Baukartell: Strabag darf Kronzeugenstatus behalten
Der Baukonzern Strabag darf seinen Kronzeugenstatus im Baukartell behalten. Das Kartellgericht entschied gegen die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und für die Strabag. Die BWB hatte heuer den Konzern nochmals vor das Gericht zitiert, weil neue Ermittlungen nahelegten, dass die Strabag trotz ihres Kronzeugenstatus womöglich doch nicht so umfassend kooperierte wie gedacht. Die BWB prüft nun das Urteil und erwägt den Gang zum Höchstgericht, weil man eine Gesetzeslücke ortet.
Das Kartellgericht entschied, das abgeschlossene Verfahren nicht neu aufzurollen und der Strabag den Kronzeugenstatus nicht abzuerkennen, berichtete der "Standard" in einer Mittwochausgabe. Die BWB bestätigte der APA das Urteil. Man werde es nun prüfen und dann entscheiden, ob man Rekurs beim Kartellobergericht, dem Obersten Gerichtshof (OGH), einlege.
Im Kern geht es um die Rechtsfrage, ob ein Unternehmen in einem Kartell seinen Kronzeugenstatus behalten darf, wenn sich später herausstellt, dass die Absprachen weiter gingen als gedacht. Aus Sicht der BWB könnte es hier eine Rechtslücke gegen, die der Gesetzgeber schließen müsste.
Im Fall der Strabag war das Verfahren im Oktober 2021 rechtskräftig abgeschlossen worden. Die Strabag zahlte eine reduzierte Geldstrafe von 45,37 Mio. Euro. Ohne Kronzeugenstatus und Kooperation mit den Behörden wäre die Strafe höher ausgefallen. Im Lauf der weiteren Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kamen der BWB aber Zweifel, ob die Strabag tatsächlich alles offen gelegt hat, was sie wusste.
Der "Standard" zitierte eine Kartellrechtsanwalt, der das Urteil des Kartellgerichts nachvollziehen kann: "Bei der Kronzeugenregelung muss es schnell gehen, und es wird sozusagen auf die grobe Waage gelegt. Da kann man nicht im Nachhinein mit der Feinwaage kommen." Die BWB hingegen vertrat den Standpunkt, dass zu prüfen sei, ob eine "mangelnde Offenlegung von Beweismitteln und Tatsachen durch Strabag trotz Kenntnis" vorlag.
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