Bauwirtschaft: "Beinharter Verdrängungswettbewerb"

Frömmel hofft auf Großprojekt mit 30.000 Wohnungen, um die Baukonjunktur anzukurbeln.
Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel will mehr Kontrollen durch die Finanzpolizei.

Am Bau steigt die Arbeitslosigkeit wegen des milden Winters nicht so stark wie in anderen Branchen. Für den Zuwachs sieht Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel vorwiegend illegale Beschäftigung verantwortlich.

KURIER: Wegen des milden Winters ist trotz der flauen Konjunktur die Arbeitslosigkeit am Bau nicht so stark gestiegen wie in den Wintern davor. Sind Sie zufrieden?

Hans-Werner Frömmel: Nein, damit kann man nicht zufrieden sein. Wir haben bei gleichbleibender Beschäftigung steigende Arbeitslosenzahlen. Das heißt, dass österreichische Arbeiter arbeitslos werden und durch ausländische Leiharbeiter oder Einzelunternehmer aus dem Ausland ersetzt werden. Da findet ein Austausch von Arbeitskräften statt.

Das ist aber nicht nur die Folge illegaler Beschäftigung ...

Bauwirtschaft: "Beinharter Verdrängungswettbewerb"
Bau, Hochbau, Bauarbeiter
Ein Teil davon ist schon illegale Beschäftigung oder Lohndumping. Aber es gibt ja auch zahlreiche legale Möglichkeiten wie ausländische Leiharbeiter oder auch Ein-Personen-Unternehmen. Da herrscht ein beinharter Verdrängungswettbewerb. Ein Beispiel: Bei einem großen Hochbauprojekt wie etwa einem Einkaufszentrum macht der Lohnanteil 40 bis 45 Prozent aus. Wenn eine ausländische Firmen seinen Arbeitern nur die Hälfte des österreichischen Kollektivvertrags zahlt, kann sie um bis zu 20 Prozent billiger anbieten. Da kann man als heimische Firma einfach nicht mehr mit. In Summe ist es eine unerfreuliche Situation, allein in Wien sind derzeit 15.000 Bauarbeiter arbeitslos.

Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz wurde heuer verschärft. Reicht das nicht aus?

Das Gesetz reicht schon aus, aber die Finanzpolizei muss die Kontrollen verstärken, sonst bringt ein schärferes Gesetz ja nichts. Auch wir werden unsere Kontrolltätigkeit über die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs-kasse ausweiten.

Das Gesetz wird ja noch entschärft, weil es den heimischen Firmen offenbar zu scharf ausgefallen ist ...

Das ist nicht ganz richtig, aber es wird noch eine Änderung geben. Nach dem neuen Gesetz werden nicht nur die Kollektivvertragslöhne überprüft, sondern auch die Zulagen. Da hat es Befürchtungen gegeben, dass die Prüfer die österreichischen Unternehmen besonders pingelig untersuchen könnten und bei Ausländern ein Auge zudrücken, weil das Eintreiben der Gelder ja viel schwieriger ist. Das österreichische Unternehmen kann ja nicht weglaufen. Daher wird es eine Bagatelle-Regelung geben, Verstöße bis zu einem Volumen von zehn Prozent sollen nicht bestraft werden.

Die Bekämpfung der Schwarzarbeit allein ist zu wenig, um den Bau anzukurbeln. Was müsste da geschehen?

Man sollte zumindest einige Fördermodelle, die sich selbst rechnen, beibehalten oder ausbauen. Wenn die thermische Sanierung mit 100 Millionen Euro gefördert wird, löst das Investitionen von 650 bis 750 Millionen Euro aus. Selbst beim niedrigsten Volumen kassiert der Staat allein 130 Millionen an Mehrwertsteuer, noch bevor er die Förderung auszahlt. Dazu kommen noch Lohnsteuern und Sozialabgaben. Dasselbe gilt für den Handwerker-Bonus. Der ist mit 20 Millionen Euro viel zu niedrig. Wenn man solche Modelle ausbaut, kommt da schon ein recht ordentliches Investitionsvolumen zusammen. Ein ähnliches Modell könnte es auch für den Umbau von Wohnungen zur Barrierefreiheit und altersgerechtem Wohnen geben.

Sie haben auch große Pläne für den Wohnbau, da muss aber auch der Bund mitspielen ...

Alle jammern, dass zu wenige Wohnungen gebaut werden. Wir glauben, dass man die niedrigen Zinsen nutzen und in den nächsten sechs Jahren zusätzlich 30.000 Wohnungen plus die dazugehörende Infrastruktur bauen sollte. Das würde 6,5 Milliarden Euro kosten, die zum Teil von der Europäischen Investitionsbank finanziert werden und für die der Bund haftet. Die Wohnungen sollen in Wien, Linz oder Graz gebaut werden, wo der Bedarf am größten ist. Zusätzlich soll auch parallel dazu in die notwendige Infrastruktur wie Schulen, Gesundheitsversorgung, Einkaufscenter, investiert werden.

Was würde das für die Beschäftigung am Bau bedeuten?

Wir erwarten, dass mit dem Projekt während des Baus jährlich 30.000 Arbeitsplätze geschaffen oder zumindest angesichert sind. Dauerhaft gehen wir von 20.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen aus.

Im Infrastrukturbereich, hauptsächlich im Straßenbau, schaut’s ja zurzeit ganz schlecht aus. Die Kassen der Länder und Gemeinden sind leer. Was tun?

Ins Autobahnnetz wird viel investiert, sehr viel davon in die Erhaltung und die Sanierung. Ganz schlecht schaut’s im niederrangigen Netz, also bei Landes- und Gemeindestraßen aus. Wenn da nicht bald etwas geschieht, droht der GAU. Eine Finanzierungs-Möglichkeit wäre, die Dividende der Asfinag (staatlicher Autobahnbetreiber, Anm.) dafür umzuwidmen.

Hans-Werner Frömmel

Karriere Der 72-jährige Baumeister übernahm 1974 das elterliche Bauunternehmen Mandelbauer. Er baute den Baumeisterbetrieb von 80 Mitarbeitern mit 100 Millionen Schilling (7,2 Millionen Euro) aus, heute setzen 500 Mitarbeiter rund 100 Millionen Euro um.

Kammer Frömmel ist seit 2008 Bundesinnungsmeister Bau.

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