Borealis-Finanzvorstand ein "Opfer" der Machtkämpfe um die OMV

Borealis-Finanzvorstand ein "Opfer" der Machtkämpfe um die OMV
Die Hintergründe, warum der Kunststoff-Konzern Borealis einen Top-Manager verliert

Die Aussendung der OMV-Chemie- und Kunststofftochter Borealis war auffällig unauffällig. Wie es halt so oft der Fall ist, wenn Unternehmen unangenehme Hintergründe einer Personalie verschleiern wollen.

„Im besten Einvernehmen“ werde Finanzvorstand Mark Tonkens, 61, das Unternehmen Ende Mai verlassen, war da zu lesen.

Dass Borealis einen erstklassigen Finanzchef los wird, ist allerdings eine Konsequenz des erbitterten Hauen und Stechens im Top-Management um Macht und Einfluss in Österreichs größtem Industriekonzern.

Borealis-Finanzvorstand ein "Opfer" der Machtkämpfe um die OMV

Geht: Top-Finanzmann Mark Tonkens

Seit 2009 bei der 7600 Mitarbeiter großen Borealis-Gruppe, hatte Tonkens offenbar genug vom Intrigenstadl OMV. Er hatte zwar ein Angebot aus Belgien, sich aber noch nicht entschieden. Die Wahl sollte ihm am 27. Februar erleichtert werden. Die Hauptversammlung der Borealis verweigerte ihm, Chef Thomas Gangl und einem weiteren Vorstand wie berichtet völlig überraschend die Entlastung. Tonkens kündigte daraufhin seinen Abschied an.

Eine Nicht-Entlastung ist so ziemlich etwas vom Schlimmsten, was einem Vorstand passieren kann. Dahinter könnte OMV-Chef Alfred Stern gestanden sein, zu diesem Zeitpunkt noch Aufsichtsratsvorsitzender der Borealis. Zwischen Stern und Gangl stimmt das Klima, wie der KURIER berichtete, schon lange nicht mehr.

„Mitgehangen, mitgefangen“, heißt es bei einer Nicht-Entlastung des halben Vorstandes üblicherweise auch für den Aufsichtsrat, dieser aber wurde entlastet.

Anlass für die radikale Maßnahme waren Probleme bei einem Projekt in Belgien, wo der Vorwurf im Raum stand, dass Arbeiter Opfer von Menschenhandel geworden seien. Sowie die davonfliegenden Kosten bei einem Joint-Venture mit Total.

Abu Dhabi verärgert

Falls ein Vorstand anschließend doch entlastet wird, dauern die Prüfungen üblicherweise etliche Monate. Die Borealis-Manager mussten jedoch nur sechs Wochen lang dunsten, sie reichten detailliertere Unterlagen nach und wurden schon am 12. April auf einer außerordentlichen Hauptversammlung entlastet.

Es folgte allerdings noch ein Nachspiel eine Stufe höher im OMV-Aufsichtsrat. Minderheitsaktionär Adnoc (Abu Dhabi), der sich mit der OMV (75 Prozent) über einen Syndikatsvertrag abstimmt, war massiv verärgert, hört man aus dem Aufsichtsrat. Die Araber fühlten sich vom Partner OMV überfahren.

Fazit der ganzen Aktion: Ein mords Theaterdonner, Vorstände, die vorübergehend angepatzt wurden und der Verlust eines Top-Finanzmannes.

Borealis-Finanzvorstand ein "Opfer" der Machtkämpfe um die OMV

Kommt: Daniel Turnheim

Neuer Finanzvorstand bei Borealis wird mit 1. Juni Daniel Turnheim. Der 48-Jährige kommt aus der zweiten Management-Ebene der OMV.

andrea.hodoschek@kurier.at

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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