Canon-Chef: "Drucker und Kamera wird es immer geben"

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Der neue Österreich-Chef Wilbert Verheijen über steigende Dokumentenflut, Smartphone-Umsteiger und Videoüberwachung als Wachstumsfeld.

Kein Papier-Ausdruck mehr? Der Satz entlockt Wilbert Verheijen nur ein Schmunzeln. „Schon vor 35 Jahren wurde das papierlose Büro propagiert, doch das gibt es bis heute nicht“, sagt der neue Österreich-Chef des Drucker- und Kamerakonzerns Canon im Gespräch mit dem KURIER.

Durch die Digitalisierung werde zwar immer weniger Papier ausgedruckt, dafür nehme die Zahl an Dokumenten ständig zu. Canon stellt den Unternehmen heute nicht nur bloß einen Drucker hin, sondern wickelt das gesamte Dokumentenmanagement ab. So hat etwa die Vienna Insurance Group (VIG) ihre Postbearbeitung vollständig digitalisiert. Physisch eingehende Dokumente werden automatisiert erfasst, klassifiziert und intern an die Empfänger weitergeleitet. Am Ende läuft dann doch irgendwo ein Drucker.

Druckermarkt wächst noch immer

Die Druckersparte ist nach wie vor das Kerngeschäft von Canon, etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes wird damit erwirtschaftet und es sei immer noch ein Wachstumsmarkt, wie der Österreich-Chef betont. Das gesamte Marktvolumen sei größer als jenes für Consumer-Elektronik, habe sich aber in Richtung Großdrucker für den industriellen Einsatz verlagert. Der Großteil des Druckermarktes ist noch analog, erst 17 Prozent sind digital.

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Smartphone vs. Kamera

Stark verändert hat sich seit dem Siegeszug der Smartphones der Kameramarkt. Kompaktkameras sind vollständig verdrängt worden, Canon konzentriert sich auf den (halb)professionellen Bereich und buhlt um frustrierte Handy-Kunden als Umsteiger. „Fast alle Menschen haben ein Smartphone, sind also alle potenzielle Fotografen und Filmer“, meint der gebürtige Niederländer.

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Canon-Zentrale in Wien-Meidling

"Vlogger" als neue Zielgruppe

Eine relativ neue Zielgruppe seien etwa „Vlogger“, Video-Blogger, die regelmäßig kurze Videoclips erstellen und auf sozialen Medien posten. „Die fangen mit dem Smartphone an, sind dann mit dem Ergebnis schnell unzufrieden und steigen auf bessere Geräte um“, weiß der Canon-Chef.

Ein Einstieg in den Smartphone-Markt kommt für Canon ebenso wenig infrage wie Kooperationen. „Wir liefern keine Teile an andere Hersteller und machen unsere Produkte zur Gänze selbst“, erläutert Verheijen die Alles-aus-einer-Hand-Strategie der Japaner. Die Produktion ist vollständig im eigenen Haus. Canon ist mit jährlich 2.000 bis 3.000 Patenten einer der innovationsstärksten Technologiekonzerne der Welt.

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Ein stark wachsendes Geschäft sind Überwachungskameras, sowohl im Privatbereich, der sich zunehmend professionalisiert, als auch im öffentlichen Umfeld. Wie sieht die Zukunft von Canon aus? „Drucker und Kamera wird es immer geben“, betont Verheijen, wenn auch in anderer Form als jetzt. Zum Teil wandle sich Canon vom Hardware- zum Softwarekonzern, etwa bei digitalen Printlösungen. Neue Wachstumsbereiche sind die Medizintechnik, mit Spezialkameras bestückte Mikrosatelliten zur Klimabeobachtung oder Nanoimprint Lithografie für die Chip-Produktion.

Konsumflaute

Die aktuelle Geschäftslage bezeichnet Verheijen als „nicht super“. Im Consumer-Geschäft sei die Kaufzurückhaltung spürbar, Projekte im öffentlichen Bereich sowie Gesundheitssektor würden aufgeschoben, was sich aber im Herbst wieder bessern könnte. Der Ausblick für das Gesamtjahr sei okay. Profitieren könnte der japanische Konzern vom Zollstreit zwischen den USA und der EU, wenn Geräte von US-Mitbewerbern teurer werden und mehr Ware aus Asien geliefert wird.

Canon Österreich feiert heuer sein 50-Jahr-Jubiläum und beschäftigt hierzulande 350 Mitarbeiter, 170 sind in der von Wien aus betreuten Region Zentral- und Osteuropa (CEE) beschäftigt, die 24 Länder umfasst. Anders als andere Konzerne hat Canon seine Osteuropa-Zentrale nicht abgesiedelt, sondern nutzt Wien weiter als „Tor zum Osten“. Hier gebe es viel Expertise und Firmen, die in der Region aktiv sind, so Verheijen.

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