Billa will Regionalboxen noch in weiteren Bundesländern testen

Billa will Regionalboxen noch in weiteren Bundesländern testen
Rewe-Österreich-Chef: In der Testphase werden noch "ein paar" weitere Regionalboxen folgen. Hohe Nachfrage von Gemeinden.

Billa will die kürzlich in Kärnten aufgestellten 11-Quadratmeter-Regionalboxen noch in weiteren Bundesländern testen. Die Supermarktkette hatte Anfang April in Kooperation mit dem Start-up myAcker vier kleine Selbstbedienungs-Containergeschäfte als Pilotprojekt eröffnet.

Man werde noch "ein paar" weitere Boxen aufstellen, sagte Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti zur APA. Bauernvertreter sehen dadurch die boomenden bäuerlichen 24-Stunden-Selbstbedienungsläden gefährdet.

"AckerBox"

Das 2018 gegründete Kärntner Unternehmen myAcker hat unter der Marke "AckerBox" bereits sieben Selbstbedienungscontainer mit Kiosk-Checkoutsystem in Kärnten aufgestellt, zwei in der Steiermark und einen in Oberösterreich. In den Billa-Regionalboxen - ein umgebauter Container - werden über 200 Produkte von lokalen Produzenten und Produkte des täglichen Bedarfs wie Hygiene- und Reinigungsmittel, Taschentücher, Toilettenpapier und Müllsäcke angeboten.

Die ersten vier Boxen von Billa wurden am 1. April in den Kärntner Gemeinden Baldramsdorf, Dellach, Flattach und Mörtschach eröffnet. Es gelten die gleichen Öffnungszeiten wie in größeren Geschäften. Haraszti hält die Öffnungszeitenbeschränkung aber für unnötig, weil dort keine Mitarbeiter beschäftigt werden. "Wir bekommen ständig Anfragen von Gemeinden und Bürgermeistern", so der Rewe-Österreich-Chef. Viele kleine Gemeinden in Österreich haben keinen Nahversorger mehr.

Appell an Verständnis

Der Handelsmanager warb bei den Bauern für Verständnis. "Man muss die Kirche im Dorf lassen. Es ist ein unterschiedliches Geschäftsmodell", sagte Haraszti. Man sei Händler und verkaufe regionale Produkte, die Bauern und Direktvermarkter würden ihre eigenen Erzeugnisse verkaufen.

Befürchtungen, dass mittel- bis langfristig österreichweit eine sehr hohe Anzahl von Billa-Regionalboxen aufgestellt werden, sind für den Rewe-Boss nicht nachvollziehbar. "Österreich wird nicht zugeboxt."

Produzenten sollen mitmachen

Billa will Kleinproduzenten oder Bauern aus der unmittelbaren Umgebung, die zu wenig für eine Supermarkt-Listung produzieren, das Mitmachen bei der Billa-Regionalbox schmackhaft machen. Sie können ihre Produkte selbst in den Container bringen. Laut Billa werden in Kärnten 39 Lieferanten aus 26 Ortschaften unterstützt, davon kommen 30 Produzenten direkt aus dem Drau- oder Mölltal.

Seit Beginn der Coronapandemie haben immer mehr Bauern und Direktvermarkter Selbstbedienungsläden oder -hütten eröffnet. Österreichweite Zahlen zu bäuerlichen 24-Stunden-Selbstbedienungsläden gibt es derzeit noch nicht, auch nicht bei der Landwirtschaftskammer Österreich. Laut "Kleiner Zeitung" hat sich in der Steiermark die Zahl der Selbstbedienungs-Hofläden bzw. -hütten seit 2020 von 40 auf 150 fast vervierfacht. Die Zahl der Lebensmittel-Automaten hat sich auf 300 versechsfacht.

Brief an Bürgermeister

Die Beratungsanfragen von Bauern zu Selbstbedienungsläden seien im vergangenen Jahr und heuer deutlich gestiegen, hieß es von der Landwirtschaftskammer Österreich auf APA-Anfrage. Solange nicht andere Produkte zugekauft würden, dürfen Direktvermarkter ihre Selbstbedienungshütten rund um die Uhr geöffnet haben. Beispielsweise könnten mehrere Bauern ihre eigenen Produkte in einer Hütte verkaufen.

Manche Bauernvertreter sehen die ersten Billa-Regionalboxen als übermächtigen Mitbewerber. Der Kärntner Landwirtschaftskammer-Präsident Johann Mößler appellierte kürzlich in einem Brief an die Kärntner Bürgermeister, bäuerlichen Vermarktern den Vorzug zu geben. Die Boxen der Lebensmittelkette würden eine "massive Konkurrenz" für Landwirte darstellen.

Aufruf

Der Brief schließt mit dem Aufruf, die Landwirtschaftskammer Kärnten zu kontaktieren, sollten Gemeinden Anfragen zur Errichtung einer Supermarkt-Regionalbox erhalten. Dann wollen die Bauernvertreter versuchen, für die Gegend ein "bäuerliches Angebot an regionalen Lebensmitteln" zu organisieren.

In der Kärntner Politik wurde der Start der Billa-Regionalboxen unterschiedlich bewertet. "Durch ein faires Miteinander gemeinsam mit regionalen Produzenten entstehen neue Absatzformen für regionale Direktvermarkter und Landwirte und ein weiteres Standbein, um die Nahversorgung in der Region zu sichern", so Landesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) anlässlich der Eröffnung der Boxen.

Kein Verdrängungswettbewerb

"Ich habe vollstes Verständnis für die Ängste der Bauern-Vertreter. Villach hat aber seit jeher regionalen Anbietern den Rücken gestärkt", kommentierte der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) den Landwirtschaftskammer-Brief in einem Facebook-Posting. In Villach gibt es derzeit vier "AckerBoxen" von myAcker, dem Kooperationspartner von Billa.

Nach der Testphase will der Rewe-Österreich-Chef analysieren, ob sich die Regionalboxen überhaupt finanziell lohnen. Mehr Boxen werde man nur aufstellen, wenn "es sich rechnet". Es werde zu keinem Verdrängungswettbewerb mit bäuerlichen 24-Stunden-Selbstbedienungsläden kommen, betonte der Handelsmanager.

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