in China weiterkommen will, muss schnell sein, meint Walter Junger. Der ehemalige Ritz-Carlton-Manager berät Top-Hotels und Restaurants, hat Büros in Berlin und Schanghai und seit Kurzem ein Joint-Venture mit der Plateno Hotels Group, dem zweitgrößten Hotelunternehmen Chinas mit mehr als 2000 Hotels. Plateno will das Konzept von Jungers Kärntner Kunsthotels H12 ausrollen, in dem jedes Zimmer von einem anderen Künstler gestaltet wurde. Dabei wirkt das Hotel "nicht wie ein bis zum Umfallen cooler Designtempel, sondern unkompliziert und individuell", meint Junger. Darum gehe es in der neuen Luxushotellerie – nicht um Marmorböden und goldene Wasserhähne.
Ziel des Joint Ventures sind bis zu 30 Hotels im Stil des Kärntner Prototyps bis 2020. Nicht nur in Asien, auch in Europa und Afrika. Erstes Projekt ist ein Hotel auf einer Insel bei Schanghai. Junger: "Es wird überall österreichische Komponenten wie Kaiserschmarrn und Wein geben und natürlich Kunst aus Österreich."
Schanghai ist für Junger kein Neuland. Mit 24 Jahren hat der Salzburger dort die Führung des ersten Westin-Hotels übernommen. Was den Unternehmer und Kunstsammler an China fasziniert, ist die Dynamik. "In Österreich wird ein Projekt jahrelang in Perfektion geplant. In China werden in dieser Zeit schon zehn Hotels gebaut, neun davon schlecht, aber das zehnte ist schon ganz gut", spitzt Junger den Mentalitätsunterschied zu. Wer mit Chinesen zusammenarbeiten will, müsse lernen, schneller zu denken. "Wenn eine bessere Idee kommt, ist der Kunde sonst weg – egal was im Vertrag steht."
Einen Mangel an Luxushotels gebe es in den chinesischen Metropolen übrigens nicht, im Gegenteil, sagt Junger. "Es gibt viele Leute mit Geld, die ein Hotel besitzen wollen." Wegen des Überangebots könne man schon ab 100 Euro in Luxusbleiben übernachten.
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